Sportliche Höchstleistungen sind das Thema dieses Sommers. Ob an der Euro 08 oder bei den Olympischen Spielen: Erneut werden wir fasziniert sein vom Schweiss auf den Gesichtern und von der Tatsache, dass der Wille stärker sein kann als Schmerz und Erschöpfung.

Die «Saison» der Höchstleistungen wird dieser Tage in Thun eröffnet, am Swiss Economic Forum zu diesem Thema. Gäste wie der fünfmalige Olympiagewinner im Schwimmen John Naber oder Rudy Giuliani bauen dabei Brücken zwischen Wirtschaft, Sport und Politik. Der Swiss Economic Award 2008 geht einmal mehr an herausragende Jungunternehmerinnen und Jungunternehmer, die der Zukunft ihren Stempel aufdrücken werden.

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Der Anlass bestätigt erneut: Höchstleistung hat immer ein Gesicht. Sie hat eine Geschichte. Sie ist das Ziel und das Werk einer Person, die den Willen dafür aufgebracht hat. Die das richtige Umfeld gesucht, gefunden oder sich selber geschaffen hat.

Erfolgsrezepte für Unternehmer können uns deshalb nur mässig interessieren. Eine beliebige Formel X des Bestsellerautors Y hört sich meistens einfach an. Meist verliert sie ihren Zauber, wenn sie im Alltag umgesetzt werden soll. Lehrreicher sind aus meiner Sicht direkte Begegnungen mit Topleuten. Drei Faktoren fallen mir immer wieder besonders auf:

Erstens die persönliche Einstellung und die Motivation. Beides kann nur individuell erarbeitet werden. Leidenschaft, Ehrgeiz und Enthusiasmus beschreiben mentale Ressourcen aus dem Innersten einer Person. Deshalb kann es ohne Freiheit keine Höchstleistung geben. «Asiatische» Methoden des Drills sollten wir nicht schlechtmachen aus Überheblichkeit und Neid. Trotzdem: Sie sind nur ein Mittel zum Zweck. Sie sagen nichts darüber aus, ob die mit ihnen verfolgten Ziele auch erstrebenswert sind.

Ob jemand mit emotionaler Intelligenz Konflikte lösen kann; ob er mit Organisations- und Führungstalent finanzielle Gewinne erwirtschaften oder mit der puren Kraft seiner Arme und Beine Olympiamedaillen erwirbt: Die Frage, wofür es sich lohnt, sein Leben einzusetzen, kann nur individuell entschieden werden.

Zweitens spielen körperliche Fitness und andere Formen physischen Wohlbefindens eine entscheidende Rolle. Stressbewältigung ist immer auch eine Frage von Bewegung und Entspannung. Was dem einen die Marathonteilnahme, ist dem anderen der Fischgang auf einem frühmorgendlichen See und dem Dritten das Rosenbeet in seinem Garten.

Drittens ist Höchstleistung nicht ohne ein geeignetes Umfeld zu haben. Dass Förderung durch Forderung geschieht, wissen wir inzwischen gut. Dass Förderung aber unabdingbar ist, wenn Höchstleistungen erwartet werden, ist das kleine Einmaleins, das heute vor allem in Sport und Schule breit angewendet wird.

Weshalb hat die Wirtschaft gerade diese Lektion bisher nicht in allen Bereichen gelernt? Immerhin: Die Lehrlingsförderung im dualen Berufsbildungssystem bildet eine Grundlage der Volkswirtschaft und hat ungeheure Integrationsleistungen erbracht. Jetzt müsste es gelingen, das kleine Einmaleins des Forderns und Förderns auch zur Integration leistungswilliger Frauen, zur Umsetzung von Innovationen und zur Ausbildung interdisziplinärer Exzellenz einzusetzen.

Das alles geht nicht ohne ein entsprechendes politisches Klima. Wenn Gesetze Neues verhindern statt ermöglichen, wenn nur Leistungsschwächere und nicht auch Leistungswillige gefördert werden, wird das Spektakuläre nicht mehr in unserem Land passieren, sondern anderswo – vielleicht eben in China.

Carolina Müller-Möhl, Politologin, ist Präsidentin der Müller-Möhl Group, Verwaltungsrätin von Nestlé und der Kühne Holding. Die Mutter eines Sohnes gehört der Leitung der Stiftung Pestalozzianum für Jugend, Bildung, Dialog an.