Sie haben so gut verdient wie lange nicht, ihre Aktienkurse steigen - und doch spüren die europäischen Banken und Vermögensverwalter wachsenden Druck aus den USA. Eine Mixtur, die Experten zufolge viele Vorstände in diesem Jahr in Fusionen und Übernahmen treiben wird. «Es scheint sicher, dass die Investmentbanker 2025 mit Banken viel Arbeit bekommen werden», sagt Fondsmanager Patrick Lemmens von Robeco, der seit Jahrzehnten in europäische Finanzwerte investiert. «Ob es aber eine steigende Zahl von Deals zwischen Banken geben wird, hängt stark von der Politik ab - selbst innerhalb eines Landes.»
Die jüngsten Vorstösse für Fusionen waren weder mit dem Übernahmeobjekt noch mit der Politik abgesprochen und sind deshalb ungewiss: Die italienische UniCredit bietet zehn Milliarden Euro für die kleinere Banco BPM, die spanische Konkurrentin BBVA greift für zwölf Milliarden Euro nach Sabadell. Wenn sie sich gegen Widerstände durchsetzen sollten, könnte das eine grössere Konsolidierungswelle auslösen, sagen Branchenkenner.
Bei grenzüberschreitenden Übernahmen seien die Hürden eher noch grösser. Solange es keine echte Bankenunion in Europa gebe, dürfe man die Wahrscheinlichkeit wirklich grosser Deals nicht überschätzen, mahnt Analyst Benjie Creelan Sandford von Algebris Investments. Mit den nächsten Schritten bei der Commerzbank dürfte UniCredit-Chef Andrea Orcel nach dem Aufschrei in der deutschen Politik in Reaktion auf den Einstieg auf ein womöglich freundlicheres Umfeld nach der Bundestagswahl warten.
Nächste Deregulierungswelle in den USA erwartet
Dabei sehen sich die Grossbanken unter Zugzwang: Zwar hat der europäische Bankenindex in den vergangenen zwei Jahren kräftig zugelegt, und doch hinken die europäischen Institute der US-Konkurrenz immer stärker hinterher. Und das dürfte sich 2025 noch verstärken, wenn der künftige US-Präsident Donald Trump wie erwartet die nächste Deregulierung der Finanzbranche einläutet. Schon im vergangenen Jahr wurden in Europa nach Daten der Unternehmensberatung EY Finanzdienstleister für 52 Milliarden Euro verkauft, zehn davon für mehr als eine Milliarde Euro. Das ist das höchste Transaktionsvolumen seit 2015.
Was für die Banken gilt, ist in der Vermögensverwaltung noch augenfälliger. Denn die Fondsgesellschaften sind zusätzlich einer wachsenden Konkurrenz durch passive Produkte wie ETFs ausgesetzt, der sie mit Grössenvorteilen begegnen wollen: BNP Paribas hat sich bereits die Fonds-Sparte des Versicherers AXA geschnappt, die Allianz hält Ausschau nach einem grossen Partner für Allianz Global Investors und hat laut Insidern auch schon bei Amundi vorgefühlt - auch wenn daraus zunächst nichts geworden ist. Was lange als undenkbar gegolten habe, sei jetzt möglich, und «jeder spricht mit jedem», fasst ein hochrangiger italienischer Banker zusammen.
Auch hier haben die US-Institute eine bessere Ausgangslage - schon ihrer schieren Grösse wegen. «Es ist viel einfacher, etwas mit (Kundengeldern von) 400 Milliarden Dollar zu verdauen, wenn man zwei Billionen schwer ist - davon bekommt man vermutlich keine Magenverstimmung», sagt Dean Frankle von Boston Consulting. (Reuters/hzb/pg)