Nicht einmal 10'000 Einwohner zählt Jackson. Doch in diesen Tagen wird die Kleinstadt in der Einöde von Wyoming zum Austragungsort für das wichtigste jährliche Treffen der internationalen Zentralbanker. Alle grossen Strategen der globalen Geldpolitik reisen in das beschauliche Städtchen: Die Fed-Chefin Janet Yellen wird ebenso erwartet wie ihr europäischer Amtskollege Mario Draghi. Auch Thomas Jordan wird in Wyoming weilen.

Der Präsident der Schweizerischen Nationalbank wird jedoch weder einen Vortrag halten noch als Teilnehmer einer Diskussionsrunde auftreten. Die Bühne ist offenbar nur den Einflussreichsten der Zunft vorbehalten. Jenen, die den Kurs der Weltwirtschaft mit ihrer Geldpolitik beruhigen oder aus den Angeln heben können.

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Kernthema in Jackson Hole ist der Arbeitsmarkt

In Jackson Hole wird sich in diesem Jahr vieles um die Frage drehen, wann die grossen Notenbanken die Zinswende einläuten. Mit Spannung wird die Rede von Yellen erwartet. Die Chefin der US-Zentralbank ist vorbereitet, das Kernthema der Konferenz ist dieses Jahr dem Arbeitsmarkt gewidmet. Auf diesem Gebiet ist die 68-Jährige ausgewiesene Expertin.

Das Titelthema der Konferenz, «Re-evaluating Labour Market Dynamics», kommt nicht von ungefähr: Die USA und Grossbritannien sehen sich derzeit einem schwer zu entschlüsselndem Paradoxon gegenüber. Einerseits befindet sich die Arbeitslosenquote in beiden Ländern im Sinkflug. Zuletzt lag sie in den USA nur noch bei 6,2 Prozent. Damit ist die grösste Volkswirtschaft der Welt eigentlich auf dem Weg in Richtung Vollbeschäftigung, wie es vor der Finanzkrise der Fall war.

Löhne in angelsächsischen Ländern steigen trotz Erholung kaum

Doch die Löhne steigen in den angelsächsischen Volkswirtschaften der Welt kaum. Ein Erklärungsversuch dafür ist, dass die nackte Quote über ein schwerwiegendes Problem hinwegtäuscht. Dass immer mehr Arbeitslose sich resigniert vom Jobmarkt abwenden und deshalb aus der Statistik fallen. Das schönt die Arbeitslosenquote. Zudem droht sich das Problem der Langzeitarbeitslosigkeit sowohl in den USA als auch in Grossbritannien zu verschärfen.

Erst vergangene Woche sagte Mark Carney, Chef der britischen Zentralbank, dass die britische Wirtschaft eine niedrigere Arbeitslosigkeit ohne Inflationsdruck verkrafte. Das deutet auf strukturelle Veränderungen hin. Zuletzt sank die Quote der Jobsuchenden auf den tiefsten Stand seit 2008. Im Klartext heisst das: Obwohl der Kanadier für die Inselwirtschaft bis Ende Jahr mit einer Arbeitslosigkeit von weniger als sechs Prozent rechnet, dürften die Löhne erst 2015 markant steigen.

Geldpolitik bleibt vorerst expansiv

Nicht zuletzt wegen dieser Aussagen rechnen viele Investoren an den Finanzmärkten inzwischen damit, dass die Bank of England erst im Frühjahr kommenden Jahres mit der Zinswende beginnt. Noch vor Kurzem hatte man eine erste Zinserhöhung teilweise für Ende 2014 veranschlagt.

So rechnen denn einige Beobachter damit, dass auch Fed-Chefin Yellen in ihrer Rede die strukturellen Probleme am Jobmarkt herausstreichen wird. Ihr Pendant Mario Draghi wäre wohl froh, wenn er angesichts einer noch immer zweistelligen Arbeitslosenquote in der Eurozone ebenfalls über eine baldige Zinswende nachdenken könnte: Zuletzt stagnierte die Euro-Wirtschaft, die Inflation ist selbst in der vermeintlich starken deutschen Volkswirtschaft auf dem tiefsten Stand seit Anfang 2010.

Thomas Jordan wird Mario Draghi sehr gut zuhören

Deshalb stehen die Zeichen eher auf eine weitere Lockerung der Geldpolitik in der Eurozone – möglicherweise noch in diesem Jahr. Entsprechend aufmerksam dürfte SNB-Chef Jordan Draghis Rede in Jackson Hole verfolgen. Die schweizerische Politik ist bekanntlich spätestens seit der Wechselkursgrenze unmittelbar mit jener in der Eurozone verbunden.