Wird von der viel zitierten Konzentration auf die Kernkompetenzen gesprochen, meint man in der Regel das Abstossen von Geschäftseinheiten oder den Rückbau der Fertigungstiefe. Doch mittlerweile greift der Trend auch auf den Vertrieb und den Verkauf über. Vor allem wenn es um die Bewirtschaftung der elektronischen Kanäle geht, vertrauen immer mehr Firmen auf externe Dienstleister. Rückmeldungen von Onlinekunden überlassen sie spezialisierten Dritten und befassen sich nur noch mit der Logistik hinter dem Shop. Der Grund: Nur so nebenbei lässt sich auf dem Web nichts mehr erreichen. Gerade die Kunden von E-Shops verlangen eine speditive Bedienung. Hinzu kommt, dass vor allem Firmen aus dem B2C-Geschäft Web-Dienste anbieten, die nichts mit ihrem Kerngeschäft zu tun haben. Diese müssen entwickelt und unterhalten werden.

«Für clevere Dienstleister entsteht hier ein gigantischer Markt», sagt Giacomo Rusconi (Bild). Von diesem Kuchen will sich der Gründer und CEO der Medialine Interactive Solutions ein möglichst grosses Stück sichern. Die Ausgangslage ist hervorragend: Denn der 38-jährige Rusconi betreibt seit fünf Jahren ein ebenso schnell wachsendes wie profitables Call-Center und beschäftigt 70 Personen. Zudem hat er im vergangenen Jahr rund zweieinhalb Millionen Franken in eine Multimediaplattform investiert. Der innovative Server, eine Koproduktion mit Siemens Schweiz, verarbeitet konventionelle Telefonanrufe, Fax, E-Mail, Chat sowie SMS-Botschaften und kann auch mit der Customer-Relationship-Management-Software eines E-Shop-Betreibers kommunizieren. «Damit können unsere Mitarbeiter die Kunden eines E-Shops sofort und individuell beraten», erläutert Rusconi.

Einen dritten Trumpf hält Rusconi seit der Übernahme der Business Information Services (BIS) in der Hand. Die Berner haben sich auf die Informationsbeschaffung fokussiert und helfen mit, im Kundenauftrag Zusatzservices aufzubauen, zum Beispiel Veranstaltungstipps.

«Wir werden bereits heuer zwei Drittel unseres Umsatzes mit E-Business-Dienstleistungen erzielen», ist Rusconi überzeugt. Dies mit Kunden wie PricewaterhouseCoopers oder Consors. Mittelfristig will Rusconi die Web-Services von bis zu 20 Grossfirmen betreuen – weltweit und rund um die Uhr. Das verlangt nach viel qualifiziertem Personal, weshalb sich Rusconi in der Schweiz und Deutschland nach Übernahmekandidaten umschaut: «Wir werden heuer sicher noch zwei Firmen zukaufen.»

Möglich sind solche Sprünge, weil Rusconi erstmals Venture-Capital generiert hat – seine bisherigen Investitionen bestritt er aus den Firmenerträgen sowie mit Startkapital seines Business-Angels Christoph Ringier. Im Februar hat sich die Zuger Beteiligungsfirma Invision mit einem «einstelligen Millionenbetrag» eingekauft. Jetzt plant Rusconi weitere Finanzierungsrunden. Damit aber setzt er sich auch unter Druck: «Wir müssen den Geldgebern eine realistische Exit-Chance geben.» Und das geschieht meist immer noch via IPO.
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