Frauen bilden die Mehrheit in der Wissensgesellschaft. Fast überall auf der Welt schliessen mehr Frauen ein Universitätsstudium ab als Männer. In den USA und Europa sind sechzig Prozent der Hochschulabgänger Frauen. Trotzdem sind in den Unternehmen auf Führungsebene Frauen weiter deutlich unterrepräsentiert. In Deutschland oder Australien ist die Anzahl der Frauen in Toppositionen sogar rückläufig. In Japan finden sich aus kulturellen Gründen gar keine Frauen in Aufsichtsgremien. In der Schweiz betrug der Anteil der weiblichen VR-Mitglieder der hundert grössten kotierten Gesellschaften 2006 magere 6,7 Prozent. Damit liegen wir weit unter dem europäischen Durchschnitt. Erfolgreich sind die nordischen Länder, in denen gezielte Massnahmen die Möglichkeiten eines Aufstiegs von Frauen unterstützen. Am bekanntesten ist das norwegische Modell mit seiner Auflage, mindestens vierzig Prozent Frauen in staatlichen und börsennotierten Unternehmen zu beschäftigen. Es wurde vom früheren konservativen Wirtschafts-minister Gabrielsen eingeführt. Freiwillige Selbstverpflichtung bringt nichts. Soll die Zahl der Verwaltungsrätinnen und Topmanagerinnen nicht auf bescheidenem Niveau stagnieren, braucht es eine verpflichtende gesetzliche Regelung. Wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel in Deutschland sagt, dass sie für mehr Frauen in Aufsichtsräten sei, aber gegen Quotenvorgaben, klingt das fast höhnisch. Die Frage muss erlaubt sein, wie dieses Ziel erreicht werden soll, wenn alle bisherigen Instrumente nichts gefruchtet haben. Die Erfahrungen zeigen, dass es nicht reicht, auf freiwillige Massnahmen zu setzen. Mehr Frauen in Verwaltungsräten zu fordern, ist kein Frauenthema, keine Frage von Ethik oder Gleichberechtigung, es geht auch nicht darum, ob man damit Männer erschreckt. Mehr Frauen in führenden Positionen zu fordern, ist ein Wirtschaftsthema. Die Wirtschaft braucht Frauen. Wir müssen dieses Potenzial nutzen. Frauen sind ein Schlüssel für nachhaltiges Wirtschaftswachstum. Ansonsten werden wir viele Chancen verpassen. Frauen repräsentieren die Hälfte der Gesellschaft, die Hälfte der Konsumenten. Frauen treffen achtzig Prozent der Konsumentscheidungen. Zwar können heute einige Firmen inzwischen eine Frau im Verwaltungsrat vorweisen – Imagegründe mögen leider immer noch eine Rolle spielen –, eine Frau alleine macht aber noch keinen Sommer. Untersuchungen belegen, dass es eine starke Verknüpfung gibt zwischen der Organisation eines Unternehmens (wie weiblich oder wie männlich sie ist) und seiner Fähigkeit, relevante Marketingtools für Konsumenten zu entwickeln. Dass Unternehmen mit mehr Frauen in Führungspositionen besser performen hinsichtlich Organisation und Innovation sowie eine höhere Rendite erzielen.

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Voraussetzung dafür sind drei oder mehr Frauen im Verwaltungsrat. Die Welt verändert sich. Manager und Unternehmen tun es nicht und sind weiter in traditionellen Denkmustern gefangen. Es fehlt an Instrumenten, aber auch am Willen der Wirtschaft, Dinge zu verändern. Geschäftsleitungen und Räte können es sich aber nicht länger leisten, nur Kandidaten mit ähnlichen Profilen zu berufen, die einander in Geschlecht, Alter und Laufbahn gleichen. «More of the same» bringt keine neuen Ansätze. Es braucht männliche Persönlichkeiten, bekannte Unternehmen, die das Thema aktiv angehen und «Gender Balance» sowie «Diversity» als strategischen Imperativ implementieren. Es braucht die Einsicht, dass Frauen neue Sichtweisen, erweitertes Verständnis für Märkte, Konsumenten und Kunden und damit neue strategische Impulse einbringen.

Catherine Mühlemann war Geschäftsführerin bei MTV Networks in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Sie sitzt u.a. im Swisscom-VR und lebt in Berlin.