Es wird zunächst entscheiden, ob ein früher am Verfahren beteiligter Staatsanwalt befangen war. Die Anwälte von Seith und der beiden ebenfalls beschuldigten früheren Bankangestellten forderten an der Verhandlung am Montag in Zürich nicht zum ersten Mal die Einstellung des Verfahrens. Sie warfen dem Staatsanwalt, der das Verfahren zu Beginn der Untersuchung vor mehr als zehn Jahren führte, Befangenheit vor. Das Gericht zog sich zur Beratung zurück, die Verhandlung wird am Donnerstag fortgesetzt.

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Der Fall war vor rund drei Jahren erstmals vor dem Zürcher Obergericht verhandelt worden. Das Gericht bejahte damals den Anschein der Befangenheit des damaligen Staatsanwalts und wollte das Verfahren an die Staatsanwaltschaft zurückweisen. Das Bundesgericht hob diesen Entscheid jedoch auf, weshalb der Fall nun erneut vor dem Obergericht verhandelt wird.

Staatsanwaltschaft weist Befangenheitsvorwürfe zurück

Der Vertreter der Staatsanwaltschaft wies am Montag Befangenheitsvorwürfe gegen den ehemals zuständigen Staatsanwalt zurück. Seith könne sich auch nicht auf die Schutzrechte berufen, die Whistleblowern zustehen. "Seith ist kein Whistleblower, er hat als Anwalt Dokumente von der Gegenseite gekauft", so der Staatsanwalt.

Seith werden Wirtschaftsspionage und Verstösse gegen das Bankengesetz vorgeworfen, weil er sich interne Dokumente der Bank J. Safra Sarasin beschafft und an deutsche Ermittler weitergegeben haben soll.

In der Anklageschrift vom März 2018 fordert die Staatsanwaltschaft für Seith eine Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren. Für die beiden Mitangeklagten wurden Freiheitsstrafen in ähnlicher Höhe beantragt.

Das Bezirksgericht Zürich sprach Seith und einen der beiden Mitbeschuldigten im April 2019 vom Vorwurf der Wirtschaftsspionage frei. Sie wurden der Anstiftung zum mehrfachen Vergehen gegen das Bankengesetz schuldig gesprochen und mit bedingten Geldstrafen bestraft.

Milliardenschaden durch Steuertrick

Die Dokumente, um die es in dem Verfahren geht, haben zur Aufklärung des Cum-Ex-Skandals beigetragen. Durch Cum-Ex-Geschäfte ist dem deutschen Staat ein Schaden in Milliardenhöhe entstanden. Rund um den Dividendenstichtag schoben Anleger Aktien mit ("cum") und ohne ("ex") Ausschüttungsanspruch zwischen mehreren Beteiligten hin und her.

Am Ende wusste der Fiskus nicht mehr, wem die Papiere eigentlich gehörten. Deutsche Finanzämter erstatteten so Verrechnungssteuern, die nie bezahlt worden waren.

Auch die Schweizer Bank J. Safra Sarasin hatte ihren Kunden solche Finanzprodukte verkauft. Einer von Sarasins Kunden war der deutsche Drogeriekönig Erwin Müller. Er verlor Millionen, als der Sarasin-Fonds zusammenbrach.

Müller warf der Bank vor, ihn falsch beraten zu haben und verklagte sie mit Hilfe seines Anwalts Eckart Seith und internen Bankunterlagen aus der Schweiz auf Schadenersatz.

Das Landgericht Ulm gab ihm schliesslich Recht. Es verurteilte die Bank 2017 zu 45 Millionen Euro Schadenersatz. (sda/hzb/pg)

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