China dürfte auf der Sorgen-Liste von Janet Yellen nach unten rutschen. Als die Federal Reserve im September von der ersten Zinserhöhung seit 2006 absah, verwies die Vorsitzende der US- Notenbank nicht zuletzt auf zunehmende Sorgen über die Marktturbulenzen in China. «Ein Grossteil unseres Augenmerks lag auf den Risiken um China», sagte sie auf der Pressekonferenz nach der Entscheidung.

Zu der Zeit bemühte sich die chinesische Führung, die Auswirkungen des Einbruchs am Aktienmarkt und der überraschenden Abwertung des Yuan in den Griff zu bekommen. Die Kursverluste vernichteten 5 Milliarden Dollar an Marktwert und die Yuan-Abwertung führte zu einer Kapitalflucht. Die Turbulenzen erschütterten globale Investoren und die Schwellenländermärkte. Die Besorgnis wuchs, dass China eine weitere Abschwächung beim Weltwirtschaftswachstum auslösen werde.

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Chinas Märkte haben sich beruhigt

Das war damals. Inzwischen haben sich die Märkte in China beruhigt, während chinesische Konjunkturindikatoren gemischt ausgefallen sind. Die Börse in Schanghai wandelte sich vom Bären zum Bullen. Die Sorgen über den Kapitalabfluss haben sich gelegt und die chinesische Währung hat seit dem Vierjahrestief im August mehr als ein Prozent zugelegt.

Die Yuan-Gewinne haben dazu beigetragen, Sorgen zu besänftigen, dass China einen Abwertungswettlauf anzettelt, um seine Exporte zu beleben - alles mit dem Ziel, das Wachstumsziel von rund sieben Prozent für das Jahr zu erreichen.

Risiken schwinden

«Die Risiken für den China-Ausblick, so wie Yellen und die Fed sie wahrgenommen haben, sind in den letzten beiden Monaten definitiv gesunken», sagt Louis Kuijs, Leiter Volkswirtschaft Asien bei Oxford Economics in Hongkong. Er war zuvor für die Weltbank tätig.

Da könnte Freude aufkommen bei Yellen und ihren Fed- Kollegen. Sie nähern sich der letzten Sitzung in diesem Jahr, die am 15. und 16. Dezember stattfinden wird. Yellen hat von einer «echten Möglichkeit» für eine Zinsanhebung zu diesem Termin gesprochen. Zinsfutures signalisieren eine Wahrscheinlichkeit von 68 Prozent dafür.

Und es sind nicht nur die Märkte, die sich in China stabilisieren. Auch die Verbraucher bieten der Abschwächung in der Industrie die Stirn. Daten vom Mittwoch zeigen, dass der Einzelhandelsumsatz im Oktober so stark zugenommen hat wie noch nie in diesem Jahr.

Grosse Umstrukturierung

Der Zuwachs auf der Konsumseite ist wichtig, denn die Regierung möchte die Abhängigkeit von kreditfinanzierten Investitionen und der Schwerindustrie verringern.

«China befindet sich mitten in einem bedeutenden Übergang zu einer von Konsum - und Dienstleistungen getriebenen Volkswirtschaft, wird dabei aber nicht umkippen, wie einige Experten meinen», sagt Andrew Sheng, Fellow am Asia Global Institute in Hongkong. Er war zuvor für die Hong Kong Monetary Authority und Malaysias Zentralbank tätig.

Gleichwohl sind die Sorgen um China nicht verschwunden. Zwar lag das Wirtschaftswachstum im dritten Quartal bei 6,9 Prozent. Doch die zugrundeliegenden Indikatoren zeigen ein schwächeres Bild. Die Industrieproduktion wuchs so gering wie seit der globalen Finanzkrise nicht mehr und die Anlageinvestitionen legten dieses Jahr mit dem geringsten Tempo seit dem Jahr 2000 zu, wie aus Daten vom Mittwoch hervorgeht.

US-Verbindungen

Doch zumindest vorerst dürfte die Schwäche angesichts der veränderten Lage an den Märkten nicht ausreichen, um Yellen zu beunruhigen. China spielt unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zwar eine Rolle für die Vereinigten Staaten - das Land ist kurz davor, Kanada als grössten Handelspartner der USA zu überholen. Aber die US-Exporte ins Reich der Mitte machen nur gerade mal ein Prozent der jährlichen Volkswirtschaftsleistung aus.

Zudem signalisiert die chinesische Führung, dass sie weiterhin ein relativ starkes Wirtschaftswachstum in der weltweit zweitgrössten Volkswirtschaft sicherstellen will. Präsident Xi Jinping erklärte am 3. November, das durchschnittliche jährliche Wachstum solle in den nächsten fünf Jahren nicht unter 6,5 Prozent liegen. Das mag in den Augen mancher Ökonomen ambitioniert erscheinen. Aber es unterstreicht die Absichten der Regierung.

Für die Weltwirtschaft bedeutet dies, dass die Befürchtungen, China stehe in naher Zukunft eine «harte Landung» bevor, übertrieben sein dürften, sagt Leon Berkelmans, Direktor am Lowy Institute for International Policy in Sydney und früher Ökonom bei der Fed und der australischen Notenbank: «Selbst wenn China derzeit sehr krank ist, wäre es etwas Positives, dass es keine Ansteckung gibt.»

(bloomberg/ccr)