Die zufriedensten Soziologiestudenten in Genf, die besten naturwissenschaftlichen Studieninhalte an der Universität Neuenburg; für angehende Ingenieure ist die EPF Lausanne die attraktivste Hochschule: Die Universitäten im Welschland haben jene in der Deutschschweiz abgehängt – die Studenten stellen den Hochschulen in der Romandie die besseren Noten aus.
Das ist ein Ergebnis des diesjährigen Hochschulrankings, das die Genfer Organisation SwissUp zum zweiten Mal durchgeführt hat und die BILANZ in der Deutschschweiz exklusiv veröffentlicht. Punktsieger ist die Romandie zum Beispiel in den Wirtschaftswissenschaften. Zwar ist die Uni St. Gallen auf den ersten Platz in einer Reihe von Kriterien abonniert, doch im ersten Drittel dominieren welsche Universitäten: Lausanne, Freiburg und Neuenburg liegen vorn. Auch die Università della Svizzera italiana in Lugano rangiert bei einigen Kriterien im vorderen Mittelfeld. Von den besten Wertungen in allen untersuchten Disziplinen entfallen etwa doppelt so viele auf Hochschulen in der Romandie wie auf jene in der Deutschschweiz.
Die Gründe sind nicht ganz klar. «Es könnte damit zu tun haben, dass im Welschland die meisten Studiengänge strukturierter sind als in der Deutschschweiz», sagt Sami Kanaan, der SwissUp bei der Planung der Hochschulstudie beraten hat. «Für einige ist das eine eher einschränkende Sache, aber es scheint sich positiv auf die Zufriedenheit der Studenten auszuwirken.» Vor allem auf die Studienzeit hat die stärkere Verschulung der welschen Studiengänge eine durchaus positive Auswirkung. Sie ist kürzer als im Rest den Landes.
Die Erfolgsstorys im Welschland lassen sich auf Reformen zurückführen, denn in Sachen Organisation des Studiums ist bei den Unis einiges in Bewegung geraten. Paradebeispiel ist die Medizinische Fakultät der Universität Genf. In den wichtigsten Kategorien landete sie auf dem ersten Platz.
«Wir freuen uns über das gute Abschneiden», sagt Peter M. Suter, Dekan der Fakultät. «Es zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.» Den Erfolg führt der Chirurg, der neben seiner Aufgabe als Dekan auch noch Chefarzt der Chirugischen Intensivstation ist, auf eine grundlegende Reform des Studiengangs Medizin zurück.
Anfang der Neunzigerjahre war einigen Medizinern klar geworden, dass die herkömmliche Ausbildung zum Arzt den Anforderungen nicht mehr genügte. Die Genfer machten sich auf die Suche nach den besten Studienangeboten und Lehrmethoden für angehende Mediziner. Studiengänge in den USA, Kanada, den Niederlanden und Deutschland wurden unter die Lupe genommen. «Man hat nach einem zukunftsweisenden System gesucht», so Suter. Und damit wurde der Grundstein der Erfolgsgeschichte der Medizinischen Fakultät in der Gunst der Studierenden gelegt. In den späten Neunzigerjahren wurde der gesamte Studiengang umgekrempelt und zukunftstauglich gemacht. Er kommt jetzt den Bedürfnissen der Studierenden nach einer umfassenden und praxisnahen Ausbildung entgegen.
«Um das gegenwärtige Niveau der Fakultät zu erreichen, mussten die pädagogischen Fähigkeiten der Professoren und Lehrbeauftragten um die Methoden des Problem-based Learning – das ist die Basis des reformierten Medizinstudiums – erweitert werden», erläutert Suter. Problemfelder stehen im Mittelpunkt: Wurden herkömmlich zum Beispiel im Anatomieunterricht zunächst die Organe durchgenommen und den Studierenden irgendwann später ihre Funktion und zu einem anderen Zeitpunkt ihre Erkrankungen vermittelt, wird in Genf versucht, diese verschiedenen Aspekte zum gleichen Zeitpunkt zu behandeln. Die Folge: Der Unterricht wird für die angehenden Ärzte viel interessanter, und die Zufriedenheit steigt.
