Herr Zwahlen, Sie sagen, dass Sie sich für Kunst interessieren. Liegt dieses Interesse in der Kunst als Anlagemöglichkeit?
Nein, das hat nichts mit Investments, sondern mit einem persönlichen Interesse für moderne Kunst zu tun. Wir haben zwar viele Kundinnen und Kunden, die Kunstwerke besitzen, allerdings spielt das bislang im Banking, wie wir es betreiben, keine unmittelbare Rolle.
Was spielt denn im Banking, wie Sie es betreiben, eine Rolle?
Der persönliche Kontakt zu unseren Kundinnen und Kunden ist zentral. Das Verständnis für ihre Gesamtsituation, also nicht nur für die Vermögenssituation, sondern auch für ihren ganzen Lebenszyklus. Wir betreuen sehr oft Persönlichkeiten und Familien über mehrere Generationen, weil wir als langjähriger «Trusted Advisor» wahrgenommen werden. Wo wir uns im Vergleich zu anderen Banken sicherlich unterscheiden, ist unsere Offenheit gegenüber Innovationen, Technologien und neuen Anlageklassen.
Was meinen Sie damit konkret?
Beispielsweise digitale Vermögenswerte. Wir verfolgen bereits seit 2019 eine umfassende Kryptostrategie. Wir sind überzeugt, dass digitale Vermögenswerte integraler Bestandteil einer professionellen Vermögensverwaltung sind. Und wir bieten diese unserer interessierten Kundschaft an. Daneben verschaffen wir unseren Kundinnen und Kunden aber auch den Zugang zu weiteren alternativen Anlageklassen. Etwa zu Private Equity oder zu Venture Capital, wo wir Kooperationen mit der Partners Group beziehungsweise mit Redalpine unterhalten.
Dr. Stephan A. Zwahlen, geboren 1978, war 2009 in die Geschäftsleitung von Maerki Baumann & Co. AG eingetreten, bevor er 2011 zum Stv. Vorsitzender der Geschäftsleitung und 2016 zum CEO ernannt wurde.
2007 war er bei Maerki Baumann für die Gründung der ersten unabhängigen Transaktionsbank der Schweiz zuständig. Danach arbeitete Zwahlen im internationalen Mandatsgeschäft der UBS Global Wealth Management. Ab 2009 befasste er sich mit der Transformation von Maerki Baumann zu einer modernen, agilen Privatbank. 2019 war er die treibende Kraft hinter der Etablierung der Kryptostrategie von Maerki Baumann. Zwahlen studierte und promovierte in Betriebswirtschaft mit Fokus auf Banking and Finance an der Universität St.Gallen. Heute ist er zudem Lehrbeauftragter an der Universität St.Gallen sowie Vorstandsmitglied verschiedener Branchenverbände und lnstitutionen in der Wissenschaft und Politik.
Woher kommt diese Ausrichtung?
Wir waren als Familienunternehmen mit stark unternehmerischer Ausrichtung gleich in mehreren Bereichen Pioniere unter den Schweizer Banken. Ich kam 2009 mit dem Auftrag in die Geschäftsleitung, zusammen mit einem Team ein traditionsreiches Finanzinstitut zu einer modernen, agilen Privatbank weiterzuentwickeln. Im Zuge dessen setzten wir gleich mehrere Innovationen um, so etwa die Einführung unserer neuen modularen Anlagelösung, die der Kundschaft ein hohes Mass an Individualität im Anlagebereich gewährt. Oder die Lancierung unserer Kryptostrategie, welche die Kultur und Positionierung unserer Bank während der vergangenen fünf Jahre stark prägte.
Kryptoinvestitionen gelten oft als unsicher. Schwingen da bei vermögenden Kundinnen und Kunden Verunsicherungen mit, wenn sie das Wort hören?
Ja, ganz klar. Und das hat auch über viele Jahre zu zahlreichen spannenden Diskussionen mit unseren Kundinnen und Kunden geführt. Bis heute. Nicht nur mit der Kundschaft, sondern auch mit der Politik, der Konkurrenz und den Medien. Viele waren überrascht, dass ausgerechnet eine traditionsreiche Privatbank, die über neunzig Jahre alt ist, in dieses Geschäft eingestiegen ist. Wir sahen von Anfang an keinen Gegensatz zwischen Private Banking und Tech Banking – wie wir unsere Kryptoaktivitäten heute nennen –, sondern vielversprechende Synergien.
