Sie haben Frauen im Topmanagement in Frankreich, Deutschland, Russland, China und Japan eng begleitet und ihren Karriereweg erfasst. Wo steht die Schweiz im Vergleich?
Bettina Al-Sadik-Lowinski: Die Schweiz ist am ehesten mit Deutschland vergleichbar. Es gibt Fortschritte, aber der Kern der Rolle der Frau wird in der Familie gesehen. Frauen, die Karriere machen wollen, bewegen sich im Spannungsfeld zwischen der gesellschaftlich tradierten Rolle und der neuen, ungewohnten Rolle der weiblichen Topmanagerin. Dieses Problem haben zum Beispiel Chinesinnen und Russinnen in den Wirtschaftsmetropolen nicht. Es ist dort viel selbstverständlicher, dass Frauen im C-Level präsent sind. Für Frauen gibt es dort viel mehr Vorbilder in Topführungspositionen.
In der Schweiz ist die Mehrheit der Absolventinnen an den Universitäten weiblich. Trotzdem quer durch die Branchen das Bild: Mit jeder Karrierestufe nimmt der Frauenanteil ab. Warum?
Auch in Russland und in China schliessen die Frauen heute zum grossen Teil die Universität besser als Männer ab, hier schlägt sich die Pipeline an weiblichen Topkräften aber besser in den Konzernspitzen nieder. In Frankreich ist ein hoher Frauenanteil bis ins mittlere Management weitverbreitet, der Bruch folgt ab Ebene CEO und Geschäftsleitung. Hier hat sich die Glasdecke nach oben verschoben, aber sie existiert noch. Die Gründe dafür sind komplex. Was ich Ihnen benennen kann, sind die Faktoren, die alle Topmanagerinnen einen, die es nach oben geschafft haben.