Die Unternehmenskommunikation muss ganzheitlich angelegt sein – Werbung, Messen, Öffentlichkeitsarbeit, Mitarbeiterinformation, Lobbying usw. sind nur Teilaufgaben der Kommunikation. Weil dies die ganze Kommunikationswirtschaft erkannt hat, streben nun alle das gleiche Ziel an. Die Werbeagenturen bieten Sponsoring und Public Relations an. Die Corporate-Identity-Berater gestalten auch Inserate. Dem neuen Prospekt wird gleich ein Medienversand angehängt.

In der Praxis bedeutet dies bei den meisten Unternehmen ein Kommunikations-Chaos, wo jeder Beteiligte sich von den Erfolgen eine Scheibe abschneiden und keiner an den unvermeidlichen Misserfolgen beteiligt sein will. Daher ist es angebracht, einen obersten Informationschef heranzubilden, der Ordnung in das Chaos bringt.




Check: Wie werden Kommunikationsziele erreicht?
  • Prioritäten aufstellen.
  • Die einzelnen Kommunikationsabteilungen von Fehlentwicklungen so säubern, wie man im Frühjahr die Bäume beschneidet.
  • Unterentwickelte Kommunikationsbereiche identifizieren und Entscheide über deren Bedeutung für das Unternehmen treffen.
  • Die Qualität der Mitarbeiter in allen Kommunikationsbereichen prüfen und Massnahmen zur Verbesserung einleiten.
  • Einen Aufwand-Ertrags-Vergleich auf Grund der bisherigen Leistungen anstellen.
  • Einen dreijährigen Kommunikations-Grobplan erstellen.
  • Die dazu benötigten Mittel, im Vergleich zu denen der Konkurrenzunternehmen und ähnlich gelagerter Firmen, errechnen und beantragen.



Kommunikation als ganzheitliche Herausforderung
Eine wirkungsvolle Veränderung des Firmenimage kann nicht auf der untersten Stufe beginnen, sondern wird besser in den Bereichen Corporate Communications oder Public Affairs eingeleitet. Der Weg von oben nach unten ist erfolgversprechender als der von unten nach oben.

Die kommunikativ führenden Schweizer Firmen sind längst davon abgekommen, ausschliesslich Produkte-PR zu betreiben, sondern sie haben mittelfristige Kommunikationskonzepte aufgebaut, die dem Gesamterhalt der Firma durch vorteilhafte Imagebildung dienen.

Diese Art von Öffentlichkeitsarbeit ist nicht Manipulation der Presse, sondern ein Erfassen der Stärken und Schwächen eines Unternehmens. Die Stärken werden nach Möglichkeit betont, die Schwächen gemildert oder abgebaut.

Nur dann, wenn ein Unternehmen stufengerecht kommuniziert, werden die Kommunikationsmassnahmen ihre volle Wirkung erzielen.

Kompliziert wird die Praxis durch die Tatsache, dass sich auf den drei Aktionsebenen Interaktionen abspielen, die den Nutzen und die Wirkung des einmal beschlossenen Programms steigern sollen. Falsch angelegt, können sie auch wirkungslos bleiben, was in einer Vielzahl von PR-Programmen der Fall ist.

Im günstigsten Fall hat das Unternehmen eine auffallende Inseratekampagne gestaltet, aber auch diese wird im Allgemeinen kaum bemerkt, wenig diskutiert und rasch vergessen. Die entsprechende Ausrede der Verantwortlichen hinsichtlich eines unklaren Leistungsnachweises lautet: Schlimmeres wurde verhütet.
  • BMW ist ein gutes Beispiel dafür, wie die stufengerechte Kommunikation lange Zeit funktionierte, um dann auf den Ebenen der Corporate Communications und Financial Relations zusammenzubrechen. Die Fehlinvestitionen bei Rover in England wurden jedoch aufgefangen durch ein erstklassiges Produkte-Image, das die Glaubwürdigkeit des Konzerns rettete.
  • Die Deutsche Bank hatte seit der Zeit von Herman J. Abs ein hervorragendes Alt-Edel-Image, drohte aber auf Grund ihrer Vergangenheitsbezogenheit zu stagnieren. Der Ausbruch aus der deutschen Enge gelang nur mittels einer englisch-schweizerischen Verbindung, die von Josef Ackermann, einem Schweizer Bankier, erreicht wurde.
  • Eines der besten Beispiele des guten Rufs alten Geldes hat in der Schweiz der in Familienstämme aufgeteilte Schmidheiny-Konzern. Der legendäre Ruf dieser Industriellenfamilie wird jedoch nur noch von Thomas Schmidheiny untermauert.