Natürlich haben auch an den Universitäten längst die bewährten Führungsinstrumente aus der Wirtschaft Eingang gefunden. Ohne Evaluation läuft auch in Genf nichts mehr: Die medizinische Fakultät beurteilt die Qualität der Forschung durch ein transparentes, objektives System. Wer am besten forscht, bekommt auch mehr Geld. Die Topteams werden gezielt gefördert. Forschungsmittel stehen nicht mehr nach einem hergebrachten Verteilschlüssel im Budget, sondern werden nach Qualitätskriterien vergeben.
«Der Erfolg unserer Fakultät wurde bestimmt auch dadurch möglich, dass sie über eine gewisse Eigenverantwortung und Autonomie in der Verwaltung des ihr zukommenden staatlichen Budgets verfügt», so Suter. Obwohl das Budget in den letzten zehn Jahren um 10 Prozent gesunken ist und 18 Prozent der Stellen gestrichen wurden, konnten die Genfer Mediziner eine Qualitätssteigerung erzielen. Ein bemerkenswertes Ergebnis. Dies war auch deshalb möglich, weil die Fakultät auf weniger wichtige Fachbereiche verzichtet hat, um die Kräfte zu konzentrieren.
Auch in der Deutschschweiz gibt es einige Überraschungen. So hat es beispielsweise die Universität Luzern, eine der kleinsten im Lande, immerhin geschafft, sich in Jus in der Spitzengruppe zu positionieren. Was die Studieninhalte anbetrifft, hat die Zentralschweizer Hochschule den renommierten Kollegen aus St. Gallen in diesem Jahr sogar den Rang abgelaufen. Allerdings gibt es dieses Jahr auch die ewigen Sieger wieder: In einigen Bereichen gibt es unter den Schweizer Hochschulen die unbestrittenen Stars. In der Architektur belegt die ETH Zürich von sechs möglichen Bestplatzierungen fünfmal den ersten Platz und landet einmal auf dem zweiten Platz. Dass die Universität St. Gallen in den Wirtschaftswissenschaften und in Jus bei den meisten Kriterien die anderen Hochschulen hinter sich lässt, überrascht auch nicht.
«In den meisten Fällen ist ein gutes Abschneiden mit Bewegung in den Unis erklärbar», sagt Madeleine von Holzen, CEO von SwissUp. Und was Veränderungen betrifft, tut sich eine ganze Menge in der Schweizer Hochschullandschaft. Stillstand gibt es nicht mehr. In den Unis selber ist längst ein Reformprozess in Gang gekommen, der in Zeiten immer knapper werdender Mittel dafür sorgen soll, dass die Qualität erhalten bleibt oder gesteigert werden kann. Vor allem die Studenten selbst haben die Universitäten als wichtige Kundengruppe ausgemacht. Befragungen über die Qualität von Vorlesungen und Evaluationen von Seminaren gehören mittlerweile zum Standard in den Hochschulen. Und aus den Ergebnissen werden Konsequenzen gezogen: «Wir schauen sehr genau, wo wir Dinge verbessern können», erklärt Ulrich Gäbler, Rektor der Universität Basel «Konkurrenz, aber auch Zusammenarbeit».
Um die Effizienz zu steigern, setzen die Hochschulen mittlerweile vermehrt auf Kooperation. So wollen etwa ETH Zürich und die Uni Zürich in Sachen Mikrobiologie verstärkt zusammenarbeiten. Eine Kooperation in der Pharmakologie gibt es zwischen Basel und Zürich. Im SwissUp-Ranking schlagen sich solche Ansätze denn auch als Erfolge nieder. An der Universität Basel hat sich die Eröffnung des neuen Pharmakologischen Instituts bezahlt gemacht: Die Basler belegen in diesem Bereich Spitzenplätze. Auch gute Leistungen von Newcomern in der Schweizer Hochschullandschaft werden mit dem Hochschulranking publik gemacht. Die Università della Svizzera italiana liegt in Sachen Betreuung in den Wirtschaftswissenschaften ganz vorne.
