Die Zukunft der Payment-Welt gehört digitalen Währungen wie etwa Stablecoins: «Ich glaube, es gibt nichts anderes als Stablecoins. Ich bringe Ihnen heute Beispiele, die auch an der grössten Schweizer Bitcoin-Konferenz in Lugano, der Plan B, ein Thema waren», eröffnet Gregor von Bergen, Leiter des Zahlungsverkehrsgeschäfts und digitaler Assets bei Capco, seinen rund 200 Zuhörerinnen und Zuhörern am Swiss Payment Forum in Zürich.

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Selecta will Solana Pay einführen

Ende Oktober hat auch Selecta, der Betreiber von Verpflegungsautomaten, die zum Beispiel an SBB-Bahnhöfen oder auch in Kantinen stehen, Interesse an Payment-Lösungen mit digitaler Währung bekundet. Selecta hat angedeutet, dass Solana Pay integriert werden soll. Solana bietet eine sogenannte DLT-Technologie, die sehr kostengünstig ist und Stablecoins integriert hat. Die Idee von Selecta: Kundinnen und Kunden sollen an den Verpflegungsautomaten mit digitalen Coins bezahlen können.

Grossbanken entdecken Stablecoins

Auch internationale Banken kommen punkto Stablecoins langsam in die Gänge: Die US-Grossbank J. P. Morgan hat als erste Bank einen Stablecoin herausgegeben. Ende Oktober vermeldete der US-Finanzriese auf seiner Blockchain ein Transaktionsvolumen von 1 Milliarde Dollar pro Tag. Mit ein Grund für diese Riesensumme: Unter anderem bietet J. P. Morgan ihren Kunden die Abwicklung von Zahlungen über diese Plattform an. Nun öffnet J. P. Morgan das System auch für andere Banken. «Ein Beispiel ist die ABC Bank in Bahrain. Von dort kann man Zahlungen mit J. P. Morgan nach Amerika, nach UK, nach Hongkong oder Singapur tätigen», führt von Bergen vor den Besuchern des Swiss Payment Forum aus. «Das ist super relevant. Und deshalb glauben wir bei Capco als Consulting-Firma auch stark daran, dass sich dieser Trend in den nächsten paar Monaten verstärken wird.»

Was ist der Vorteil?

Die grosse Innovation ist die Skalierbarkeit des Systems. Bis zu 1 Million Transaktionen pro Sekunde können abgewickelt werden. Das ist ein Vielfaches der heutigen Kapazität – und zu deutlich geringeren Kosten. «Ein weiterer Vorteil ist, dass es nicht so viel zu tun gibt», erklärt Gregor von Bergen seinem Publikum. Wenn zum Beispiel Bob von Lisa Geld zurückhaben will, das er ihr jüngst überwiesen hat, dann müsste Bob bei Lisa um das Geld anfragen. Der Provider, der lediglich den Kanal bereitstellt, ist nicht verantwortlich, sondern in diesem Fall Bob und Lisa, die zwei Vertragsparteien. Das wiederum bedeutet: Wer als Provider tätig ist, geht keinerlei Risiko ein.

Grosse Provider springen auf Stablecoin-Trend auf

In den letzten Jahren sei viel passiert, resümiert von Bergen. Unterdessen interessieren sich auch grosse Player auf dem Payment-Sektor für Stablecons. Visa etwa interessiert sich für Staplecoin-Settlements und unternimmt mit der Solana-Blockchain Pilotversuche, um ein Gefühl für Stablecoins zu bekommen. «Ich glaube, das zeigt: Jetzt springen die ganz Grossen der Branche auf diese Technologie auf.»

Unterdessen hat Postfinance angekündigt, mit Swiss Stablecoin zusammenarbeiten zu wollen. Auch andere grosse Namen proben den Einstieg: Paypal etwa, das man noch von der E-Commerce-Revolution kennt und das in gewissen europäischen Ländern noch sehr weit verbreitet ist. Einen starken Rückenwind für Stablecoins sieht von Bergen auch andernorts: Deutschland hat jetzt im August einen Stablecoin herausgegeben. «Dieser ist zwar mit rund 160 Millionen Euro noch nicht sehr stark kapitalisiert. Doch ich glaube, es ist viel in der Pipeline. Insbesondere im Zahlungsverkehr wird in der kommenden Zeit sehr viel passieren», ist sich von Bergen sicher.

