Roman Elmer, welches Ziel haben Sie sich als CEO für die kommenden Monate gesetzt?

Wir haben uns keine konkreten neuen Ziele gesetzt. Wir setzen stärker auf Kontinuität als auf eine kurzfristige Maximierung von Gewinnen. Diese Bank gibt es seit 1857. Ich bin mit dieser Bank gross geworden – und mittlerweile seit zwölf Jahren hier. Auch mein Vater war vorher ganz lange bei der Glarner Regionalbank tätig. Der Kleinräumigkeit im Zigerschlitz folgt eine gewisse soziale Kontrolle.

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Wie äussert sich das?

Wenn man zur Tür rausläuft, muss man im Coop nebenan der Kundin und dem Kunden, die vorher im Sitzungszimmer waren, mit gutem Gewissen in die Augen schauen können. Dementsprechend steht die Kontinuität ganz klar vor kurzfristigen Gewinnen.

Es hat also Einfluss auf Ihre Geschäftspolitik?

Genau. Unser Geschäftsmodell als Genossenschaftsbank ist darauf ausgerichtet, unsere Kunden und Kundinnen auf ihrem ganzen Lebensweg zu begleiten. Auch wenn vielleicht andere Banken attraktivere Jugendangebote haben: Irgendwo finden wir den Einstieg wieder. Unsere Mitarbeitenden wohnen meistens im Marktgebiet und sind hier verankert.

Doch macht die Modernisierung auch vor Ihrer Bank nicht Halt.

Dennoch wollen wir trotz aller Modernisierung und Digitalisierung unseren Weg weitergehen. In den letzten paar Jahren haben wir nicht nur IT-seitig, sondern auch personell viel für die Zukunft unserer Regionalbank getan. Ein Beispiel ist etwa eine deutliche Verjüngung auf der Führungsebene. Wir haben die jüngste Geschäftsleitung einer Schweizer Bank. Das ist sicher auch speziell für eine kleine Regionalbank.

Sie schmunzeln dabei; das freut Sie besonders?

Ja, das freut mich extrem – natürlich.

Wie haben Sie das geschafft?

Ich glaube, unsere Stärke ist, dass wir auch intern immer schauen, dass wir die Leute fördern und fordern können. Dass sich unsere Leute auch weiterentwickeln können. Klar, kann man darüber sinnieren, ob es sinnvoll ist, Externe reinzuholen.

Sie schütteln den Kopf, wenn Sie das sagen.

Weil ich überzeugt bin: Für uns ist es ganz, ganz wichtig, dass wir wissen, wen wir im Team haben – und mit wem man redet. Dementsprechend sind wir ganz froh, dass es so ist, wie es ist. Wir sind mit jungen, willigen und hungrigen Leuten einerseits und auch ganz erfahrenen Leuten anderseits unterwegs.

Das ergibt eine gute Mischung.

Ja. Zudem pflegen wir eine sehr offene Kultur. Andere Banken müssen offiziell bekannt geben, eine Du-Kultur zu leben. Das müssen wir nicht, dafür sind wir zu klein. Wir sind nur dreissig Leute.

Bei uns haben alle die Möglichkeit, sich zu entfalten, etwas zu bewegen. Das ist nur bei einer kleinen Bank möglich. Bei einer grossen Bank bringt man das in diesem Ausmass gar nicht hin. Darum mein Schmunzeln. Mich freut das natürlich. Das ist klar. Das ist super.

Ist KI bei der Glarner Regionalbank ein Thema?

Es sieht nicht viel anders aus als bei anderen. Wir sind eine kleine Bank. Es gibt keine kleine Bank, die vorauseilt, wenn es um dieses Thema geht. Momentan wird bei uns KI zur Betrugserkennung, also bei der Fraud-Detection verwendet.

Und sonst?

Wir schauen uns gewisse Use-Cases – Anwendungsfälle – an, nicht unbedingt in der Frontberatung, sondern im Backoffice. KI ist nicht gleich KI. Bei Banken ist immer entscheidend, wo die Daten gespeichert werden. Dementsprechend ist es sicher wichtig, den richtigen Partner zu haben. 