Für Universitäten können die Ergebnisse hilfreich sein. Denn ein schlechtes Abschneiden zeigt Handlungsbedarf an. So rangiert die Uni Basel etwa in Jus im hinteren Mittelfeld. Weder die Studieninhalte noch die Betreuung, noch das Umfeld werden von den Studierenden goutiert. Dieses Ergebnis kommt nicht überraschend. «In der juristischen Fakultät fehlt es schlicht und einfach an Geld», so Gäbler. Ohne eine Aufstockung der Mittel könne man auch nicht ohne weiteres eine Verbesserung der Situation erreichen.
Vor allem in den Geisteswissenschaften macht sich in den letzten Jahren die Studentenflut bemerkbar: Die Betreuung wird schlechter, weil immer mehr junge Leute in die Unis drängen. Damit haben vor allem die grossen Universitäten zu kämpfen. Naturgemäss wird bei ihnen die Betreuung von den Studenten als nur wenig zufrieden stellend empfunden. Das ist die Chance für die kleinen Hochschulen. Da laufen die Kleinen wie beispielsweise Freiburg und Neuenburg in der Informatik den Grossen wie der EPF Lausanne oder der ETH Zürich den Rang ab.
Für die Schweiz ist die vergleichende Bewertung von Universitäten neu. Bislang standen die Verantwortlichen Ranglisten eher ablehnend gegenüber. Stattdessen haben sie versucht, durch die vergleichende Evaluation von Fachbereichen Aufschlüsse über die Stärken und Schwächen ihrer Hochschulen zu erhalten. Die Resultate dienten hauptsächlich als Führungsinstrumente, um Anspruch und Wirklichkeit in Forschung und Lehre näher zusammenzubringen und die Schulen strategisch auszurichten.
Zweifel an der Nützlichkeit von allgemeinen Universitätsrankings für Studierende meldet etwa Xavier Comtesse von Avenir Suisse in Genf an. Der Hochschulexperte war an der Schweizer Botschaft in Washington lange Jahre für den Bereich Bildung und Wissenschaft tätig und betreut heute für die Zukunftsstiftung dieses Feld. «Bei uns gibt es einfach noch keinen funktionierenden Hochschulmarkt», sagt er. Junge Leute würden einfach zur nächstgelegenen Hochschule gehen, statt sie nach bestimmten Qualitätskriterien aussuchen, die in einem Ranking bewertet würden. In den USA sei die Situation ganz anders, meint Comtesse. Dort konkurrieren mehr als 3000 verschiedene Universitäten um die besten Studenten. Auch in der Schweiz sei es dringend notwendig, dass es zwischen den Universitäten zu einem verstärkten Wettbewerb komme. «Vorher muss allerdings die Voraussetzung geschaffen werden, dass Studenten ihre Leistungen, die sie an einer Universität erbracht haben, bei einem Wechsel an eine andere auch angerechnet bekommen», sagt Comtesse. Kurzum: Transparenz sei zwar begrüssenswert, doch sie bringe mangels Masse und Interesse nicht viel.
Dies könnte sich bald ändern, denn der Hochschulmarkt beginnt sich zu entwickeln, und die besten Studenten sind heiss umworben. Vor allem wenn sich das jetzt eingeführte System von Bachelor- und Master-Studiengängen weiter durchsetzt. Die Idee ist, dass sich Studenten mit dem ersten Abschluss, dem Bachelor, nach drei Jahren von ihrer Uni verabschieden, um an einem anderen Ort ihren Master zu machen. «Dann können Rankings wertvolle Hilfestellung geben», sagt Madeleine von Holzen.