Stablecoin-Anwendungen auf dem Markt

Am Swiss Payment Forum schilderte von Bergen seine persönliche Erfahrung mit ersten Businessmodellen im Bereich E-Mobilität: «Ich habe mir ein Elektroauto gekauft. Die Herausforderung ist der Umgang mit der Ladestation. Ich musste mir vier Karten besorgen, damit ich mein Auto laden kann», ärgert sich Gregor von Bergen. Eine für die Deutschschweiz, die zweite Karte ist für die Romandie, weil dort ein anderer Anbieter zuhause ist. Für Fahrten nach Deutschland muss man sich eine europäische Karte besorgen. Und weil dummerweise bei ihm um die Ecke noch ein vierter Anbieter Ladestationen betreibt, brauche er noch eine vierte Karte.

«Sie kennen es: vier RFID-Karten, vier unterschiedliche Apps, vier unterschiedliche Preismodelle. Jedes Mal, wenn ich an der E-Tankstelle bin, weiss ich gar nicht, welche Karte ich zücken soll. Ich muss zuerst schauen, was für mich am günstigsten ist.»

Das Projekt Satimoto 

Doch das Problem lässt sich für Kunden unterdessen mit einer App entschärfen. Satimoto ist ein Corona-Projekt eines Entwicklers, der in der gleichen Situation war. Der Entwickler hatte sich ein Elektroauto gekauft, aber vor lauter Anbietern von E-Tankstellen nicht mehr gewusst, welche teuer oder günstig ist. Die App von Satimoto funktioniert auf der Bitcoin-Lightning-Technologie. Sobald man sein Elektroauto ansteckt, wird dort alle paar Minuten aufgrund der geringen Transaktionskosten der Lightning-Netzwerke Geld gestreamt. «Ich bezahle eigentlich nahezu instant, fast minütlich oder alle zwei bis drei Minuten. Und: Ich bezahle nur meine Kilowattstunden, die ich effektiv beziehe», zeigt sich von Bergen begeistert.

Der Registrier-Marathon entfällt

Das Gute für den Kunden ist, dass er sich nicht überall registrieren muss. Konsumenten brauchen keine neue Karte, sondern können alles in der App machen. Eine RFID-Karte lässt sich dort relativ simpel registrieren. Den Kunden winke ein Preisvorteil. Satimoto selbst werbe mit 30 Prozent, «Ich habe das über fünf Monate getestet», rapportiert von Bergen. Das beste Resultat habe er bei der Ladestation am Flughafen Zürich im «Circle» an einer E-Tankstelle erzielt. Während er 40 Minuten Strom tankte, sind 7,9 Kilowattstunden in sein E-Auto geladen worden. Er habe 52 Prozent gespart, weil er zum günstigsten Tarif laden konnte und nur die getankten Kilowattstunden berechnet worden sind. «Normalerweise kommt, sobald ich einstecke, eine Gebühr von 3 Franken hinzu. Mit der Satimoto-App entfällt das.» Es wird wirklich nur pro Kilowattstunde bezahlt, ein Kundensupport entfällt. Der Preisvorteil wird immer den Kunden weitergegeben.

Vorteile auch für Anbieter von Dienstleistungen

Die moderne Technologie hat aber nicht nur Vorteile für Kunden, sondern auch für E-Tankstellen-Betreiber: Sie erhalten umgehend ihr Geld. Weil das Settlement (Zahlungsausgleich) unmittelbar vollzogen wird. Ausserdem lassen sich flexible Preissysteme, die untertags zu Spitzen- oder Baisse-Zeiten entsprechende Hoch- respektive Niedertarife schalten, sehr gut implementieren.