Wir wollen das, was sich bewährt hat, die Professionalität, Individualität, Stabilität und Berechenbarkeit, die Werte unseres Familienunternehmens, mit Innovationen vereinen. Und uns auch mit neuen Trends, Chancen und Möglichkeiten proaktiv befassen.
Das klingt nun aber sehr nach einer Marketingaussage, Herr Zwahlen. Wie sieht das denn konkret aus?
Als wir mit der Blockchain-Technologie in Kontakt kamen, waren wir rasch überzeugt, dass sie einen grossen Einfluss auf die Finanzindustrie, aber auch auf die Wirtschaft und Gesellschaft haben wird. Wir haben insbesondere vermutet, dass digitale Vermögenswerte ein wichtiges Element der Vermögensverwaltung werden. Darum war es für uns klar, dass wir in diesen Bereich vorstossen müssen, um die neuen Anlagemöglichkeiten auch unseren Kundinnen und Kunden zugänglich zu machen.
Wir empfehlen Anlagen in digitale Vermögenswerte mit Zurückhaltung und grosser Umsicht. Das heisst, wir versuchen die Kundschaft nicht davon zu überzeugen, dass sie in etwas investieren, das für sie zu risikoreich ist. Die individuelle Risikopräferenz und der nötige Anlagehorizont spielen eine wichtige Rolle. Ist beides gegeben, kann die Ergänzung eines traditionellen Portfolios mit einer Kryptoallokation von 1 bis 3 Prozent des Vermögens interessante Rendite- und Diversifikationsmöglichkeiten bieten. Dabei empfehlen wir die Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Anbieter.
Zum 16. Mal suchte die «Bilanz» letzte Woche das beste Schweizer Private Banking und erkor Maerki Baumann zum Sieger. Die Privatbank wurde auch zur Gesamtsiegerin unter rund 100 Banken über alle Kategorien hinweg ausgewählt.
Und ist das Interesse an diesen Alternativen vorhanden?
Das Interesse ist stark und kontinuierlich gestiegen. Die Positionierung, die wir als Bank über fünf Jahre hinweg entwickelt haben, liegt zwischen dem traditionellen System und der neuen digitalen Welt. Ursprünglich wollten wir traditionelle Kundinnen und Kunden bei ersten Investitionen in der digitalen Welt begleiten. Wenn ich zurückschaue, dann ist der Prozess, wonach der traditionelle Kunde in die digitale Vermögenswelt investiert, sicher langsamer vorangegangen, als wir das ursprünglich erwartet hatten. Es hat sich aber auch der umgekehrte Weg manifestiert.
Interessant ist der gegenteilige Trend: Persönlichkeiten aus der digitalen Welt suchen den Weg in die traditionelle Welt der Fiat-Währungen (Schweizer Franken, Euro etc.). Das betrifft einerseits Firmenkunden, welche auf klassische Bankdienstleistungen angewiesen sind. Und anderseits sind das Privatpersonen, die über frühzeitige Kryptoinvestitionen oder unternehmerische Aktivitäten im Krypto-Bereich sehr vermögend geworden sind. Oftmals auch Jüngere zwischen zwanzig und vierzig Jahren. Sie suchen den Zugang ins Banksystem, um Dienstleistungen aus dem Private Banking zu beziehen.
Dieser Wechsel erfordert aber auch gewisse Kontrollmechanismen …
Ja, man muss in dem Bereich sehr sorgfältig arbeiten. Es gibt vereinfacht gesagt vier Schritte, die wir anwenden, um beispielsweise einen Wechsel von einer Kryptowährung in Schweizer Franken oder Euro durchzuführen. Und das ist erstens, dass wir die Herkunft der Gelder klar verstehen. Dann müssen wir ausschliessen, dass Geldwäschereitatbestände vorliegen könnten. Sodann wollen wir, dass die Vermögenswerte steuerlich konform sind, bevor sie zu uns kommen. Und viertens gibt es eine Analyse der einzelnen Coins, um sicherzustellen, dass die Vermögenswerte in der Vergangenheit nicht in kriminelle Machenschaft involviert waren.