Auf besonderes Interesse dürften denn auch die Anfängssaläre der Studierenden stossen, die SwissUp in diesem Jahr erhoben hat. Der durchschnittliche Absolvent einer Schweizer Hochschule kann mit einem Anfangssalär zwischen 5000 und 6000 Franken rechnen. «Die Zahlen sind etwas mit Vorsicht zu geniessen», sagt Madeleine von Holzen. Experten in Universitäten halten die Werte für viel zu hoch und verweisen auf andere Studien, die lediglich Anfangssaläre zwischen 4000 und 5000 Franken ermittelt haben. Das Datenmaterial von SwissUp, das vom Bundesamt für Statistik kommt, stammt aus dem Jahr 1999. «Von der Tendenz her dürfte es aber auch heute noch gültig sein.»
Je nach Fachgebiet und Uni sind die Schwankungen in den Anfangssalären gewaltig. So kam ein junger Jurist, der die Uni Neuenburg abgeschlossen hatte, auf nur 1800 Franken im Monat, während sein Kollege, der noch nicht einmal 100 Kilometer weiter östlich an der Uni Bern abgeschlossen hatte, monatlich 6485 Franken verdiente. Grosse Unterschiede finden sich auch bei den Naturwissenschaftlern: In der Chemiestadt Basel tragen die jungen Absolventen lediglich 3333 Franken pro Monat nach Hause. Fast beziehungsweise mehr als doppelt so viel streichen die Absolventen mit gleicher Ausbildung der EPF Lausanne und der Uni Zürich ein: Bei ihnen fliessen jeden Monat 6000 beziehungsweise 7000 Franken aufs Konto. Die Gründe für die Unterschiede sind unklar.
Kaum verwunderlich ist, dass die jungen Wirtschaftswissenschaftler im Vergleich zu den Kommilitonen der anderen Fachgebiete am meisten verdienen – sie können in der Regel mit mehr als 7000 Franken pro Monat rechnen. Eher überraschend hingegen ist es, dass auch die Sozial- und Geisteswissenschaftler sehr gut verdienen, stehen sie doch im Ruf, eine eher brotlose Kunst studiert zu haben: Ihre Bezüge liegen zwischen 6000 und 7000 Franken pro Monat. «Absolventen mit einem solchen Hintergrund landen sehr häufig in den grossen Unternehmungen, wo sie in den Personal- und Kommunikationsabteilungen arbeiten und entsprechend bezahlt werden», sagt Sami Kanaan. Ihre Einkünfte liegen sogar noch über denen der jungen Juristen, die sich erst mal mit schlecht bezahlten Jobs in Kanzleien begnügen müssen.
«Die Unterschiede in den Salären darf man nicht der Ausbildung an den einzelnen Universitäten zuschreiben», sagt Madeleine von Holzen. Der lokale Arbeitsmarkt spiele da die viel grössere Rolle. So könnte das relativ hohe Salär der jungen Naturwissenschaftler, die an der EPF und Universität Lausanne abgeschlossen haben, mit der grossen Anzahl von Biotech-Start-ups in Verbindung zu bringen sein, die es im Gebiet des Genfersees gibt.
Gross sind auch die Unterschiede, die es in der Zeit bis zum ersten Job nach dem Studium gibt: Nur elf Prozent der Wirtschaftswissenschaftler, die an der Uni Freiburg abgeschlossen haben, bezogen innerhalb von vier Monaten nach dem Studium den ersten Lohn. Jeweils knapp über 60 Prozent der jungen Natur- und Sozialwissenschaftler der Universitäten Genf respektive Bern waren innert kurzer Zeit in Lohn und Brot. Im Schnitt traten deutlich weniger als 50 Prozent der Absolventen rasch eine Stelle an. Das hat wahrscheinlich weniger mit einem Mangel an Arbeitsplätzen als mit einem gesteigerten Bedürfnis nach einer Auszeit zu tun.
