Wenn Verhandlungspartner bis in die Nacht über einem Vertrag brüten, liegt das meistens daran, dass die Interessen nur schwer ins Gleichgewicht zu bringen sind. Anders ist die Lage jedoch bei so genannten Netting-Agreements. Das sind Verträge, die es Banken erlauben, periodisch ihre Forderungen aus Derivategeschäften gegeneinander aufzurechnen. Hier werden keine Interessengegensätze austariert; die Herausforderung liegt vielmehr darin, die hochkomplexen Verträge möglichst schnell über die Bühne zu bringen. Der Grund: Der Derivatehandel ruht nie. Transaktionen finden auch während der Verhandlungen statt, und wenn in einer solchen vertragslosen Phase ein Partner in Konkurs gehen würde, gäbe es rechtlich gesehen keine Möglichkeit, die verschiedenen Positionen zu einer Forderung zusammenzufassen. Das kann zu erheblichen Schwierigkeiten für die beteiligten Banken führen, denn die Summen, um die es geht, sind enorm.

Kein Wunder, bissen die Banken sofort an, als Toralf Dittmann ihnen mit seiner 1996 gegründeten Framesoft anbot, eine Software zu entwickeln, die Erstellung, Verhandlung und Verwaltung solcher Agreements unterstützt. Das Tool sollte die Vertragsbestandteile parametrisieren und Änderungen in allen anderen Modulen automatisch nachführen. «Heute brauchen unsere Kunden statt mehrerer Monate nur noch wenige Wochen, um die Verträge auszuhandeln», bringt der gelernte Physiker Dittmann den Nutzen seiner Lösung auf den Punkt. Zudem werden die Verträge auf einem Framesoft-Server abgelegt und sind übers Internet allen Parteien zugänglich.

Mittelfristig will Dittmann seine Software auch auf die Bedürfnisse anderer Branchen zuschneiden. Vorderhand jedoch werden die bestehenden Kundenkontakte ausgenutzt, um die Produktpalette für Finanzdienstleister abzurunden. Wobei die Grundlage jeder Standardsoftware ein Kundenprojekt ist. «Davon profitieren beide Seiten», erläutert Dittmann, «der Kunde bekommt eine kostengünstige massgeschneiderte Applikation mit regelmässigen Updates und wir das notwendige Know-how in Finanzfragen».

Zudem sorgt dieses Modell von Anfang an für Einkünfte und bei der Framesoft sogar für tiefschwarze Zahlen: Im Jahr 2000 verdoppelte das Start-up mit 60 Mitarbeitern seinen Umsatz auf 15 Millionen Franken und erzielte einen Reingewinn von 2,5 Millionen. Wegen des stürmischen Wachstums planten Dittmann und Wolfgang Raum, CEO seit 1999, das IPO bereits für dieses Jahr. Doch die Flaute an den Finanzmärkten zwang zur Verschiebung des Termins. Stattdessen schalteten Dittmann und Raum eine Private-Equity-Runde ein. Diese brachte Framesoft nicht nur finanzielle Ressourcen, sondern auch viel Vertrauenskapital ein. Denn mit Rudolf Maag, dem Gründer und ehemaligen Konzernchef der Synthes-Stratec, wurde ein Investor und aktiver Verwaltungsrat mit internationaler Ausstrahlung gewonnen.
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