Gute Mode und gelungene Feste gehören für viele zur Lebensqualität. Auch für mich. In der Schweiz und besonders in Zürich besteht daran kein Mangel – zum Glück! Seit einigen Jahren vergnügen wir uns nicht nur in der vielfältigen Zürcher Kultur- und Gastronomieszene, sondern auch an «Charity-Events». Dabei verbinden wir das Angenehme mit dem Nützlichen. Was am Presseball schon immer gang und gäbe war, hat auch bei anderen Institutionen Schule gemacht. Der Swiss Red Cross Ball und der Opernhaus-Ball sind Beispiele für die wachsende Lust, durch ein rauschendes Fest zum Spenden animiert zu werden.
Auch ausländische Mega-Anlässe wie die «Tribute to Bambi»-Show oder José Carreras’ Benefizgalen zeigen das doppelte Gebot der Zeit. Es besteht zum einen darin, Hilfe für Opfer von Aids, Krebs, Hunger und Naturkatastrophen zu leisten, zum andern, die Not von Bedürftigen überhaupt erst bekannt zu machen, bevor das Hilfsgeld fliessen kann. «Attention based charity» heisst das Erfolgsrezept. Und natürlich ist nichts dagegen einzuwenden – falls sich der Aufwand für Fernsehkameras, rote Teppiche, Cüpli und Ballroben auch wirklich durch grosse Spendenbeträge rechtfertigt.
Leider ist das nicht immer der Fall. Besonders kritisch wird es, wenn die Beträge, die geladene Gäste für ihre Abendkleider ausgeben, höher sind als die Summe, die für Tickets und Spendenlose gezahlt wird. Dann stellt sich die Frage nach Aufwand, Ertrag und Wirksamkeit dieser Art des Spendens. Zwar kann «attention based charity» Not lindern, Künstler fördern, Entwicklungshilfe leisten – vor allem dann, wenn die Anlässe dazu genutzt werden, durch Informationen über den Zweck längere Spendenbeziehungen anzubahnen.
Aber ebenso klar ist, dass daneben auch andere Formen genutzt werden sollten, Goodwill und Vermögen für eine gemeinnützige Sache einzusetzen. Es gibt inzwischen sogar besonders clevere Formen dafür. Sie haben dazu geführt, dass der private Sektor gegenüber dem Sozialwesen und der Entwicklungshilfe des Staates in letzter Zeit so wichtig geworden ist.
Ein Beispiel sind Mikrokredite. Dieses effiziente und wirkungsvolle Rezept ist bei uns eher spät bekannt geworden, dies vor allem durch das Uno-Jahr des Mikrokredits und die Verleihung von Nobelpreis und Max-Schmidheiny-Freiheitspreis an den indischen Wirtschaftsprofessor und Grameen-Bank-Gründer Muhammad Yunus. Mikrofinanzinstitute vergeben Kredite über selbst organisierte Netzwerke an Arme. Sie tun es zu Zinsen und gegen Sicherheiten, die normale Banken nicht bieten beziehungsweise akzeptieren könnten. Kreditnehmer sind in den häufigsten Fällen Frauen. Die Erfolge geben den Promotoren wie Yunus oder auch der Dariu Foundation in Vietnam recht. Die hohen Rückzahlungsquoten von fast 99 Prozent entsprächen der Bonitätsstufe AA! Hunderte von Millionen Menschen fanden dank den Krediten den Ausweg aus dem Teufelskreis der Armut. Und wenn man bedenkt, dass etwa in Afrika nach wie vor gut 90 Prozent der Bedürftigen von Mikrofinanzkrediten ausgeschlossen sind, wird auch das immense Wachstumspotenzial dieses Sektors sichtbar.
Ein anderes Beispiel ist die Möglichkeit des Spendens von Zeit und Fachwissen. Auch hier gibt es Organisationen wie das Swisscontact Senior Expert Corps, das durch die Vermittlung von beratenden Fachexperten für die Zukunft eine Bresche schlägt. Denn sie haben eine Form von Charity entwickelt, die nicht verpufft – ja die sich langfristig für alle Beteiligten sogar auszahlen kann. Denn eines ist klar: Eine solidarische Welt braucht Menschen, die ihre Existenz auf Eigeninitiativen aufbauen. Und Eigeninitiativen rufen nach unserem privaten Engagement. Dies nicht nur wegen der grossen Privatvermögen, die in den letzten Jahrzehnten aufgebaut wurden. Sondern auch wegen der Botschaft, die so wichtig ist wie wohl nie zuvor: Geld allein hilft wenig, wenn es nicht durch Menschen genutzt wird, die gute Ideen entwickelt und den Wert von Eigenverantwortung erkannt haben.