Erstmals seit Beginn der Zinserhöhungen im März 2022 pausierten die Währungshüter damit auf zwei Sitzungen in Folge. Laut US-Notenbankchef Jerome Powell stellt sich aber weiterhin die Frage, ob das Zinsniveau noch steigen muss. Die Notenbank werde dabei das grosse Konjunkturbild betrachten und anhand der Daten entscheiden, wie es weitergehe: «Die Frage nach Zinssenkungen stellt sich derzeit einfach nicht», fügte Powell hinzu.
Bereits nach dem Zinsentscheid hatte sich an den Terminmärkten die Erwartung verstärkt, dass die Notenbank die Zinsen auch auf der nächsten Sitzung im Dezember konstant halten dürfte und somit der Gipfelpunkt erreicht ist. Erste Zinssenkungen könnten diesen Spekulationen zufolge Mitte nächsten Jahres einsetzen. Aussagen Powells nach dem jüngsten Zinsentscheid gaben der Wall Street einen zusätzlichen Schub. Der Fed-Chef signalisierte erneut, dass die Fed nach ihrer aggressiven Erhöhungsserie nun vorsichtiger agieren könne.
Ein Grund dafür ist, dass sich die Finanzierungsbedingungen verschärft haben. Damit bewegen sich die Finanzmärkte bereits in die von der Fed gewünschten Richtung. Die US-Notenbank will die Wirkung ihrer bisherigen Zinsschritte beim weiteren geldpolitischen Vorgehen berücksichtigen. Die Währungshüter sind sich dabei bewusst, dass die Zinserhöhungen Wirtschaft und Inflation mit Verzögerung beeinflussen. «Die volle Wirkung unserer Straffungen muss erst noch greifen», betonte Powell.
Zinsausblick nur Momentaufnahme
Ob noch ein weiterer Zinsschritt nach oben kommen wird, ist auch vor diesem Hintergrund ungewiss. In ihrem im September aktualisierten Ausblick hatten die Währungshüter eine weitere Anhebung um einen viertel Prozentpunkt für dieses Jahr ins Auge gefasst. Powell sagte dazu, dass dies eine Momentaufnahme gewesen sei. Doch lasse deren Aussagekraft nach, während die Fed auf die nächste Sitzung im Dezember zusteuere, auf der ein aktualisierter Ausblick anstehe.
Der Zentralbankchef signalisierte zugleich, dass die Währungshüter der Notwendigkeit eines strafferen geldpolitischen Kurses nicht mehr so hohe Dringlichkeit beimessen wie zuvor. In der Risikoabwägung, die Zügel zu wenig oder zu stark anzuziehen, sei nun ein besseres Gleichgewicht erreicht. Die hohe Inflation hält sich allerdings hartnäckig und gibt der Zentralbank noch keinen Grund zur Entwarnung. Die Verbraucherpreise stiegen im September um 3,7 Prozent und damit im selben Tempo wie im August. Die Fed strebt einen Wert von 2,0 Prozent an.
Wirtschaft mit «starkem Tempo»
«Die Fed lässt ihre Zinspfeile im Köcher, ist aber jederzeit bereit, noch einen abzuschiessen. Bisher ist das Inflationsrisiko nicht gebannt», so die Einschätzung von Ökonom Bastian Hepperle von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. Trotz der straffen Linie der Notenbank hatte die US-Wirtschaft ihr Wachstum im Sommerquartal mehr als verdoppelt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte von Juli bis September aufs Jahr hochgerechnet um 4,9 Prozent zu. Die Fed spricht von einem «starken Tempo». Powell wies jedoch darauf hin, dass dies Prognosen zufolge wohl nicht so bleiben werden. «Kommt es so wie erwartet, dass sich das Wachstum in den kommenden Monaten merklich abkühlt, ist das Zinshoch erreicht. Im kommenden Jahr dürften dann Zinssenkungen ins Visier kommen», sagte Chefvolkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank. (reuters/hzb/ps)