Philipp Merkt, wie viele Assets under Management (AuM) hat Postfinance im Moment?
Im letzten Halbjahresbericht sind wir auf 19,6 Milliarden Franken.
Jetzt erhoffen Sie sich weiteren Zuwachs. Darum die Partnerschaft mit Vanguard?
Ja, natürlich erwarten wir Zugänge durch diese Zusammenarbeit. ETF-Sparpläne sind ein grosser Trend. Man sieht es im Ausland, vor allem in Deutschland. Es ist eine einfache, gute Art, wie man Vermögen aufbauen kann. Darum sehen wir grosses Potenzial. Wir machen nun ETF-Sparpläne unseren Kundinnen und Kunden zugänglich.
Und warum Vanguard?
Wir wollen mit den besten und grössten zusammenarbeiten. Wir haben eine Partnerschaft mit Vanguard und auch mit fünf anderen Assetmanagern. Wir wollen für die Kundinnen und Kunden ein Angebot zusammenstellen – aus den besten ETFs. Unser Angebot ist einfach aufgebaut. Nicht mit tausend Möglichkeiten, sondern es sind ausgewählte Best-of-ETFs aus bestehenden Marktangeboten.
Solche Sparpläne sind momentan in der Schweiz nicht sehr nachgefragt.
In der Schweiz sind sie tatsächlich noch nicht so etabliert, was schade ist. In Deutschland hingegen gibt es dieses Geschäft schon seit zehn Jahren. Unterdessen sind dort 135 Milliarden Euro in Sparpläne investiert.
(Roger Bootz meldet sich zu Wort.) Wenn ich an dieser Stelle etwas ergänzen darf: Eine Nachfrage kann nur dann entstehen, wenn auch ein Angebot da ist. In der Schweiz haben erst dieses Jahr Institute angefangen, ETF-Sparpläne anzubieten. Mit scheint klar, dass deswegen die Nachfrage noch gar nicht da sein kann.
(Bootz greift nach einem Blatt und liest Statistiken ab.) In Deutschland wurde im September 2010 begonnen. Der Gesamtmarkt in Deutschland kam Ende 2023 auf rund 7,1 Millionen monatlich ausgeführte Sparpläne. Das entspricht 2014 einem Sparplanvolumen von zirka 200 Millionen Euro jährlich. Bis 2023 stieg diese Summe auf 15 Milliarden Euro.
Das Anlagevolumen stieg von 2014 bis 2023 von etwa 7,5 Milliarden auf 135 Milliarden Euro. Das zeigt schon, es braucht eine gewisse Zeit, bis sich so ein Angebot etabliert.
Das Timing, ETF-Sparpläne in der Schweiz zu etablieren, stimmt also?
Philipp Merkt: Ich bin überzeugt, dass die Zeit reif ist. Das Timing ist gut. Bei uns in der Schweiz sind die grossen Finanzinstitute in den vergangenen zehn Jahren nicht eingestiegen.
Wie gross sehen Sie das mögliche Marktvolumen für die Schweiz?
Wenn wir die Zahlen vom deutschem Markt auf den Schweizer Markt herunterbrechen, können wir in der Schweiz vielleicht von 800’000 ETF-Sparplänen ausgehen. Das Potenzial ist also da.
Jetzt könnte ich ja auch selber ab und zu in ETFs investieren und so meinen eigenen Sparplan zusammenstiefeln. Vanguard bietet ja schon länger auf dem Schweizer Markt ETFs an.
Roger Bootz: Das ist richtig. Allerdings gehen Sie zu einer Bank, das kann Postfinance sein oder das kann irgendeine andere Korrespondenzbank sein, und Sie entscheiden sich dann, einen gewissen Betrag an einem bestimmten Zeitpunkt zu investieren. Das ist nicht optimal.
Denn der Vorteil von Sparplänen ist: den gleichen Betrag in der gleichen Frequenz zu investieren. So machen sie kein Market Timing. Die Märkte können rauf- und runtergehen, aber über die Investitionsperiode bekommen sie einen Durchschnittspreis. Was unter dem Strich Erfolg versprechender ist.
Philipp Merkt: Es ist auch wesentlich komfortabler, das mit einem ETF-Sparplan zu machen. Meistens spart man mit einer durchschnittlichen Sparquote. Es ist ja nicht so, dass die meisten eine Erbschaft machen und dann investieren. Sondern Vermögen spart man an, monatlich und über einen längeren Zeitraum. Da ist der Sparplan ideal.
Roger Bootz: Es ist spannend, weil es eigentlich ein «fire and forget»-Investment ist. Man richtet sich ein und lässt es über einen längeren Zeitraum laufen.