Wäre tatsächlich ein Arbeitsplatzmangel die Ursache, dürften die Anfangssaläre nicht so hoch sein. Statt ins Büro, in die Kanzlei oder das Labor verschwinden junge Schweizer Akademiker wahrscheinlich erst einmal für ein paar Monate nach Australien.
Wie die Uni-Bewertung entstanden ist
Das ist ein Ergebnis des diesjährigen Hochschulrankings, das die Genfer Organisation SwissUp zum zweiten Mal durchgeführt hat und die BILANZ in der Deutschschweiz exklusiv veröffentlicht. Punktsieger ist die Romandie zum Beispiel in den Wirtschaftswissenschaften. Zwar ist die Uni St. Gallen auf den ersten Platz in einer Reihe von Kriterien abonniert, doch im ersten Drittel dominieren welsche Universitäten: Lausanne, Freiburg und Neuenburg liegen vorn. Auch die Università della Svizzera italiana in Lugano rangiert bei einigen Kriterien im vorderen Mittelfeld. Von den besten Wertungen in allen untersuchten Disziplinen entfallen etwa doppelt so viele auf Hochschulen in der Romandie wie auf jene in der Deutschschweiz.
Die Gründe sind nicht ganz klar. «Es könnte damit zu tun haben, dass im Welschland die meisten Studiengänge strukturierter sind als in der Deutschschweiz», sagt Sami Kanaan, der SwissUp bei der Planung der Hochschulstudie beraten hat. «Für einige ist das eine eher einschränkende Sache, aber es scheint sich positiv auf die Zufriedenheit der Studenten auszuwirken.» Vor allem auf die Studienzeit hat die stärkere Verschulung der welschen Studiengänge eine durchaus positive Auswirkung. Sie ist kürzer als im Rest den Landes.
Die Erfolgsstorys im Welschland lassen sich auf Reformen zurückführen, denn in Sachen Organisation des Studiums ist bei den Unis einiges in Bewegung geraten. Paradebeispiel ist die Medizinische Fakultät der Universität Genf. In den wichtigsten Kategorien landete sie auf dem ersten Platz.
«Wir freuen uns über das gute Abschneiden», sagt Peter M. Suter, Dekan der Fakultät. «Es zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.» Den Erfolg führt der Chirurg, der neben seiner Aufgabe als Dekan auch noch Chefarzt der Chirugischen Intensivstation ist, auf eine grundlegende Reform des Studiengangs Medizin zurück.
Anfang der Neunzigerjahre war einigen Medizinern klar geworden, dass die herkömmliche Ausbildung zum Arzt den Anforderungen nicht mehr genügte. Die Genfer machten sich auf die Suche nach den besten Studienangeboten und Lehrmethoden für angehende Mediziner. Studiengänge in den USA, Kanada, den Niederlanden und Deutschland wurden unter die Lupe genommen. «Man hat nach einem zukunftsweisenden System gesucht», so Suter. Und damit wurde der Grundstein der Erfolgsgeschichte der Medizinischen Fakultät in der Gunst der Studierenden gelegt. In den späten Neunzigerjahren wurde der gesamte Studiengang umgekrempelt und zukunftstauglich gemacht. Er kommt jetzt den Bedürfnissen der Studierenden nach einer umfassenden und praxisnahen Ausbildung entgegen.
«Um das gegenwärtige Niveau der Fakultät zu erreichen, mussten die pädagogischen Fähigkeiten der Professoren und Lehrbeauftragten um die Methoden des Problem-based Learning – das ist die Basis des reformierten Medizinstudiums – erweitert werden», erläutert Suter. Problemfelder stehen im Mittelpunkt: Wurden herkömmlich zum Beispiel im Anatomieunterricht zunächst die Organe durchgenommen und den Studierenden irgendwann später ihre Funktion und zu einem anderen Zeitpunkt ihre Erkrankungen vermittelt, wird in Genf versucht, diese verschiedenen Aspekte zum gleichen Zeitpunkt zu behandeln. Die Folge: Der Unterricht wird für die angehenden Ärzte viel interessanter, und die Zufriedenheit steigt.
