Herr Lang, ich möchte mit etwas Aktuellem beginnen: Kürzlich wurde bekannt, dass die Pensionskasse Abendrot bei Inyova als Investor einsteigt. Ein wichtiges Signal für Sie als Fintech. War das schon lange in Planung?

Nein, es war nicht lange in Planung, und es war nicht so, dass wir Jahre darauf hingearbeitet haben. Wir kennen Abendrot schon lange, weil wir die nachhaltigen Finanzplayer am Markt kennen. Und die Abendrot ihrerseits hat uns auch schon seit vielen Jahren beobachtet. Aber hätten wir vor einem Jahr gesprochen, hätte ich nicht gesagt, im nächsten Jahr wollen wir mit einer Pensionskasse eine Partnerschaft vereinbaren.

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Ich erwähne die Abendrot deshalb, weil durch ihre Beteiligung das Verständnis von langfristigem Anlegen bei Inyova nochmals gestärkt wird. War das der Gedanke dahinter?

Das war schon immer unser Selbstverständnis. Der Kern von Inyova lautet: Vermögensaufbau, der die Welt verbessert. Wenn der Anlagehorizont weniger als fünf Jahre ist, dann sind wir auch nicht der richtige Anbieter. Im besten Fall geht es um Jahrzehnte. Wir haben ja auch eine 3A-Lösung. Und gerade die Investment-Trends rund um die Nachhaltigkeit wirken langfristig. Die Klimakrise findet ja statt und verändert die Anforderungen an die Wirtschaft. In Zukunft werden die Unternehmen am wertvollsten sein, welche diese Umwälzung gut meistern. 

Gleichzeitig ist es natürlich ein starkes Marktsignal, wenn sich eine Pensionskasse an uns beteiligt. Wenn so ein Player an uns glaubt, dann zeigt das, was wir für eine Substanz haben, was wir für eine Expertise haben. 

Natürlich hat eine solche Beteiligung auch einen finanziellen Aspekt: Benötigen Sie denn kapitalstarke Investoren?

Unsere 2024 abgeschlossene Finanzierung brauchten wir schon noch, denn wir sind noch nicht profitabel. Wir sind mit unserem Businessplan auf Kurs in Richtung Profitabilität. Ohne den Einstieg von Abendrot hätten wir bis Ende nächsten Jahres auf jeden Fall noch nach neuen Investoren suchen müssen. Nach dieser Runde sind wir aber gut aufgestellt. Es kann daher sehr sein, dass wir nie wieder eine Finanzierungsrunde machen. Ob wir nochmal eine machen, hängt sehr davon ab, wie der Markt in zwei, drei Jahren aussieht, und wieviel Geld wir dann ins Wachstum investieren möchten. Momentan ist das Finanzierungsumfeld sehr schwierig. Vielleicht ist es dann wieder leichter.

Ist die Lust an Nachhaltigkeit im Finanzbereich denn gesunken?

Die Zeiten sind definitiv völlig anders als noch vor wenigen Jahren. Aber diese grundlegende Verschiebung in Sachen Nachhaltigkeit ändert sich nicht. Die Grunddynamik ist da unverändert. 

Was wir in den letzten vier bis fünf Jahren gesehen haben, war erst ein starker Hype zwischen 2019 und 2022 und dann eine starke Ernüchterung. Denn wir sehen, dass in den letzten zwei Jahren viele Anbieter nachhaltiger Geldanlagen wieder abgesprungen sind, weil man auch verstanden hat, dass Nachhaltigkeit mehr ist als ein grünes Blättchen neben Titeln in einem Portfolio. Nachhaltigkeit braucht Expertise, sonst schreckt sie die Anleger ab. 

Gerade in der aktuellen Marktsituation …

Was hat dort performt? Öl, Gas, Rüstung und die grossen sieben in den USA. Das heisst, nachdem die Rendite bis 2022 famos war, ist man in den letzten zwei Jahren mit einem nachhaltigen Portfolio dem Markt eher ein bisschen hinterhergehinkt. Aber das ändert nichts an den langfristig positiven Aussichten.

Könnten Sie sich vorstellen, dass eine Bank Inyova einmal integrieren wird?

Das ist gerade kein Thema. Wir haben Inyova mit einem ziemlich klaren Unternehmenszweck gegründet: Impact Investing zum grossen Thema zu machen. Wir sind ins Gelingen verliebt, und wir folgen diesem Unternehmenszweck. Es gibt aber durchaus auch Szenarien, in denen wir uns einer Bank zugänglich machen. 

Stichwort Gründung: Was hat Sie damals persönlich motiviert, Inyova zu gründen?

Ich bin viel in den Bergen, bin viel draussen – ich bin im Urlaubssemester mal ein halbes Jahr mit dem Velo nach Asien gefahren. Ich habe mir damals gesagt: Ich möchte an der Lösung der Klimakrise mitarbeiten. 

Ich habe dann investieren gelernt – ich bin eigentlich Mathematiker – denn als ich 2010 mein erstes Salär hatte, war ich konsterniert, was mir die Banken so anboten. «Was ist da mit Nachhaltigkeit?», frage ich, und das wussten sie nicht. Da kam der Gedanke, es gibt sicherlich viele Menschen, denen das so geht. 

Ich wollte meine berufliche Zeit nicht auf die Bekämpfung der Klimakrise konzentrieren und gleichzeitig mit meinem Ersparten Ölplattformen finanzieren. 

