Eine Stichprobennachfrage bei verschiedenen Schweizer Banken (siehe unten) zeigt, dass die wenigsten von ihnen sogenannte Blue Bonds anbieten – also Anleihen, die eine positive Auswirkung auf die maritimen Ökosysteme haben. Der Grund dafür ist allerdings weniger ein geografischer, sondern ein struktureller. Andreas von Angerer, Head of Impact, bei beim auf Nachhaltigkeit spezialisierten Schweizer Fintech Inyova, gibt Auskunft:
Herr von Angerer, wie kommt es, dass Inyova – ein auf Nachhaltigkeit spezialisiertes Fintech – keine Blue Bonds in seinen Portfolios hat?
Das Problem der Blue Bonds besteht darin, dass sie momentan für Retailinvestoren noch nicht genügend geeignet sind. Das liegt daran, dass der Markt noch zu klein ist. Es fehlt daher an kollektiven Investmentvehikeln wie einem ETF. Zudem ist die Liquidität und ein geringes Risiko bei den meisten Blue Bonds nicht gegeben, weil es sich um junge Produkte handelt.
Den Impactgedanken dahinter finden wir allerdings sehr interessant und spannend. Er ist natürlich ähnlich wie bei einem Green Bond, aber eben noch spezifischer.
Sie sprechen von eher hohem Risiko, aber worin genau besteht denn die Unsicherheit der Produkte?
Konkret stellt sich die Frage: Was wird damit finanziert? Es handelt sich teilweise um Projekte, bei denen die Returns oder der Profit nicht ganz klar nachvollziehbar sind – im Vergleich zu Green Bonds. Dort sind die Technologien erwiesener und sicherer.
Ein Beispiel: Bei einem Green Bond für eine Solaranlage, ist klar, dass die Mittel zum Beispiel für den Bau oder ein Repowering verwendet werden und dass dies erwiesenermassen einen positiven Beitrag leistet. Bei Meeresschutz in einem Klimakrisengebiet ist nicht klar, ob wirklich das rauskommt, was man vorhat. Es handelt sich oft um Pionierprojekte, bei denen man erstmal schauen muss, was überhaupt funktioniert.
Was bräuchte es, damit Blue Bonds zugänglicher sind?
Der Gesamtmarkt für Blue Bonds müsste grösser werden, dadurch würde das Liquiditätsrisiko sinken. Wir bei Inyova können zum Beispiel verschiedene Bonds nur dann verkaufen, wenn einer ausläuft. Wenn der Markt wächst, kann sich ein Sekundärmarkt dafür entwickeln. Das ist für uns immer sehr wichtig, denn der Sekundärmarkt würde dieses Risiko verringern und die Instrumente für unsere Kundinnen attraktiver machen.
Zudem müssten die Pilot-Bonds funktioniert haben und die Projekte, die damit realisiert wurden, den Impact vorweisen können, den sie erstreben.
Beim sogenannten Seychelles-Blue-Bond gab es eine Absicherung durch die Weltbank. So risikoreich ist das doch dann nicht mehr?
Schon, aber das ist ein Aspekt, der noch stärker kommen muss: dass also grosse internationale Player die Bonds mit absichern. Dann sinkt auch das Risiko für die Anleger.
Welche Rolle spielen Blue Bonds aktuell bei der Diversifizierung von Portfolios?
Es ist noch nicht so relevant, weil die Blue Bonds ja als Unterkategorie der Green Bonds gelten. Allerdings sind sie aus meiner Sicht eine potenziell impactvollere Anlage als Green Bonds. Ich würde sie gerne bei Investoren oder bei den Kundinnen sehen, die es sich leisten können, ein etwas grösseres Risiko einzugehen.
UBS: Bei der UBS wird die Relevanz solcher Anleihen durchaus gesehen. Judson Berkey, Lead Advocacy and Nature, Group Sustainability and Impact bei UBS, begründet dies durch das globale Tätigkeitsfeld und Kundenbasis der UBS – eben auch in Ländern, die einen direkten Bezug zum Ozean haben. UBS bietet auch Blended-Finance und Philanthropie-Lösungen an, die sich auf Projekte zum Schutz der Meere konzentrieren, die aber per se keine Blue Bonds darstellen.
Berner Kantonalbank: Keine Blue Bonds.
Graubündner Kantonalbank: Keine Blue Bonds.
Luzerner Kantonalbank: Bei der LUKB befinden sich zwei Green Bonds im Universum der Finanzanalyse, die als Blue eingeteilt werden. Sie sind jedoch nicht in LUKB-Vermögensverwaltungsmandaten oder in LUKB-Expert-Fonds enthalten.
Zürcher Kantonalbank: Die ZKB hält laut eigener Aussage in ihren Portfolios sieben Blue Bonds mit einem Gesamtwert von circa 15 Millionen Franken. Eine spezielle Nachfrage von Kundenseite sei bisher allerdings nicht registriert worden, so die ZKB. Zudem bewertet die ZKB die Blue Bonds nicht nach ihrem Impact, sondern gleich wie eine Aktie oder Obligation.
Sustainable Finance spielt eine immer grössere Rolle. Das Thema Blue Bonds wird in einer dreiteiligen Serie von HZ Banking näher beleuchtet – und damit die Frage, inwiefern biologische Vielfalt und nachhaltige Erträge zusammenpassen.