Wann hebt die Federal Reserve ihren Leitzins an? Nach Jahren der Niedrigzinspolitik mit unvergleichlicher Geldschwemme halten Experten den Schritt für bald fällig. Doch die Notenbank zögert.
Wenn die Federal Reserve in Washington den kleinen Finger bewegt, kommt die ganze Finanzwelt in Schwingungen. Die mächtigste Notenbank der Welt ist das Barometer der globalen Konjunktur. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Zinspolitik der Fed.
Warum zögert die Fed solange mit einer Anhebung der Leitzinsen?
In der Tat sind viele Ökonomen der Auffassung, das ein Zinsschritt der US-Notenbank längst fällig ist. Zentralbank-Chefin Janet Yellen hatte angekündigt, noch 2016 den Weg zu einer Normalisierung einschlagen zu wollen. Dann kam die Krise an den Aktienmärkten Chinas dazwischen, viele andere Schwellenländer schwächeln ebenfalls. Auch in den USA mehren sich die Anzeichen, dass der Aufschwung nicht mehr selbsttragend sein könnte und weiter Stimulanz aus der Geldpolitik braucht, wie etwa der Ökonom Gerald O'Discroll vom Cato-Institut schreibt.
Wer wären die Verlierer einer Zinswende in den USA?
Am meisten dürften hochverschuldete Schwellenländer wie Brasilien oder auch die Türkei darunter leiden. Sowohl die Staaten, als auch private Unternehmen haben ihre Schulden in US-Dollar aufgenommen. Eine Zinsanhebung in den Vereinigten Staaten würde den Dollar im Vergleich zu anderen Währungen weiter stärken, die Schuldenlast in Relation zur Landeswährung stiege automatisch. Einfuhren, die oft in US-Dollar gehandelt werden, würden teurer. Ausserdem würden Investoren ihr Kapital tendenziell wieder eher in den USA anlegen, weil dort die Zinsen steigen. Weltbank und Internationaler Währungsfonds mahnen aus Sorge um Schwellenländer deshalb zur Vorsicht.
Warum muss die Fed überhaupt einen Zinsschritt ins Auge fassen?
Die Notenbank hat ihre Zinsen zum letzten Mal 2006 erhöht. Im Herbst 2008 senkte sie die Zinsen auf praktisch Null und liess sie seitdem dort. Zusätzlich wurden Billionen Dollar als zusätzliche Stimulanz über die sogenannte Quantitative Lockerung in die Märkte gepumpt - de facto ein Gelddrucken der Zentralbank. Dieser ungeheuren Geldschwemme müssen die Währungswächter irgendwann wieder Einhalt gebieten. Ansonsten droht auf Dauer eine Geldentwertung. Zudem steigt durch allzu billiges Geld die Gefahr von ungewollten Effekten wie etwa Preisblasen auf dem Immobilienmarkt.
Wann hat die US-Notenbank erneut die Chance zu einer Anhebung?
Die nächsten Sitzungen des für den Leitzins zuständigen Offenmarktausschusses sind im Dezember 2015 und dann wieder im März 2016. Experten in den USA gehen davon aus, dass die Fed die Zinsen in kleinen Schritten anheben wird, beginnend mit einer Steigerung um 0,25 Prozentpunkte. Dies hätte zunächst mehr Signal- als tatsächliche Wirkung und man könnte die Auswirkungen rund um den Globus zunächst einmal ganz vorsichtig ausbalancieren.
Was bedeutet eine Zinsanhebung für die Schweiz?
Die Zinsen in der Schweiz und etwa in Deutschland bleiben zunächst unangetastet. Die Europäische Geldpolitik hinkt zeitlich rund zweieinhalb Jahre hinter der US-amerikanischen her. Die Europäische Zentralbank hat ihre Politik gerade erst gelockert und pumpt monatlich bis zu 60 Milliarden Euro frisches Geld in die Märkte. Allerdings dürfte im Falle einer Anhebung in den US der Euro im Vergleich zum Dollar noch schwächer werden, könnte sogar unter die Paritätsgrenze fallen. Dies würde die Ausfuhren im Exportland Deutschland weiter verbilligen und exportierenden Unternehmen Vorteile bringen. Importe in Dollar würden dagegen teurer. Ein ähnlicher Effekt wird für die Schweiz erwartet. Denn der Dollar würde den Aufwertungsdruck vom Franken nehmen.
(sda/ccr)