Unsere ersten Versuche mit KI-Anwendungen starten denn wohl auch im Bereich unserer Bankmitarbeitenden, welche vor allem bei administrativen Tätigkeiten unterstützt werden sollen. Wir sind gespannt, was allenfalls auch für unsere kleine Bank machbar und sinnvoll ist.

In welchem Bereich arbeiten Sie mit externen Partnern zusammen?

Das Esprit-Netzwerk ist sicher ein sehr wichtiger Partner. Es startete als eine klassische Einkaufsgemeinschaft, ist heute aber viel mehr als das. Es fungiert als Orchestrator und versucht dabei, die verschiedenen Interessen der Banken zusammenzuführen, um gemeinsam die jeweils beste Lösung zu finden. Man versucht, die Kräfte zu bündeln. Das hilft uns natürlich, die Kosten im Griff zu behalten. Zudem sind wir ein Teil der Entris-Bankengruppe.

Was steht bei dieser Partnerschaft im Fokus?

Der Outsourcing-Bereich – beispielsweise ist die Entris Banking unser starker Partner im Karten- und Bankomatengeschäft. Aber natürlich auch als unsere Zentralbank, der wir angegliedert sind.

Das Kernbankensystem wird ebenfalls von der Entris bereitgestellt?

Nein. Finnova ist unser Kernbankensystem. Aber die Entris fungiert für die angeschlossenen Regionalbanken als verlängerter Arm der Schweizerischen Nationalbank (SNB) und übt eine Zentralbankfunktion für uns aus. Als Regionalbank haben wir keine direkte Verbindung zur SNB. Das läuft alles über die Entris. Das ist für uns sicher auch ganz ein wichtiger Partner.

Gibt es Zusammenarbeiten mit anderen regionalen Banken?

Ja, etwa im Anlagebereich, wo wir in der Vermögensverwaltung, dem Portfoliomanagement, mit der Acrevis Bank in St. Gallen zusammenarbeiten. Aber auch mit Fin-Techs gibt es Berührungspunkte, denn im Vorsorgebereich arbeiten wir mit Descartes Vorsorge, die zum Beispiel eine 3a-Online-Lösung anbieten. Das sind unsere jüngsten Partner. Kurz zusammengefasst: Wir versuchen, unsere Fühler auszustrecken, um uns neue Optionen zu ermöglichen.

Ist das für eine kleine Genossenschaftsbank wie die Glarner Regionalbank überlebenswichtig?

Schon. Wir sind mit dreissig Mitarbeitenden sehr klein. Darum suchen wir uns gute Partnerschaften, wo es für beide Seiten Sinn macht. Das ist sicher nicht in jedem Bereich möglich, ganz klar. Aber oft geht es um Dinge, die man nicht neu erfinden muss, weil es schon Erprobtes gibt, das funktioniert.

Was sind die grössten Herausforderungen im Swiss Banking in den kommenden zwei Jahren? 

Im Moment ist die Herausforderung für viele Banken die ganze Thematik mit den Passivgeldern, die Refinanzierung. Das ist auch getrieben durch eine Nationalbank, die entsprechende Liquidität im System fordert.

Können Sie das etwas ausführen?

In der Negativzinsphase waren neue Kundengelder eher eine Belastung, und viele haben gar Negativzinsen verrechnet, wir jedoch nicht. Seit der Zinswende wollen alle Banken diese jedoch wieder. Diese Situation schränkt bis zu einem gewissen Grad Wachstumsambitionen ein. Klassische kleine Regionalbanken refinanzieren sich in der Regel weniger über den Kapitalmarkt als grössere Banken. Wir sind deshalb sehr stark von unseren Kundengeldern abhängig. Dementsprechend ist das, mindestens kurz- bis mittelfristig, sicher eine unserer grössten Herausforderungen.

Was sind weitere Herausforderungen?

