Der Fifa-Skandal hat die Schweiz international zum wiederholten Mal in ein schlechtes Licht gerückt. Das schreibt die in Genf stationierte BBC-Korrespondentin Imogen Foulkes in einer Analyse. «Einmal mehr verschlucken sich die Schweizer bei der Lektüre der Morgenzeitung an ihrem Müesli, weil sie von einem Finanzskandal lesen müssen, der eine Institution in der Schweiz mit einem Schweizer Chef betrifft.»
Nach dem US-Steuerstreit und den Verwicklungen um Diktatorengelder stehe die Schweiz nun wegen der Fifa am Pranger. Und dies sei vielen Bürgern gar nicht recht. Das Aufatmen im ganzen Land habe man deshalb fast schon hören können, als Sepp Blatter vor einer Woche doch noch zurücktrat.
Korruption statt Käse und Schokolade
Die Schweiz fürchte zu recht um ihr Image, glaubt Foulkes. Viele Eidgenossen hätten es satt, dass ihr Land statt für Käse und Schokolade immer wieder wegen korrupter Geschäfte in der Öffentlichkeit steht. Warum aber gerade die Schweiz so oft von derartigen Skandalen betroffen ist, dafür gibt es laut der Korrespondentin des britischen Nachrichtensenders kulturelle und historische Gründe.
Drei Traditionen waren für Foulkes im Fall Fifa ausschlaggebend. Erstens sei das Schweizer Verhältnis zum Geld bis heute von der Vergangenheit der Eidgenossen als Söldner geprägt. Über Jahrhunderte haben die Schweizer in ganz Europa für Könige und Herrscher gekämpft, immer auf der Suche nach dem Meistbietenden. Für wen sie kämpften, sei ihnen egal gewesen. «Wenn sie merkten, dass die andere Seite mehr bezahlt, wechselten sie über Nacht das Lager.»
Bankgeheimnis und lasches Vereinsrecht
Zweitens ziehe das Bankgeheimnis Korruptionsgelder an. «Dabei wurde es aus der sehr schweizerischen Überzeugung geschaffen, dass der Staat sich nicht in die finanziellen Angelegenheiten des Individuums einzumischen hat und das dem Bürger vertraut werden kann.» Bezeichnend für diese Eigenheit sei die Tatsache, dass es hierzulande als unhöflich gelte, jemanden nach dem Lohn zu fragen.
Und drittens – sowie im Fall Fifa am wichtigsten – sei das Schweizer Vereinsrecht auf die zahllosen Dorfclubs ausgerichtet und nicht auf Organisationen wie die Fifa, die aber bis vor kurzem unter das gleiche Gesetz gefallen sind. Was für Skiclubs und Wandergruppen gut sei – kaum Aufsicht, wenig finanzielle Transparenz und satte Steuererleichterungen – habe ein «gemütliches Zuhause» geschaffen, für Multi-Millionen-Organisationen, die sich als Sportverbände tarnen, so Foulkes.
Die Schweiz ändert sich langsam
All diese Traditionen in einem Topf gemischt und über ein paar Jahrhunderte konserviert, hätten der Schweiz so Milliarden eingebracht – auf Kosten des guten Rufs. Inzwischen aber mehrten sich die Anzeichen für einen Wandel. Die Festnahme der Fifa-Funktionäre im Nobelhotel zeige das ebenso wie die neuen Gesetze gegen Geldwäscherei und andere Finanzvergehen.
Doch alte Gewohnheiten liessen sich nur schwer überwinden, glaubt Foulkes. «Es bleibt eine Schweizer Gepflogenheit, nicht über Geld zu sprechen und es bleibt eine Gepflogenheit im Rest der Welt, die Schweiz, Korruption und Geld in einen Satz zu packen.» Das Schweizer Image brauche deshalb noch einiges an Politur.