Der Anwerbetag von Emirates erinnert an eine Balletstunde. Auf den Köpfen von Dutzenden Bewerberinnen fixieren Haarnadeln jede rebellische Strähne, die vorherrschende Frisur ist der Dutt – wie ihn auch Emirates-Flugbegleiterinnen tragen. Die recht zahlreichen Männer setzen auf kurzes Haar und Anzug.

Rund 70 Kandidatinnen und Kandidaten sind an einem grauen Winter-Samstag ins Hilton Hotel am Zürcher Flughafen gekommen, um sich als Flugbegleiter zu bewerben. Mit geradem Rücken folgen sie dem Info-Video von Emirates, das Recruiterin Lubomira Lazarova zum Einstieg zeigt.

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Gross genug, um Gepäck zu heben?

Lazarova wählt in einem zweitägigen Verfahren die künftigen Flugbegleiter aus. Die Bewerber müssen zunächst demonstrieren, dass sie über 2,12 Meter greifen können (Reach-Test) – so hoch sind die Gepäckablagen im Flugzeug. Auch Englischkenntnisse und Konfliktfähigkeit werden geprüft.

Vor allem aber diskutiert Lazarova mit den Kandidaten, was eine Anstellung bei Emirates bedeutet: Alle Mitarbeiter müssen in Dubai leben. In ein anderes Land zu ziehen, «das verändert nicht nur die Karriere, sondern das Leben eines Menschen», so beschreibt es Lazarova. «Derjenige sollte bereit sein für diesen Schritt.»

Fitnesscenter und Pool inklusive

Sie fragt in die Runde, mit welchen Schwierigkeiten die Bewerber rechnen. Die Antworten kommen schnell. Die Hitze im Sommer von um die 40 Grad Celsius, fällt als erstes. Richtig, bestätigt Lazarova, gegen die brüllende Wärme seien sogar die Bushaltestellen in Dubai klimatisiert. Dann weist sie darauf hin, dass in Dubai der Monat Ramadan das öffentliche Leben zum Erliegen bringt und knappe Kleidung oder Knutschen in der Öffentlichkeit Tabu seien.

Emirates ist eine Grösse in dem arabischen Emirat: Die Airline boomt. 5000 Flugbegleiter sucht die Fluggesellschaft derzeit weltweit. 18'000 sind bereits angestellt, davon gerade einmal 200 deutschsprachige. 2014 hat Emirates den Personalbestand um 10 Prozent auf über 52'000 Mitarbeiter aufgestockt, 2015 soll die Zahl der Angestellten um weitere 6 Prozent wachsen.

«Ich dachte, ich wäre zu alt»

Die Flugbegleiter haben dabei ein komfortables Leben: Ihnen wird in Dubai ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft mit zwei Kollegen gestellt, Fitnesscenter und Pool befinden sich im Gebäude. Die Miete übernimmt ihr Arbeitgeber und müssen sie zum Flughafen, fährt sie ein Shuttle pünktlich zu Dienstbeginn dorthin. Doch der Traumberuf hat seine Schattenseiten.

Eine, die bereits für Emirates fliegt, ist Melanie Gomaa aus Basel. «Ich dachte, ich wäre zu alt dafür», sagt sie in Erinnerung an ihr Bewerbungsgespräch. Die 32-Jährige ist seit knapp drei Jahren an Bord und eine von derzeit 22 Schweizer Flugbegleiterinnen bei der arabischen Airline. «Du siehst aus wie ein Emirates-Mädchen» hatte ihr jemand gesagt, daraufhin hat sich die Hotelrezeptionistin beworben.

Seit ihrer Einstellung ist Gomaa um die Welt gejettet, vor allem auf Langstreckenflügen, und hat das Shoppen und die Restaurants in Dubai genossen. Eine Beförderung kam schnell, so wurde das Einstiegsgehalt von 4020 Dirham (rund 1000 Franken) plus Stundenlohn und Verpflegungszuschüssen schnell aufgestockt.

Die Hälfte des Gehaltes gespart

Konservativ gerechnet, verdient eine Flugbegleiterin mit Zulagen zu Beginn mehr als 8420 Dirham, das sind über 2200 Franken. Das Gehalt wird bei jeder Beförderung aufgestockt – Melanie Gomaa sagt, sie könne rund die Hälfte ihres Gehalts sparen. Mit einem steuerfreien Gehalt lockt Emirates interessierte Kandidaten. Allerdings ist gerade für junge Bewerber wichtig, die oft noch nicht ans Alter denken: In den Arabischen Emiraten gibt es kein Rentensystem.

Ein Bewerber erhält nach dem Ausscheiden aus dem Konzern eine Abfindung, deren Höhe sich nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit richtet. Mehr nicht. Während die Krankenkasse von Emirates gezahlt wird, ist die Altersvorsorge damit Privatsache.

Vertrag stets auf drei Jahre befristet

Auch ist ein fester Arbeitsvertrag nicht garantiert: Ausländer können in den Vereinigten Arabischen Emiraten grundsätzlich nur auf maximal drei Jahre eingestellt werden. Für Gomaa kommt jetzt die Zeit der Entscheidung, ob sie ihren Vertrag verlängern will. Sie wägt noch ab. Sie vermisst ihre Familie und Freunde in der Schweiz.

«Zu Hause bin ich ungefähr alle ein bis zwei Monate», sagt sie. «Manchmal während eines Layovers nehme ich mir Urlaub.» Andererseits geniesse sie das Reisen. Und Gomaa glaubt: Der Ausstieg aus dem Leben auf der Rollbahn werde immer schwieriger, je länger man dabei sei.