Die allgemeine Lebenszufriedenheit ist in der Schweiz gemäss einer Studie hoch. Armut, Arbeitslosigkeit und andere Formen der Ausgrenzung beeinträchtigen allerdings das persönliche Wohlbefinden. Daran gewöhne sich auch niemand. Zu diesem Schluss kommt der Sozialbericht 2016.

Die Schweizer Bevölkerung ist zufrieden mit ihrem Leben, positive Gefühle überwiegen, und die grosse Mehrheit empfindet ihr Leben als sinnvoll und selbstbestimmt. Das sind die Resultate aus dem Sozialbericht 2016, den das Schweizer Kompetenzzentrum Sozialwissenschaften (FORS) am Dienstag vor den Medien in Bern präsentiert hat.

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Druck zum Glücklichsein

Allerdings sei bei den Umfrageergebnissen Vorsicht geboten, sagte Dominique Joye, Professor für Soziologie an der Universität Lausanne und einer der Herausgeber des Berichts. «Es gibt einen sozialen Druck zu sagen, man sei glücklich.» Dennoch böten die Ergebnisse interessante Erkenntnisse.

Der Bericht hat die subjektive Befindlichkeit der Schweizer Bevölkerung untersucht. Dabei geht es um die Zufriedenheit innerhalb verschiedener Lebensbereiche wie Beruf, Familie und Freizeit sowie den Freuden und Sorgen. Dazu wurden verschiedene nationale und internationale Datenbanken ausgewertet.

An Armut und Ausgrenzung gewöhnt man sich nicht

Der Bericht zeigt, dass das Wohlbefinden ernsthaft beeinträchtigt wird, wenn Menschen Ausgrenzung erfahren. Dies sei der Fall, wenn sie aus dem Bildungssystem oder dem Arbeitsmarkt herausfielen oder weil die finanzielle Situation in die Armut führe, sagte Franziska Ehrler, die den Sozialbericht redaktionell betreute.

So sind Arbeitslose, invaliditätsbedingt Pensionierte und Arme deutlich weniger zufrieden mit ihrem Leben. Das bleibt über die Jahre gleich: An Armut und Ausgrenzung gewöhne man sich nicht, heisst es im Bericht.

Heirat mit kurzzeitigem Effekt

Generell sehr zufrieden ist die Schweizer Bevölkerung mit dem Bildungssystem, der Arbeit und den Arbeitsbedingungen. Zwar machen sich Menschen mit einem hohen Einkommen erwartungsgemäss weniger Sorgen. Aber ihre allgemeine Lebenszufriedenheit ist nicht höher als jene von Menschen mit einem etwas geringeren Einkommen.

Als tendenziell zufriedener sehen sich Menschen in einer Partnerbeziehung. Lebensereignisse wie die Heirat oder die Geburt des ersten Kindes steigerten die Lebenszufriedenheit aber nur kurzfristig. «Die Vorfreude scheint die schönste Freude zu sein», sagte Pasqualina Perrig-Chiello, Mitherausgeberin und Professorin für Psychologie an der Universität Bern.

Im Alter steigt die finanzielle Zufriedenheit

Das weitaus tiefste Wohlbefinden haben getrennte Menschen. Übergangsphasen schienen das Wohlbefinden am stärksten zu beeinträchtigen, heisst es im Bericht.

Im Laufe des Lebens ändere sich die Zufriedenheit mit verschiedenen Lebensbereichen: So nehme die Zufriedenheit mit der Gesundheit mit dem Alter ab und jene mit der finanziellen Situation nehme zu.

Zufrieden mit ihrer freien Zeit seien alte und junge Menschen. Weniger zufrieden seien Menschen mittleren Alters, da oft neben Beruf und Familie nicht viel freie Zeit bleibe.

Am meisten Vertrauen für Polizei

Politische Beteiligung mache nicht glücklich im eigentlichen Sinn, heisst es weiter. Aber sie scheine doch das Gefühl zu stärken, zusammen mit anderen etwas aktiv und bewusst bewegen zu können und dadurch das Wohlbefinden zu erhöhen. Allerdings beurteilten Schweizerinnen und Schweizer ihren eigenen politischen Einfluss als eher gering.

Vertrauen hat die Bevölkerung in ihre politische Institutionen. Dem Parlament werde dabei stärker vertraut als den Parteien und den einzelnen Politikerinnen und Politikern, heisst es dazu im Bericht. Das höchste Vertrauen aller staatlichen Institutionen geniesst die Polizei.

(sda/jfr)