Natürlich haben auch an den Universitäten längst die bewährten Führungsinstrumente aus der Wirtschaft Eingang gefunden. Ohne Evaluation läuft auch in Genf nichts mehr: Die medizinische Fakultät beurteilt die Qualität der Forschung durch ein transparentes, objektives System. Wer am besten forscht, bekommt auch mehr Geld. Die Topteams werden gezielt gefördert. Forschungsmittel stehen nicht mehr nach einem hergebrachten Verteilschlüssel im Budget, sondern werden nach Qualitätskriterien vergeben.
«Der Erfolg unserer Fakultät wurde bestimmt auch dadurch möglich, dass sie über eine gewisse Eigenverantwortung und Autonomie in der Verwaltung des ihr zukommenden staatlichen Budgets verfügt», so Suter. Obwohl das Budget in den letzten zehn Jahren um 10 Prozent gesunken ist und 18 Prozent der Stellen gestrichen wurden, konnten die Genfer Mediziner eine Qualitätssteigerung erzielen. Ein bemerkenswertes Ergebnis. Dies war auch deshalb möglich, weil die Fakultät auf weniger wichtige Fachbereiche verzichtet hat, um die Kräfte zu konzentrieren.
Auch in der Deutschschweiz gibt es einige Überraschungen. So hat es beispielsweise die Universität Luzern, eine der kleinsten im Lande, immerhin geschafft, sich in Jus in der Spitzengruppe zu positionieren. Was die Studieninhalte anbetrifft, hat die Zentralschweizer Hochschule den renommierten Kollegen aus St. Gallen in diesem Jahr sogar den Rang abgelaufen. Allerdings gibt es dieses Jahr auch die ewigen Sieger wieder: In einigen Bereichen gibt es unter den Schweizer Hochschulen die unbestrittenen Stars. In der Architektur belegt die ETH Zürich von sechs möglichen Bestplatzierungen fünfmal den ersten Platz und landet einmal auf dem zweiten Platz. Dass die Universität St. Gallen in den Wirtschaftswissenschaften und in Jus bei den meisten Kriterien die anderen Hochschulen hinter sich lässt, überrascht auch nicht.
«In den meisten Fällen ist ein gutes Abschneiden mit Bewegung in den Unis erklärbar», sagt Madeleine von Holzen, CEO von SwissUp. Und was Veränderungen betrifft, tut sich eine ganze Menge in der Schweizer Hochschullandschaft. Stillstand gibt es nicht mehr. In den Unis selber ist längst ein Reformprozess in Gang gekommen, der in Zeiten immer knapper werdender Mittel dafür sorgen soll, dass die Qualität erhalten bleibt oder gesteigert werden kann. Vor allem die Studenten selbst haben die Universitäten als wichtige Kundengruppe ausgemacht. Befragungen über die Qualität von Vorlesungen und Evaluationen von Seminaren gehören mittlerweile zum Standard in den Hochschulen. Und aus den Ergebnissen werden Konsequenzen gezogen: «Wir schauen sehr genau, wo wir Dinge verbessern können», erklärt Ulrich Gäbler, Rektor der Universität Basel «Konkurrenz, aber auch Zusammenarbeit».
Um die Effizienz zu steigern, setzen die Hochschulen mittlerweile vermehrt auf Kooperation. So wollen etwa ETH Zürich und die Uni Zürich in Sachen Mikrobiologie verstärkt zusammenarbeiten. Eine Kooperation in der Pharmakologie gibt es zwischen Basel und Zürich. Im SwissUp-Ranking schlagen sich solche Ansätze denn auch als Erfolge nieder. An der Universität Basel hat sich die Eröffnung des neuen Pharmakologischen Instituts bezahlt gemacht: Die Basler belegen in diesem Bereich Spitzenplätze. Auch gute Leistungen von Newcomern in der Schweizer Hochschullandschaft werden mit dem Hochschulranking publik gemacht. Die Università della Svizzera italiana liegt in Sachen Betreuung in den Wirtschaftswissenschaften ganz vorne.