Roger Bootz, was hat Vanguard als international tätiger Finanzkonzern dazu veranlasst, die Zusammenarbeit mit Postfinance einzugehen?
Grundsätzlich sehen wir, dass das Angebot für Privatanleger in der Schweiz faktisch noch nicht dort ist, wo wir es gerne sehen würden. Wir arbeiten in Deutschland schon über sechs Jahre mit Partnern zusammen.
Und nun möchte Vanguard ETF-Sparpläne auch in der Schweiz etablieren?
Wir glauben an unseren langfristigen Ansatz beim Investieren und das Angebot von Postfinance spiegelt die Investmentprinzipien von Vanguard wider.
Was heisst das konkret?
Erstens klare Ziele definieren: Welche Rendite will man über einen längeren Zeitraum erreichen. Zweitens: breit diversifiziert investieren. Drittens: die Kosten im Griff haben. Und viertens: diszipliniert an der Anlagestrategie festhalten und diese langfristig auch beibehalten.
Unsere Mission bei Vanguard ist es, all das zu den Privatkunden zu tragen. Dazu benötigen wir starke Partner wie Postfinance. Wir glauben beide an das Demokratisieren des Anlagemarkts. Es gilt diesen auch für die kleineren Kunden zu öffnen.
Das höre ich in letzter Zeit ziemlich häufig: «Wir wollen Anlagemöglichkeiten demokratisieren.» Das ist schönes Neudeutsch für: «Wie kann ich mit noch mehr Leuten Geld verdienen.» Ihre Motivation ist es, einen Markt zu erschliessen, um für Ihre Firma die Erträge zu generieren. Was sagen Sie dazu?
Philipp Merkt: Selbstverständlich ist es nicht falsch, wenn wir als Unternehmen Geld verdienen. Das ist eine unserer Aufgaben.
Mit Demokratisieren meinen wir, dass wir Angebote für viel mehr Leute öffnen, sodass mehr Leute investieren können. Auf lange Sicht ist es auch für jeden besser, wenn er investiert ist. Wir bieten nun eine günstige, einfache Art, dies umzusetzen.
Roger Bootz: Vanguard ist in Amerika als eine Genossenschaft aufgesetzt. Das heisst, wir sind keinem Aktionär oder Ähnlichem verpflichtet. Vanguard muss keinen Shareholder-Value generieren. Das heisst, unsere Mission ist es, die Voraussetzungen für den Endkunden zu schaffen, um einen möglichst grossen Investmenterfolg zu erzielen. Selbstverständlich muss sich ein Investor dafür entscheiden, ob er Aktien oder Obligationen investiert. Das kann er bei Vanguard mit Produkten machen, die kostengünstig sind.
Gutes Stichwort: kostengünstig. Das neue Postfinance-ETF-Angebot kostet 18 Franken Depotgebühr pro Quartal. Wenn man weiterinvestiert, wird einem das erlassen. Habe ich das richtig verstanden?
Philipp Merkt: Das ist richtig. Wie andere Institute haben wir eine Depotgebühr für unser E-Trading, in welchem wir die ETF-Sparpläne anbieten. Eigentlich ist es mehr eine Nutzungsgebühr von 18 Franken pro Quartal. Das ist im Vergleich mit anderen Angeboten sehr wenig.
Ausserdem geben wir diese 18 Franken zurück – als Trading-Credits, die man wiederum für Trades (Courtagegebühren) einsetzen kann. Wenn jemand erneut etwa in einen ETF-Sparplan investiert, hat diese Investorin, dieser Investor quasi ein kostenloses Depot.
Philipp Merkt, pro Börsenauftrag 1 Prozent des angelegten Kapitals zu verlangen, fand ich nicht besonders innovativ. Ich war kürzlich bei der Saxo Bank. Die haben einen günstigeren Ansatz gewählt. Wie sagen Sie dazu?
Hier muss man einen fairen Vergleich machen! Postfinance hat ein komplett anderes Angebot. Wir sind eine umfassende Bank, wir haben Zahlungsverkehr, wir haben Hypotheken, wir haben ein Vorsorgegeschäft, wir haben Filialen, wir haben ein Kontaktcenter. Das bedeutet auch andere Kostenstrukturen und für die Kundinnen und Kunden mehr Angebote und Services.
Postfinance ist, sagen Sie, also nicht überteuert?