Mittlerweile bieten Banken nun ja aber auch nachhaltige Portfolios an. Wie schauen Sie auf diese Entwicklung?

Wenn Ihre Hausbank Ihnen etwas von nachhaltigen Portfolios erzählt, würde ich zuerst einmal zurückfragen, was im Portfolio drin ist? Und dann: Was ist der Unterschied zum nicht-nachhaltigen Portfolio?

Sie werden oft feststellen, dass der Unterschied ziemlich schwer zu finden ist. Bei Inyova ist das nicht so. 

Es geht schon damit los, dass die Hausbank Ihnen nicht ohne Weiteres zeigen wird, was im Portfolio drin ist. Bei uns sehen Sie das alles, und wir zählen diese Sachen auf. Bei Inyova haben Sie die Sicherheit, dass keine schwarzen Schafe drin sind. Es gibt noch nicht das perfekte Unternehmen, das wird es wahrscheinlich nie geben. Aber sie haben ein paar Firmen, die schon richtig, richtig gut sind. Wir investieren bewusst in Unternehmen, bei denen wir das Gefühl haben, sie können Teil der Lösung werden. Dort versuchen wir, Einfluss zu nehmen über Aktionärsrechte.

Transition Finance also. Etwas Derartiges haben Sie im Frühling 2024 ja bei Netflix probiert. Sie nutzten ihre Stimmrechte, um einen Missstand in der Governance anzusprechen. Warum aber tragen Sie den Gedanken nicht noch weiter und versuchen ein nicht-grünes Unternehmen grün zu machen – etwa einen Erdöl-Produzenten? Oder anders gefragt: Wo ziehen Sie die Linie?

Wir suchen die Linie noch. Aber wir überlegen uns schon sehr genau, bei welchen Unternehmen wir eine Chance haben, etwas zu bewirken, und bei welchen nicht. 

Netflix etwa ist in vielerlei Sicht ein sehr gut aufgestelltes Unternehmen. Wir haben einen Punkt bei ihnen in der Governance gesehen, bei dem wir glauben, es stellt ein völlig unnötiges Risiko dar. Das sollte Netflix korrigieren. Da haben wir angesetzt. Bei einem Erdöl-Unternehmen weiss ich nun aber nicht, wie es sein Geschäftsmodell verändern will, damit es plötzlich die Ressourcenprobleme des Planeten nicht verschlimmert, sondern verbessert. Es müsste ein anderes Unternehmen werden. 

Aber solche Unternehmen wissen ja, dass Erdöl eine endliche Ressource ist, und sie beginnen sich zu diversifizieren. Der Gedanke eines Impact Investors müsste doch sein, ein Teil davon sein zu wollen?

Wir sehen da aber zu wenig Veränderungswillen. Wir sind schon bereit, in sehr, sehr schwierige Gespräche zu gehen und selbst den Veränderungswillen zu erzeugen oder sogar zu erzwingen. Aber wir sind immer ein konstruktiver Shareholder. Wir vertreten ja Aktionärinnen und Aktionäre. Unser Ansatz lautet: Wir wollen den Wert des Unternehmens erhöhen, es fit für die Zukunft machen. Wir sind nicht Greenpeace, die vor allem den Schweinwerfer auf Missstände richtet. Natürlich brauchen wir auch Greenpeace, aber die spielen ihre Rolle und wir spielen unsere Rolle.

Inyova in Zahlen:

Gründungsjahr: 2017

Verwaltetes Vermögen: CHF 300 Millionen

Verwaltete Anlage-Portfolios: 12’500

Verbreitungsgebiet/abgedeckte Region: Schweiz, Deutschland

Rechtsform: AG

Was ist an Ihrem Unternehmen im Vergleich zu anderen speziell?

Gute Rendite, echte Nachhaltigkeit und Schweizer Qualität – glaubwürdig und einfach zu nutzen.

Wurde Ihre Anklage von Netflix gehört?

Nein, die haben uns eher abgewiegelt. Wir haben das auch nicht so gut gemacht. Wir haben ein Shareholder-Proposal gestellt, das wurde dann bei der Generalversammlung zur Abstimmung gestellt. Doch leider haben wir verschiedene Themen gleichzeitig vorgeschlagen, und das war zu viel auf einmal. 

Wir haben es zum ersten Mal gemacht. Wir haben dazugelernt, das nächste Mal wird es anders. 

Ein schönes Stichwort für den Jahreswechsel. Lassen Sie mich diesbezüglich noch auf 2025 blicken: Amerika bekommt eine neue Regierung. Deutschland wählt ebenfalls bald. Haben Sie Angst, dass konservative Regierungen gegen die grüne Welle arbeiten?

Schauen Sie, was mit der Flut in Spanien passiert ist, fragen sie französische Energiekonzerne oder deutsche Autobauer. Der Klimawandel hat jetzt schon reale wirtschaftliche Folgen. Dieser Druck wird noch massiv zunehmen mit mehr Wetterphänomenen, mit mehr Wasserknappheiten, mit mehr Dürren und so weiter. Das findet statt, egal, wer in der Regierung ist. Zum anderen: Viele Technologien, wie die erneuerbaren Energien, brauchen die Politik nicht mehr. 

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Karin Bosshard, Chefredaktorin von HZ Banking, und ihr Bankenexpertenteam liefern Ihnen die Hintergründe zu Themen, welche die Schweizer Bankenszene bewegen. Jeden Tag (werktäglich) in Ihrem E-Mail-Postfach. Jetzt anmelden!
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