Der Ausfluss von dem, was in den letzten anderthalb Jahren passiert ist: Es schwappt eine Regulierungsflutwelle durchs Land. Wenn man den Bericht des Bundesrates liest, ist sehr vieles geplant. Wobei natürlich sehr vieles auch nur die Grossen unserer Branche betrifft. Aber wie wir aus der Vergangenheit wissen: So einiges schwemmt es dann halt trotzdem auch auf die kleinen Banken hinunter. Und das ist das, was uns bis zu einem gewissen Grad Sorgen macht. Werden wir wieder einmal in den gleichen Topf geworfen wie international agierende Banken? 

Was fordern Sie?

Dass man das in den letzten Jahren eigentlich sehr gut umgesetzte Prinzip der Regulatoren, nämlich die Proportionalität, die Grösse und das Geschäftsmodell, sprich die Risiken, in den Büchern berücksichtigt. 

Zurück zu den Passivgeldern: Welche Mittel haben Sie als kleine Bank, um auf dieser Seite für Entspannung zu sorgen? 

Wir bieten ein attraktives Gesamtpaket – bei den Gebühren wie bei den Zinsen. Unser Vorteil ist sicher, dass wir immer noch eine sehr loyale Kundschaft haben. Wir konzentrieren uns ganz klar auf unser bestehendes Marktgebiet und haben keine Ambitionen, dieses grossartig zu vergrössern. Stattdessen haben wir vor, Opportunitäten zu nutzen, die sich hier bieten. Das hat in den letzten Jahren auch auf der Refinanzierungsseite sehr gut funktioniert. Wir sind überzeugt, dass dies in Zukunft auch so ist.

Sie agieren hier ja nicht in einem luftleeren Raum. Ich habe auf meinem Weg hierher Filialen mehrerer Konkurrenten in Glarus gesehen. 

Mitbewerber gibt es immer. Das ist gut, das ist gesund. Die Glarner Regionalbank hat den Vorteil, hier schon lange stark verwurzelt zu sein.

Unsere Regionalbank ist aus zwei Ersparniskassen, die in den 90er-Jahren fusioniert sind, entstanden. Mit einer sehr starken und loyalen Kundenbasis, vor allem im hinteren Teil des Kantons. Erst in den letzten 25 Jahren hat man angefangen, unsere Kundenbasis durch neue Filialen etwa in Niederurnen zu erweitern. Im unteren Kantonsteil hat die GRB entsprechend dazugewonnen.

 

Die Glarner Regionalbank
  • Gründungsjahr: 1857
  • Bilanzsumme: 814 Millionen Franken per 30.6.2024
  • Kunden: ca. 10’500
  • Verbreitungsgebiet: Kanton Glarus und angrenzende Gebiete
  • Genossenschaft
  • Was ist an Ihrer Bank im Vergleich zu anderen Banken speziell (Alleinstellungsmerkmal)? Roman Elmer: «Das ist wohl die Gretchenfrage. Um aber ehrlich zu sein: Auch wir kochen nur mit Wasser, und die Produkte und Dienstleistungen von uns Banken sind vergleichbar. Was aber auf die Glarner Regionalbank ganz sicher zutrifft, ist, dass wir die persönliche Beratung leben und gemeinsam mit unseren Kundinnen und Kunden kontinuierlich wachsen wollen. Dabei helfen uns die kurzen Entscheidungswege und die lokale Verankerung unserer Mitarbeitenden. Ganz getreu unseren Grundsätzen ‹erfrischend, bodenständig und sympathisch›.»
Zur Person Roman Elmer
  • Seit wann CEO der GRB? Seit April 2018
  • Höchste/letzte Ausbildung? MAS in Bankmanagement
  • Alter: 37
  • Persönliche Info: «Ich bin verheiratet und Vater von zwei kleinen Töchtern, welche mich in meiner Freizeit sehr gut auf Trab halten können. Eine grosse Leidenschaft ist das Reisen, denn andere Länder, Kulturen und Menschen kennenzulernen, öffnet nicht nur den persönlichen Horizont, sondern lässt mich auch immer wieder das schätzen, was wir in der Schweiz wirklich haben.»
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