Wenn wir einen durchschnittlichen ETF-Sparplan mit 200 Franken nehmen, stellen wir bei Postfinance 2 Franken an Courtagegebühren in Rechnung. Kurzum: Schon bei kleinen Beträgen sind wir attraktiv. Und für Kundinnen und Kunden ist das gut. Bei grösseren Einzelinvestments haben wir zudem ein anderes Preismodell respektive ein Stufenmodell im Einsatz und damit sind wir im Schweizer Vergleich eher günstig.
Roger Bootz, ist Ihre Produktpalette für die Postfinance ausgebaut oder angepasst worden?
Wir haben unsere Produktpalette nicht ausgebaut. Unsere Produkte sind sehr breit diversifiziert und kostengünstig. Zudem verfügen sie auch über die nötige Grösse. Ein Beispiel ist etwa ein globales Aktienprodukt, das bei der Postfinance auch bespart werden kann. Dieser Fonds umfasst eine Marktkapitalisierung von über 20 Milliarden US-Dollar. Das heisst, es sind grosse Produkte, die auch ein gewisses Vertrauen schaffen für die Anlegerinnen und Anleger.
Was bietet das für Vorteile?
Dass das Produkt nicht schnell wieder geschlossen wird. Was andernorts vorkommt. Unser Ansatz bei Vanguard ist es, möglichst breit zu diversifizieren, möglichst global zu diversifizieren. Die Postfinance bietet nun fünf unserer Produkte an.
Ich habe mir die Zahlen aufgeschrieben: Die Produkte umfassen rund 3985 Titel in Industrieländern und 24 Schwellenländern. Das diversifizierte Obligationenportfolio umfasst ungefähr 11’700 Obligationen. Das sind Produkte, die bereits etabliert sind, die aber historisch gesehen von unabhängigen Vermögensverwaltern gekauft wurden – übrigens gern auch direkt von Banken im Rahmen ihrer Angebote im Bereich Diskretions- und Portfolio-Management.
Nun verkaufen Sie diese Produkte offenbar neu auch an Endkunden. Was hat Sie zu diesem Schritt veranlasst?
Die Postfinance-Partnerschaft ist ein Schritt in die Demokratisierung des Anlegens zu den Privatkunden. Wir sind ein sehr klarer Verfechter von indexorientierten Anlagen. Dort liefern wir, was wir versprechen: eine gute Rendite abzüglich tiefer Gebühren.
Welches Potenzial sehen Sie?
Wir sehen grosses Potenzial in der Schweiz, gerade weil andere Anlageinstrumente teuer sind. Bis Ende 2028 wird das Wachstum bei verwalteten Vermögen zirka 25 Prozent betragen.
Und wie gesagt. Wir sind hier in der Schweiz zehn Jahre hinter der Entwicklung in anderen Märkten. Nun fangen wir hierzulande an.
Philipp Merkt, was sagen Sie dazu, dass Vanguard nun ETFs breit zugänglich macht? Ist das Angebot exklusiv für Postfinance?
Das Angebot ist nicht exklusiv. Aber wir sind froh, dass wir mit Vanguard einen Partner haben, der jahrelange Erfahrung hat, ein grosser Player ist und ähnliche Werte hat. Gemeinsam wollen wir den Markt in der Schweiz erobern.
1 Kommentar
Um Gottes Willen, was will die Postfinance an dem immer mehr reduzierten Postfiliale Netzwerk noch alles verkaufen und anbieten.
Die Angestellten sind ja bereits mit dem erst kürzlich eingeführten Service von Western Union heillos überfordert und benötigen verglichen mit den SBB zehnmal länger um das System zu bedienen, mit dem Resultat, dass dann die Geldübermittlung doch nicht ausgeführt werden kann.
Während dieser Zeit, bildet sich in dem mit nur noch zwei bedienten Schaltern bestückten Postamt eine dermaßen grosse, genervte, aggressive Menschen Ansammlung von wartenden Kunden mit Wünschen für das Kerngeschäft der Post, so dass dies für die Postangestellte/den Postangestellten und den Geld überweisenden Kunden zum absoluten Stress am Schalter wird, zumal in dieser Umgebung jeder im Postamt von den Kundenwünschen bzw. den nicht zu erfüllenden Überweisungswünschen Kenntnis erhält.
Nun soll diese Situation auch noch auf EFT's ausgeweitet werden!
Bravo Postfinance, da hat in der Chefetage wirklich wieder ein Gremium von Bürotischtätern ohne die effektive Struktur des Betriebes abzuklären, eine Entscheidung getroffen und Grund von hohem Gewinnpotential.
Die Schlange der wartenden anderen Kunden wird in Zukunft bis auf die Straße reichen, zumindest bekommen diese wartenden Kunden nicht mit was am Schalter abgeht!