Die Staats- und Regierungschefs der Euro-Zone haben eine Pleite Griechenlands im letzten Moment abgewendet. Nach einer Marathonsitzung einigten sie sich am Montagmorgen auf die Umrisse eines neuen Hilfsprogramms der Euro-Zone. Binnen drei Jahren sollen weitere 82 bis 86 Milliarden Euro nach Athen fliessen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte, wie bisher sei die Unterstützung an umfangreiche Reformen geknüpft. Schon am Mittwoch muss das Parlament in Athen Sofortmassnahmen wie eine Mehrwertsteuer- und eine Rentenreform beschliessen. Die Privatisierung von Staatsbetrieben soll über einen Fonds unter europäischer Aufsicht abgewickelt werden. Mit einem Teil der Erlöse soll die Tragfähigkeit der Schulden verbessert werden.
17-stündiger Verhandlungsmarathon
Rund 17 Stunden feilten die Regierungschefs in Brüssel an dem Kompromiss, mit dem das Abrutschen in eine Staatspleite gestoppt werden soll. Seit Ende Januar hatte die von Links- und Rechtpopulisten getragene Regierung in Athen um die Auflagen für weitere Hilfen gerungen, nachdem seit 2010 bereits fast 240 Milliarden Euro nach Griechenland gepumpt wurden.
Formal einigte sich der Euro-Gipfel darauf, die Aufnahme neuer Verhandlungen über ein Programm des Euro-Stabilisierungs-Fonds (ESM) zu beginnen. In Deutschland muss der Bundestag dafür grünes Licht geben, voraussichtlich in einer Sondersitzung in der zweiten Wochenhälfte. «Ich kann diese Aufnahme von Verhandlungen aus voller Überzeugung empfehlen», sagte Merkel: «Die Vorteile überwiegen die Nachteile eindeutig.»
So finde sich das bisherige Grundprinzip der Euro-Stabilisierung wieder, dass Solidarität der Euro-Zone und Reformen untrennbar verbunden seien: «Dies ist gelungen, obwohl in der letzten Zeit die wichtigste Währung, nämlich das Vertrauen, doch schwer erschüttert worden ist.»
Banken werden saniert und verkauft
Neben der Umsetzung der Sofortmassnahmen muss das Parlament in Athen auch das Gipfelergebnis insgesamt anerkennen und in der kommenden Woche weiter Gesetze beschliessen, darunter die EU-Richtlinie zur Rekapitalisierung von Banken. Dies ist notwendig, weil die Banken unter der Krise erheblich gelitten haben. Sie sollen mit 25 Milliarden Euro rekapitalisiert und dann über den Privatisierungsfonds verkauft werden.
Insgesamt soll der Fonds Merkel zufolge einen Umfang von 50 Milliarden Euro haben, 12,5 Milliarden Euro davon soll die Regierung für Investitionen einsetzen können. Ein weiterer Teil soll genutzt werden, um Schulden zurückzuzahlen und damit die Staatsbilanz zu verbessern.
Offen ist noch, wie das Land bis zur Fertigstellung des Hilfsprogramms finanziell über Wasser gehalten werden kann. So steht schon kommenden Montag eine Rückzahlung von 3,5 Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank (EZB) an. Am Nachmittag wollen die Euro-Finanzminister über eine Brückenfinanzierung beraten. Auch eine Entscheidung der EZB zur Liquiditätssicherung griechischer Banken wurde erwartet.
«Wir haben eine harte Schlacht geschlagen»
Merkel sagte, sie erwäge nicht, im Bundestag die Vertrauensfrage zu stellen, um eine Mehrheit für Verhandlungen zu erreichen. Der Bundestag muss später auch einem fertig ausgearbeiteten ESM-Programm zustimmen.
Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras sagte, es sei gelungen, eine mittelfristige Finanzierung sicherzustellen und eine Umstrukturierung der Schulden zu erreichen. «Wir haben eine harte Schlacht geschlagen», sagte er und fügte mit Blick auf die Abstimmungen in Athen hinzu: «Wir stehen vor schwierigen Entscheidungen.» EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker betonte, das Land brauche Wachstum und Jobs.
(reuters/ccr)