- Gründungsjahr: 1932
- Bilanzsumme: 752,7 Millionen Franken (per 31.12.2023)
- Verwaltete Vermögen: 9,2 Milliarden Franken (per 31.12.2023)
- Kundinnen und Kunden: Privatkunden, institutionelle Kunden, Blockchain- und Kryptounternehmen, externe Vermögensverwalter
- Verbreitungsgebiet: Sitz in Zürich, Kundschaft vorwiegend aus der Schweiz und Deutschland
- Art des Unternehmens: nicht börsennotiertes Familienunternehmen in der Form einer Aktiengesellschaft
- Was ist an Ihrer Bank im Vergleich zu anderen Banken speziell? «Wir sind die Pionierin unter den Privatbanken im Bereich der digitalen Vermögenswerte und verfügen in diesem Gebiet über einen Leistungsausweis von über fünf Jahren. Neben dem klassischen Private Banking bieten wir unseren Kundinnen und Kunden den Zugang zu weiteren alternativen Anlageklassen wie Private Equity und Venture Capital.»
Wenn Sie diesen Prozess so beschreiben, klingt das sehr aufwendig. Wie kann es sein, dass Sie da als Privatbank mit deutlich weniger Angestellten als andere Banken mithalten können und sich gar noch an Innovationen wagen?
Der Vorteil unserer Bank ist, dass wir in Familienbesitz sind. Sowohl Hans G. Syz-Witmer, VR-Präsident, als auch Dr. Carole Schmied-Syz, VR-Vizepräsidentin, sind primär Unternehmer und nicht operative Banker. Das ist wahrscheinlich der Grund, wieso wir Innovationen wie jenen im Kryptobereich so offen gegenüberstehen. Veränderung ist bei Maerki Baumann nichts, was wir als Gefahr ansehen, sondern als natürlichen Lauf der Zeit.
Sie klingen äusserst überzeugt von digitalen Vermögenswerten. Wohin führt diese Entwicklung?
Ich gehe davon aus, dass mittelfristig alle Vermögenswerte digitalisiert werden. Die Kryptowährungen sind erst Vorboten. Denn der Handel und die Verschiebung von Vermögenswerten wird viel einfacher, effizienter machbar sein, wenn sie digitalisiert sind. Das gilt auch für Anlageklassen, die heute noch nicht oder schwer fungibel sind.
Sie haben am Anfang unseres Gesprächs die Kunst angesprochen. Mithilfe eines Tokens kann ein physisches Kunstwerk relativ einfach digitalisiert und anschliessend in Fraktionen gehandelt und verwahrt werden. Auch Nationalbanken werden digitale Währungen, sogenannte Central Bank Digital Currency, selber emittieren, weil die Digitalisierung einer Währung verschiedene Vorteile verspricht.
Lassen Sie uns zum Schluss nochmals auf Maerki Baumann zurückkommen. Sie sind bereits seit über fünfzehn Jahren in deren Geschäftsleitung und führen die Bank seit acht Jahren. Was treibt sie nach all den Jahren an, weiterzumachen?
Wir haben in den letzten Jahren eine strategisch sehr spannende Marktnische für die Zukunft gefunden. Es ist meine Motivation, die ausgezeichnete Ausgangslage unserer Privatbank zu nutzen, um das vielversprechende Potenzial zusammen mit meinem Team zu realisieren.
Zudem kann ich bei Maerki Baumann mein Verständnis für eine breit abgestützte Unternehmensführung umsetzen: Nebenbei bin ich Lehrbeauftragter an der Universität St.Gallen, ich engagiere mich für die Politik als Vorstandsmitglied der Freunde der FDP und bin in verschiedenen Branchenverbänden aktiv. Ich möchte mich über die Grenzen des Unternehmens hinaus engagieren und einen Beitrag zur Weiterentwicklung des Finanzstandorts Schweiz leisten.