Wer von Berufes wegen in Geld wühlt, wenn auch nur virtuell, stellt gehobene Ansprüche an die Ambiance: Austragungsort der höheren Fachprüfung für Finanzanalytiker und Vermögensverwalter sind deshalb der Kursaal und das Hotel Victoria-Jungfrau in Interlaken. Unter Stuck und Kristalllüstern mühen sich die Kandidaten mit ihren Aufgaben ab, damit sie zu jenen zwei Dritteln gehören, die nach getaner Arbeit das eidgenössisch anerkannte Diplom entgegennehmen dürfen.

Darauf haben sie sich ein Jahr lang vorbereitet. Tagelang hörten sie sich Vorträge über Analyse und Bewertung von Aktien und Derivaten an, plagten sich mit Finanzbuchhaltung und Corporate Finance, wurden gestopft mit Lehrsätzen der Volkswirtschaft, mit Portfoliomanagement-Modellen, mit Rechts-, Steuer- und ethischen Fragen. Ein Unterricht nach alter Schule: Einer redet, 250 hören zu. Die schiere Masse verunmöglicht Unterrichtsmethoden der moderneren Art. Zudem fehlt der Zwang, etwas an der überlieferten Lehrform zu ändern: Über hundert Bewerber mussten mangels Platz abgewiesen werden.

Das Ausbildungszentrum für Experten der Kapitalanlage (Azek) in Bülach ist der einzige Anbieter, der die Kursteilnehmer auf das eidgenössische Diplom wahlweise als Finanzanalytiker und Vermögensverwalter oder als Finanz- und Anlageexperte vorbereitet. Zusätzlich im Angebot ist das Diplom als Certified International Investment Analyst (CIIA), ein Konkurrenzprodukt zum amerikanischen Chartered Financial Analyst (CFA). Dieses wiederum lässt sich am Institut für Finanzdienstleistungen in Zug erwerben, einem Ableger der Fachhochschule Zentralschweiz.

Das Azek denkt nicht daran, seine Monopolstellung als Ausbildner von Finanzanalysten mit eidgenössischer Anerkennung aufzugeben. Vor Jahren hat das Institut für Finanzmarktanalyse (Iffa) in Zürich mit Hilfe des St.-Galler Finanzprofessors Heinz Zimmermann versucht, das Azek zu konkurrenzieren. Es ist mittlerweile sang- und klanglos verschwunden. Donato Scognamiglio, Mitglied der Azek-Geschäftsleitung, sieht auch keinen Grund, sich dem Verbund von Banken und Versicherungen anzuschliessen, die ihre Fachausbildung teilweise zusammengelegt haben. Finanzanalytiker, meint er, seien denn doch ein anderes Kaliber als die Experten für Finanzplanung. Die Anforderungen sind so hoch, dass fast die Hälfte der Teilnehmer vor dem Ende der Ausbildung aufgeben, obwohl viele einen Hochschulabschluss haben. Entsprechend gut sei das Image der erfolgreichen Absolventen. In der Tat wechseln viele nach der Ausbildung den Arbeitgeber. 100 000 Franken pro Jahr sind die untere Grenze ihres Salärs. Je nach Erfahrung und Stand auf der Karriereleiter steigt es schon mal auf 150 000 bis 180 000 Franken.

Die schweizerische Kommission für Bankfachprüfungen und das Berufsbildungsverband der Versicherungswirtschaft hingegen haben sich mit anderen Interessengemeinschaften zu einem Gebilde mit dem grauenhaften Namen «Schweizerische Trägerschaft für Berufs- und höhere Fachprüfungen in Bank, Versicherung und Finanzplanung» (BVF-BAP) zusammengerauft. Dass die Finanzplaner dazugehören, ist nicht selbstverständlich. Banken und Versicherungen konnten sich lange nicht so recht vorstellen, dass die Zwitter den Ansprüchen der jeweiligen Branche genügen würden. Zudem gehörte der Zürcher Vermögensverwalter Jürg Lattmann 1995 zu den Initianten der neuen Ausbildung, ein Aussenstehender also, der sich zu allem Überfluss auch noch mit der damals neu gegründeten Höheren Wirtschafts- und Verwaltungsschule (HWV) Baden zusammengetan hatte, die als Winzling und mit neuartigen Weiterbildungsangeboten gegen die grossen Schulen in Olten und Winterthur antreten wollte.

Der Sturm hat sich mittlerweile gelegt. Obwohl sich Banken und Versicherungen in der Umsetzung der Allfinanztheorie schwer tun, schicken sie Mitarbeiter in Scharen nicht nur in die Ausbildung als Bank- und Versicherungsfachleute, sondern auch als Finanzplaner. «Für die Prüfung im Frühling 2001 haben sich 2700 Kandidaten angemeldet», sagt Matthias Stettler, Geschäftsführer der BVF-BAP und Prüfungsleiter. Jürg Lattmann, Präsident der Interessengemeinschaft Ausbildungslehrgang Finanzplaner, freut sich besonders, dass sich davon die Hälfte auf die Finanzplanung verlegten, 30 Prozent auf das Bank- und 20 Prozent auf das Versicherungsgeschäft.

Die meisten Absolventen bleiben beim Arbeitgeber, der ihnen in der Regel die Ausbildung finanziert hat. Die im Durchschnitt 28- bis 30-Jährigen mit Fachausweis kommen dann schon mal auf 80 000 bis 90 000 Franken, jene mit Diplom auch auf 100 000 Franken Salär. Das sind allerdings grobe Schätzungen. Denn mindestens so entscheidend wie die Ausbildung sind die Salärsysteme in den jeweiligen Fachbereichen, die Bonus- und Incentivezahlungen und, vor allem, die persönliche Leistung. Im Klartext: Die Lohnskala ist nach oben offen.
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