Wie im Film «Matrix» einfach eine CD einlegen und schon hat unser Körper neue Fähigkeiten. Das wäre ausserordentlich praktisch. Ganz so wird die Realität vielleicht nie funktionieren. Und doch können wir unsere körperlichen und geistigen Grenzen durch den Einsatz von Technik leicht verschieben. Glaubt man den Experten und Buchautoren, wird das nächste grosse Ding auf dem Technikmarkt nämlich das sogenannte Brainhacking, also das Manipulieren des eigenen Gehirns zum Zwecke der Selbstoptimierung. Was erst mal befremdlich klingt, soll bald Standard sein, so die Auguren: In wenigen Jahren schon könnten Headsets zur Leistungssteigerung für uns so normal sein wie derzeit Smartphones.
Momentan wird vor allem in der medizinischen Forschung versucht, das Auslesen oder Steuern der Gehirnaktivität zu nutzen, um Krankheitsbilder zu erforschen oder zu behandeln. Doch auch im privaten Sektor haben sich inzwischen einige Geräte etabliert. Noch sind es Nischenprodukte, die sich auf verschiedene Anwendungsgebiete und Gehirnregionen spezialisiert haben, aber viel versprechen: von mehr Konzentration über effizientere Einübung von Bewegungsabläufen bis hin zu besserer Fitness und schnelleren Wegen zur Stressreduktion. Eine Auswahl an sich bereits auf dem Markt befindenden Headsets und deren Zukunftschancen stellen wir Ihnen vor.
PlatoWork: Fokussierter Arbeiten
Wenn Sie eigentlich arbeiten müssten, Ihnen aber in diesem Moment alles andere wichtiger erscheint, sodass es schwerfällt, dringende Aufgaben zu erledigen, gehören Sie wahrscheinlich zu den Prokrastinierern. Dagegen will Platoscience mit seinem Headset vorgehen und das Gehirn darauf konditionieren, sich nicht mehr ablenken zu lassen. Die Firma verspricht konzentrierteres Arbeiten in jedem Bereich. Erreicht werden soll das durch Neurostimulation. Winzige Stromstösse gehen vom Headset direkt ins Gehirn. Diese sollen den natürlichen Prozessen im Gehirn sehr ähnlich sein, sodass Sie beim Tragen des Headsets nicht «geschockt» werden. Das Gehirn wird dadurch eher in die fürs Arbeiten erforderliche Stimmung «gelenkt». Möchten Sie beispielsweise kreativ arbeiten, wird das Gehirn angeregt, divergent zu denken. Müssen Sie konzentriert eine Aufgabe lösen, sorgt das Headset durch die Stimulation eines anderen Bereichs für konvergentes Denken.
Kosten: ca. 470 Franken
Modius: Fit bleiben
Abnehmen, ohne eine strikte Diät zu verfolgen, soll mit dem Modius-Headset möglich sein. Daran befinden sich zwei Elektroden, die hinter den Ohren befestigt werden. Darüber gelangen elektromagnetische Impulse über die Nervenbahnen in den Hypothalamus. Studien haben gezeigt, dass die Stimulation dieses Bereichs dafür sorgt, dass der Körper weniger Hunger verspürt und gleichzeitig mehr Fett verbrennt. Anfang Jahr wurde das Headset auf der Consumer Electronics Show in Las Vegas Journalisten präsentiert. Dabei wurde klar: Jeder Mensch reagiert anders auf die Gehirnstimulation. Während einige ein starkes Kribbeln hinter den Ohren spürten, wurden andere von starkem Schwindel übermannt. Deshalb gibt es zehn unterschiedliche Intensitätsstufen für die Impulse, sodass jeder eine für sich persönlich angenehme Einstellung findet. Über einen Zeitraum von sechs Wochen sollen bereits erste Ergebnisse punkto Verlust von Körperfett spürbar sein, wenn das Headset wöchentlich etwa vier Stunden getragen wird.
Kosten: ca. 500 Franken
Muse: Ruhiger werden
Das Meditations-Headset von Muse greift nicht aktiv in unser Gehirn ein. Es misst die Gehirnaktivität per EEG während einer Meditation und hilft so, Leistung und Konzentration zu steigern. Sie verbinden Muse mit Smartphone oder Tablet, schliessen Kopfhörer an und wählen per App ein Meditationsprogramm sowie die Länge der Sitzung. Die gemessene Aktivität wird in Echtzeit als Audiofeedback übertragen. Wenn das Gehirn zu aktiv ist, hören Sie beispielsweise ein starkes Gewitter. Beruhigt sich Ihr Geist, lässt der Regen und Donner nach und Sie hören sogar sanftes Vogelgezwitscher. Durch dieses Feedback hat sich das Headset für viele zu einem sehr guten Meditationstrainer entwickelt. Vor jeder Sitzung können Sie von erfahrenen Trainern lernen, wie Sie sich bei der Meditation beruhigen und fokussieren. Regelmässiges Training mit Muse hilft unter anderem, auch im Alltag mehr Ruhe zu bewahren, konzentrierter zu arbeiten und besser schlafen zu können.
Kosten: ca. 250 Franken
Braintap: Stress reduzieren
Braintap kommt ursprünglich aus dem medizinischen Bereich und wurde bei ADHS- und Krebspatienten eingesetzt. Inzwischen gibt es viele verschiedene Anwendungsprogramme (zum Beispiel, um mit dem Rauchen aufzuhören, schneller lernen zu können, gesündere Schlafgewohnheiten zu erlangen und vieles mehr), sodass auch zunehmend Privatpersonen von der Wirkung profitieren. Das Headset wird ähnlich wie Muse während einer Meditation oder Entspannungspause getragen. Es therapiert die Augen- und Ohr-region allerdings mit Lichtimpulsen per LED. In Kombination mit Audiosignalen wird das Gehirn so in einen tiefenentspannten Zustand begleitet, die Gehirnwellen werden dabei «optimiert». Eine Sitzung dauert etwa zwanzig Minuten und soll bei regelmässiger Anwendung je nach Meditationsprogramm Erfolge sichtbar machen und zusätzlich Stress reduzieren, die emotionale Stabilität fördern, den Schlaf verbessern und die Konzentrationsfähigkeit steigern.
Kosten: ca. 547 Franken
Halo Sport; Besser trainieren
Um auf einer Geige die richtigen Töne treffen zu können, müssen die Finger in einer ganz bestimmten Haltung die Saiten drücken. Wer viel übt und diese Bewegung immer und immer wieder ausführt, wird dem Instrument angenehme Klänge entlocken können. Das Gehirn weist dabei die Muskeln an, die erforderlichen komplexen Bewegungen auszuführen. Dasselbe passiert auch beim Sport: Der perfekte Golfabschlag, Klimmzüge oder ein Ausdauerlauf werden nur möglich, wenn Gehirn und Muskeln eine Einheit bilden. Dieser Lernzustand nennt sich neuronale Plastizität. Das Halo-Sport-Headset setzt genau bei diesem Punkt an und hat nach Entwicklerangaben das Ziel, Trainingsprozesse oder musikalische Übungseinheiten effizienter und nachhaltiger zu gestalten. Leichte Stromstösse werden an den Motorkortex gesendet, sodass das Gehirn in eine Art neuronale Hyperplastizität wechselt und das Gelernte schneller speichert und wieder umsetzt.
Kosten: ca. 750 Franken