Für Universitäten können die Ergebnisse hilfreich sein. Denn ein schlechtes Abschneiden zeigt Handlungsbedarf an. So rangiert die Uni Basel etwa in Jus im hinteren Mittelfeld. Weder die Studieninhalte noch die Betreuung, noch das Umfeld werden von den Studierenden goutiert. Dieses Ergebnis kommt nicht überraschend. «In der juristischen Fakultät fehlt es schlicht und einfach an Geld», so Gäbler. Ohne eine Aufstockung der Mittel könne man auch nicht ohne weiteres eine Verbesserung der Situation erreichen.
Vor allem in den Geisteswissenschaften macht sich in den letzten Jahren die Studentenflut bemerkbar: Die Betreuung wird schlechter, weil immer mehr junge Leute in die Unis drängen. Damit haben vor allem die grossen Universitäten zu kämpfen. Naturgemäss wird bei ihnen die Betreuung von den Studenten als nur wenig zufrieden stellend empfunden. Das ist die Chance für die kleinen Hochschulen. Da laufen die Kleinen wie beispielsweise Freiburg und Neuenburg in der Informatik den Grossen wie der EPF Lausanne oder der ETH Zürich den Rang ab.
Für die Schweiz ist die vergleichende Bewertung von Universitäten neu. Bislang standen die Verantwortlichen Ranglisten eher ablehnend gegenüber. Stattdessen haben sie versucht, durch die vergleichende Evaluation von Fachbereichen Aufschlüsse über die Stärken und Schwächen ihrer Hochschulen zu erhalten. Die Resultate dienten hauptsächlich als Führungsinstrumente, um Anspruch und Wirklichkeit in Forschung und Lehre näher zusammenzubringen und die Schulen strategisch auszurichten.
Zweifel an der Nützlichkeit von allgemeinen Universitätsrankings für Studierende meldet etwa Xavier Comtesse von Avenir Suisse in Genf an. Der Hochschulexperte war an der Schweizer Botschaft in Washington lange Jahre für den Bereich Bildung und Wissenschaft tätig und betreut heute für die Zukunftsstiftung dieses Feld. «Bei uns gibt es einfach noch keinen funktionierenden Hochschulmarkt», sagt er. Junge Leute würden einfach zur nächstgelegenen Hochschule gehen, statt sie nach bestimmten Qualitätskriterien aussuchen, die in einem Ranking bewertet würden. In den USA sei die Situation ganz anders, meint Comtesse. Dort konkurrieren mehr als 3000 verschiedene Universitäten um die besten Studenten. Auch in der Schweiz sei es dringend notwendig, dass es zwischen den Universitäten zu einem verstärkten Wettbewerb komme. «Vorher muss allerdings die Voraussetzung geschaffen werden, dass Studenten ihre Leistungen, die sie an einer Universität erbracht haben, bei einem Wechsel an eine andere auch angerechnet bekommen», sagt Comtesse. Kurzum: Transparenz sei zwar begrüssenswert, doch sie bringe mangels Masse und Interesse nicht viel.
Dies könnte sich bald ändern, denn der Hochschulmarkt beginnt sich zu entwickeln, und die besten Studenten sind heiss umworben. Vor allem wenn sich das jetzt eingeführte System von Bachelor- und Master-Studiengängen weiter durchsetzt. Die Idee ist, dass sich Studenten mit dem ersten Abschluss, dem Bachelor, nach drei Jahren von ihrer Uni verabschieden, um an einem anderen Ort ihren Master zu machen. «Dann können Rankings wertvolle Hilfestellung geben», sagt Madeleine von Holzen.