Check zum Unternehmensimage
Ein gutes Unternehmensimage ist im Kern die Summe folgender Faktoren: ein erfolgreiches Management, finanzielle Gesundheit, innovative Leistungen, gutes Preis-Leistungs-Verhältnis und ein aktives Kommunikationsverhalten.
  • Die Öffentlichkeitsarbeit teilt sich in drei wichtige Bereiche auf: Public Affairs, Corporate Public Relations und Pressearbeit.
  • Jede Stufe verlangt in sich selber ein sachgemässes Vorgehen mit höchstmöglicher Kompetenz.
  • Ein PR-Problem kann nur gelöst werden, wenn auf der richtigen Stufe gehandelt wird. Zwei Beispiele: Mit Pressearbeit kann ein Public-Affairs-Problem nicht gelöst werden. Gute Corporate Relations hingegen erfordern eine professionell angelegte Pressearbeit, ohne die kaum Erfolge erzielt werden können.
  • Das Image eines Unternehmens wird im Normalfall nicht von unten (Marketing-Communications) nach oben (Public Affairs), sondern von oben nach unten entwickelt.
  • Ein Unternehmen muss anstreben, auf allen drei Stufen gleichmässig gut und dauerhaft zu arbeiten.



Nur auf dieser Basis kann Öffentlichkeitsarbeit den Anspruch erheben, zu einer echten Managementtechnik zu werden. Die Öffentlichkeitsarbeit steht heute etwa dort, wo sich die Medizin in der Mitte des letzten Jahrhunderts befand: am Übergang zur Moderne. Es gibt schon einige gute Ärzte, aber ausserhalb der Zentren hat der Patient die besten Überlebenschancen, wenn er nicht zu ihnen geht.

Die Kunst des «Agenda-Setting»
Allzu oft transportieren Unternehmen ihre Werbebotschaften in Form von Medienmitteilungen. Damit können die Medien – zu Recht – nichts anfangen. Gefragt ist die Kunst des «Agenda-Setting» – das heisst die Fähigkeit, durch eigene Kommunikation Themenfelder zu besetzen. Und zwar nicht reaktiv, sondern proaktiv.

Dabei ist der Bedarf an Informationen riesig: Die sprunghafte Zunahme der Fernsehangebote und der Wettbewerb der Presse mit den elektronischen Medien haben sich verschärft. Wer sich als Verleger, Chefredaktor, Radio- oder Fernsehchef behaupten will, braucht Redaktionen, die Nachrichten von hohem Neuigkeitswert und Kommentare mit Substanz liefern. Beides muss unterhaltend dargeboten werden, damit die Quoten hoch bleiben und wachsen.

In dieser Situation, die von härtestem Wettbewerb der Medien gekennzeichnet ist, bleibt den Informationslieferanten, vor allem den Unternehmen und staatlichen Organisationen, nichts anderes übrig, als die professionelle Kommunikation ebenfalls aufzurüsten.

Die Journalistinnen und Journalisten werden, dem Konkurrenzdruck folgend, in die Firmen und Verwaltungen einzudringen suchen, um mit Hot News an der Spitze der Informationslieferanten zu stehen. Die Chefredaktoren und Nachrichtenchefs treiben ihre redaktionellen Mitarbeiter zu Höchstleistungen an, ganz nach dem Motto des Schweizer Privatsenders Tele 24: «Vergessen Sie Frau, Kind und Hund, wenn Sie bei uns arbeiten.» Es ist sicher, dass die Intensität der Medienberichterstattung noch zunehmen wird und mit härteren Storys auch im persönlichen Bereich gerechnet werden muss.

Viele Unternehmen haben sich durch eine sehr gute Kommunikationsarbeit in der Vergangenheit auf diese neue Lage vorbereitet. Dazu zählen in der Schweiz vor allem Nestlé, der ABB-Konzern, die SAirGroup und eine ganze Reihe kleinerer Unternehmen wie Phoenix Mecano oder der Ostschweizer Unternehmer Walter Fust mit seinen Maschinenbau- und Detailhandelsfirmen. Ob der von diesen Unternehmen geschaffene Goodwill-Schutz auch in Zukunft ausreicht, um kritische Hinterfragungen präventiv abzufangen, kann nicht als gesichert gelten. Eine Vorwärtsverteidigung (Offensivstrategie) ist angebracht, um nicht in die überraschenden Gewitter einseitigen medialen Interesses zu geraten. Wer dann falsch reagiert, ist blamiert. Noch schwieriger werden es jedoch Unternehmen haben, die ungenügend auf das Interesse der Öffentlichkeit und ihrer Vertreter, der Medien, vorbereitet sind.

Kommunikation nicht nur in der Krise
Dass Kommunikation heute ein wichtiges Management- und Führungsinstrument ist, ist sicherlich jedem Manager klar. Wer jedoch Kommunikation auf das Mass von Informieren, von zweckgerichteter Faktenmitteilung, reduziert, schöpft dieses Führungsinstrument lediglich zu einem kleinen und nicht unbedingt dem wichtigsten Teil aus. Unternehmen, die Kommunikation nur in Krisensituationen oder zur Einführung unbeliebter Massnahmen betreiben, können nicht auf Akzeptanz und Verständnis zählen. Die wachsenden Forderungen nach Transparenz sind nicht mit eingleisiger Kommunikation, die nach aussen keine nachhaltige Imagebildung erzeugt, zu befriedigen.

