Schwieriger Start für die neue Doppelspitze bei der Bank Vontobel: Der Jahresgewinn fällt um 7 Prozent auf noch 215 Millionen Franken. Vor allem das Assetmanagement von Co-CEO Christel Rendu de Lint läuft nicht rund. Die Aktie fällt am morgen um fast 4 Prozent.
Gleichzeitig berichtet der «Tages-Anzeiger» über Verwicklungen von Vontobel in Benko-Finanzierungen. Dem Bericht zufolge geht es um die Signa RFR US Selection. Die Gesellschaft, die zur Hälfte der mittlerweile zahlungsunfähigen Signa-Holding und der RFR gehört, ist Eigentümerin des berühmten Chrysler-Buildings in New York.
Vontobel organisierte Geld für Benko
Laut dem Bericht hatte die Signa RFR US Selection mit Hilfe von Vontobel 10 Millionen Dollar über einen so genannten Kassaschein aufgenommen. Bei diesen Wertpapieren bekommen die Investoren am Ende der Laufzeit ihr Geld zurück plus einen fixen Zins. Vontobel trat hierbei als «Lead Manager» auf und war also für die Platzierung der Anleihe zuständig.
Ob die Investoren ihr Geld zurück bekommen, scheint fraglich. Denn die insolvente Signa-Holding hat angekündigt, das Chrysler-Building wieder verkaufen zu wollen - bisher ohne Erfolg.
Die Vontobel-Führung erklärte in einer Telefonkonferenz, dass sie wegen des «Immobilienthemas», wie die Benko-Krise umschrieben wird, weder Rückstellungen noch Abschreibungen vorgenommen habe.
Laut Informationen der «Handelszeitung» hat die Bank den Kassaschein nicht den eigenen Privatkunden verkauft. Die Bank habe lediglich die Kapitalaufnahme organisiert und dabei Kreditnehmer und Dritt-Investoren zusammen gebracht. Sprich, sollte die Rückzahlung des Kassascheins nun in Gefahr sein, riskiere die Bank keinen Ärger mit den eigenen Kunden, denn diesen wurde das fragliche Papier nie angeboten.
Vontobel ist somit bemüht, keine Parallelen zum Fall Julius Bär aufkommen zu lassen. Bär hatte insgesamt 600 Millionen Franken an Signa-Firmen verliehen, die Sicherheiten der Ausleihungen erweisen sich im Zuge der Insolvenz des verschachtelten Konzerns als zum Teil wertlos. Daher schreib Bär die Kredite vergangene Woche komplett ab. Bank-Chef Philipp Rickenbacher musste in Folge des Falls seinen Hut nehmen.
Das Assetmanagement hat Probleme
Auch wenn das Benko-Risiko der Vontobel-Führung offenbar keine schlaflosen Nächte bereitet, zeigte sich die Börse von den Jahreszahlen der Bank wenig begeistert.
Auffällig ist, dass sich die Bereiche der beiden Co-CEOs sehr unterschiedlich entwickeln. Das Assetmanagement von Co-CEO Christel Rendu de Lint verzeichnet im Jahr 2023 erneut Mittelabflüsse und sinkende Gewinne. Im vergangenen Jahr zogen Kundinnen und Kunden aus dem Assetmanagement 6,7 Milliarden Franken ab. Der Vorsteuergewinn der Sparte sank um 16 Prozent auf 384 Millionen Franken.
Das Private-Banking, das vom zweiten Co-CEO Georg Schubiger geleitet wird, konnte dagegen solide Zahlen vorweisen, die aber nicht reichen, das Gesamtergebnis der Bank zu heben. In Zahlen: Die Sparte zog im vergangenen Jahr 5,3 Milliarden Franken Neugelder an, auch dank neuer Beraterinnen und Berater. Im vergangenen Jahr wuchs die Beratertruppe um 42 Köpfe auf neu 358. Dank Neumittelzuflüssen und höheren Zinseinnahmen legte der Vorsteuergewinn der Sparte um 16 Prozent auf 747 Millionen Franken zu.
Unter dem Strich verfehlte die neue Vontobel aber die meisten selbst gesteckten Finanzziele: Der Vorsteuergewinn der Bank sank um 2 Prozent, der Nettogewinn gar um 7 Prozent auf noch 215 Millionen Franken.
Rendu de Lint erklärte die schlechte Performance ihrer Sparte mit Markt-Trends. So würden Grosskunden Gelder aus aktiven Fonds abziehen, um sie in passive Produkte oder Geldmarktfonds anzulegen. Da der Zinszyklus wohl seinen Höhepunkt überschritten haben dürfte, hofft die Vontobel-Co-Chefin, dass die Kunden 2024 wieder stärker in die aktiv gemanagten Vontobel-Fonds investieren. Anleihe-Produkte sind eine der Spezialitäten des Hauses.
Beteiligung in Grossbritannien soll neues Wachstum bringen
Zudem soll der Kauf einer Minderheitsbeteiligung an der Londoner Infrastrukturinvestmentboutique Ancala neues Wachstum bringen. Das Unternehmen ist aber eher ein kleiner Player und verwaltet lediglich 4 Milliarden Euro. Infrastrukturinvestments sind ein heisses Thema in der Assetmanagementbranche. So hat vor kurzem Marktführer Blackrock für 12 Milliarden Dollar den Vermögensverwalter Global Infrastructure Partners (GIP) gekauft.
Um die Kosten in den Griff zu bekommen, kündigte Vontobel zudem einen neuen Sparplan über 100 Millionen Franken an, der 2026 realisiert sein soll. Wie viele Jobs in dem Kontext wegfallen sollen, dazu sagte die Bankführung nichts konkretes. Derzeit beträgt bei Vontobel das Verhältnis von Kosten zu Einnahmen 78,5 Prozent. Diese Kennzahl soll dank des Sparplans auf 72 Prozent im Jahr 2026 fallen.
Gewinn fällt, Vergütung steigt
Trotz sinkender Gewinne soll die Vergütung für die Bankführung steigen: Zwar zählt die Geschäftsführung seit 2023 insgesamt 5 Mitglieder, im Vorjahr waren es nur vier, die Geschäftsführung wuchs also um 25 Prozent. Doch soll die Gesamtvergütung noch stärker zulegen, konkret um 36 Prozent auf neu 36 Millionen Franken. Hier stechen die Barboni ins Auge, die gar um 81 Prozent zulegen sollen.
Davon profitiert insbesondere der frühere Vontobel-Chef Zeno Staub. Seine Gesamtvergütung sinkt zwar leicht von 2,45 Millionen auf noch 2,3 Millionen. Doch sein Barbonus verdoppelt sich auf 1,15 Millionen. Im Gegenzug wurde sein Aktienbonus von 650'000 Franken auf null gesenkt.
Warum die Vergütung des Topmanagements steigt, wenn der Bank-Gewinn sinkt, dazu wollte die Vontobel-Führung bei der Telefonkonferenz keine Auskunft geben und verwies auf den Vergütungsausschuss des Verwaltungsrat.