Auf besonderes Interesse dürften denn auch die Anfängssaläre der Studierenden stossen, die SwissUp in diesem Jahr erhoben hat. Der durchschnittliche Absolvent einer Schweizer Hochschule kann mit einem Anfangssalär zwischen 5000 und 6000 Franken rechnen. «Die Zahlen sind etwas mit Vorsicht zu geniessen», sagt Madeleine von Holzen. Experten in Universitäten halten die Werte für viel zu hoch und verweisen auf andere Studien, die lediglich Anfangssaläre zwischen 4000 und 5000 Franken ermittelt haben. Das Datenmaterial von SwissUp, das vom Bundesamt für Statistik kommt, stammt aus dem Jahr 1999. «Von der Tendenz her dürfte es aber auch heute noch gültig sein.»
Je nach Fachgebiet und Uni sind die Schwankungen in den Anfangssalären gewaltig. So kam ein junger Jurist, der die Uni Neuenburg abgeschlossen hatte, auf nur 1800 Franken im Monat, während sein Kollege, der noch nicht einmal 100 Kilometer weiter östlich an der Uni Bern abgeschlossen hatte, monatlich 6485 Franken verdiente. Grosse Unterschiede finden sich auch bei den Naturwissenschaftlern: In der Chemiestadt Basel tragen die jungen Absolventen lediglich 3333 Franken pro Monat nach Hause. Fast beziehungsweise mehr als doppelt so viel streichen die Absolventen mit gleicher Ausbildung der EPF Lausanne und der Uni Zürich ein: Bei ihnen fliessen jeden Monat 6000 beziehungsweise 7000 Franken aufs Konto. Die Gründe für die Unterschiede sind unklar.
Kaum verwunderlich ist, dass die jungen Wirtschaftswissenschaftler im Vergleich zu den Kommilitonen der anderen Fachgebiete am meisten verdienen – sie können in der Regel mit mehr als 7000 Franken pro Monat rechnen. Eher überraschend hingegen ist es, dass auch die Sozial- und Geisteswissenschaftler sehr gut verdienen, stehen sie doch im Ruf, eine eher brotlose Kunst studiert zu haben: Ihre Bezüge liegen zwischen 6000 und 7000 Franken pro Monat. «Absolventen mit einem solchen Hintergrund landen sehr häufig in den grossen Unternehmungen, wo sie in den Personal- und Kommunikationsabteilungen arbeiten und entsprechend bezahlt werden», sagt Sami Kanaan. Ihre Einkünfte liegen sogar noch über denen der jungen Juristen, die sich erst mal mit schlecht bezahlten Jobs in Kanzleien begnügen müssen.
«Die Unterschiede in den Salären darf man nicht der Ausbildung an den einzelnen Universitäten zuschreiben», sagt Madeleine von Holzen. Der lokale Arbeitsmarkt spiele da die viel grössere Rolle. So könnte das relativ hohe Salär der jungen Naturwissenschaftler, die an der EPF und Universität Lausanne abgeschlossen haben, mit der grossen Anzahl von Biotech-Start-ups in Verbindung zu bringen sein, die es im Gebiet des Genfersees gibt.
Gross sind auch die Unterschiede, die es in der Zeit bis zum ersten Job nach dem Studium gibt: Nur elf Prozent der Wirtschaftswissenschaftler, die an der Uni Freiburg abgeschlossen haben, bezogen innerhalb von vier Monaten nach dem Studium den ersten Lohn. Jeweils knapp über 60 Prozent der jungen Natur- und Sozialwissenschaftler der Universitäten Genf respektive Bern waren innert kurzer Zeit in Lohn und Brot. Im Schnitt traten deutlich weniger als 50 Prozent der Absolventen rasch eine Stelle an. Das hat wahrscheinlich weniger mit einem Mangel an Arbeitsplätzen als mit einem gesteigerten Bedürfnis nach einer Auszeit zu tun.
Wäre tatsächlich ein Arbeitsplatzmangel die Ursache, dürften die Anfangssaläre nicht so hoch sein. Statt ins Büro, in die Kanzlei oder das Labor verschwinden junge Schweizer Akademiker wahrscheinlich erst einmal für ein paar Monate nach Australien.
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