Aus der Sicht der PR-Branche bedeutet dies, dass der Zwang zu einer vorausdenkenden Kommunikation noch grösser wird als bisher. Es genügt immer weniger, bloss über eine Presseabteilung zu verfügen, die rasch und kompetent reagiert. Sie muss, in Zukunft mehr noch als heute, die Kunst des Agenda-Setting beherrschen. Das ist die Fähigkeit, durch eigene Kommunikation Themenfelder zu besetzen und proaktiv in den Medienmarkt einzubringen.

Ein solches Agenda-Setting ist nur dann möglich, wenn die Zusammenarbeit zwischen den Pressechefs und den Corporate-Communications-Verantwortlichen einerseits und den Unternehmensleitungen anderseits perfekt spielt. Der langjährig erfolgreiche Pressechef der Stadtpolizei Zürich, Bruno Kistler, sagte dazu: «Ich brauche immer die vollkommene Rückendeckung meines Chefs.» Diese Haltung ist unabdingbar für eine erfolgreiche Medienarbeit im Zeitalter des verschärften Medienwettbewerbs.
  • Das Tiroler Unternehmen Swarovski hat mit Kristallfiguren ein Milliardenvermögen begründet. Um sich im amerikanischen Markt zu etablieren, hat es zu einer Aktion mit kumulierten redaktionellen Aufhängern gegriffen: In grossen Ausstellungen wurde die österreichische Nostalgiewelle mit Burgen, Schlössern und Rittern gefahren, sehr zum Gefallen des wurzellosen amerikanischen Publikums. Ebenfalls anwesend war der Muskelsportler und beliebte Filmstar Arnold Schwarzenegger, der die Leistungen seines Heimatlandes sympathisch und überzeugend präsentierte. Dieser Einmarsch der österreichischen Kultur in den USA war von grossem Erfolg begleitet.
  • Das Nachkriegsmotto der alten CDU, «Häusle baue», hatte grosse Durchschlagskraft. Mit der Aussicht auf ordentliche Wohnverhältnisse im zerbombten Deutschland wurden gleich mehrere Aufhänger verdichtet kommuniziert: Sicherheit, Freiheit, Natur und Wohlstand.
  • Sind die Aufhänger gut kombiniert, kommt es vor, dass sie im kollektiven Unterbewusstsein integriert werden. Dadurch werden sie nicht mehr als kommerzielle Kommunikationsleistungen erkannt: So ist Muttertag (Aufhänger: Fest und Liebe) eine Erfindung der Floristen. Der Valentinstag, der Tag der Nettigkeiten, dient allen, die Geschenkartikel verkaufen. Als neueste Entwicklung ist zu beobachten, dass das amerikanische Halloween importiert wird, um die Umsätze zu pushen. Sein europäisches Pendant Allerheiligen wird nicht mehr genügend gepflegt.
Krisen-PR
Corporate Self-Defense setzt dort an, wo der Risikofaktor für ein Unternehmen gross ist. Dabei ist es eine Fehlmeinung, dass sich nur grosse, international tätige Unternehmen in Gefahrenzonen bewegen. Ein regionales Transportunternehmen, das unter anderem radioaktives Material aus Spitälern in Wiederaufbereitungszentren befördert, ist ebenso verwundbar wie der weltweit tätige Hersteller von gentechnisch verändertem Saatgut.

Unternehmens- und Markenimage sind zu Produktionsfaktoren geworden, die im Sinn sowohl der Share- wie auch der Stakeholder nicht leichtsinnig aufs Spiel gesetzt werden dürfen. Grundlage einer wirkungsvollen Corporate Self-Defense ist die Unternehmenskommunikation, die effizient und zielgerichtet betrieben wird. Erkennen die Führungsorgane des Unternehmens diese Zusammenhänge, sind viele Managementfehler in der Abwehr von voraussehbaren Angriffen auf die Unternehmenstätigkeit vermeidbar.




Check Krisen-PR
  • Eine Stärken- und Schwächenanalyse für das Unternehmen erstellen (Outsourcing ist von Vorteil), konsequentes Aufdecken der Krisenpotenziale.
  • Gibt es Informationen über frühere Krisen des Unternehmens, aus der Branche oder allgemein zu gleich gelagerten Risiken?
  • Verfolgen der öffentlichen Meinung; Pressure-Groups und Gegner beobachten – und kommunikativ aufrüsten.
  • Kontinuierliche Kommunikation mit den Anspruchsgruppen, bevor eine Krise ausbricht.
  • Vertrauensverhältnis zu den Medien aufbauen.
  • Vorbereitung eines Krisenhandbuchs: Sind verantwortliche Stellen und Personen für den Krisenfall benannt? Sind funktionierende Netzwerke im Unternehmen zur schnellen Kommunikation im Ernstfall vorbereitet?
  • Sind Darksites, also vorgefertigte und im Krisenfall sofort einsetzbare Internetseiten, vorbereitet?
  • Krisenübung mit den Mitarbeitern in der Kommunikationsabteilung.
  • Ist das Topmanagement in Krisenkommunikation geschult? Betroffenheit zeigen. «Kein Kommentar!» gibt es in einer professionellen Unternehmenskommunikation nicht.

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