Das Öl, mit dem in der Schweiz ansässige Firmen während eines Jahres handeln, würde ausreichen, unseren Eigenbedarf für 75 Jahre zu decken. Kleines Problem: Die Transportkapazitäten, um das Öl hierherzubringen, wären zu klein – und wenn es doch gelänge, fehlten die Lagerkapazitäten. Der Kaffee, mit dem «unsere» Firmen handeln, würde allen Schweizern eine tödliche Koffeinvergiftung eintragen. Wenn wir alles Brot, das aus dem von «uns» gehandelten Getreide gebacken wird, selber ässen, würden wir aus allen Nähten platzen. Und so weiter – Rohstoff für Rohstoff.
Die «Erklärung von Bern» präsentiert ein faktenreiches Werk über die Rohstoff-Handelsdrehscheibe Schweiz, mit einem Vorwort des Schriftstellers Lukas Bärfuss. Auch die Kehrseite der Medaille kommt zum Zuge: jene Länder, deren Einwohner und Rohstoffe im Wortsinn ausgebeutet werden. Das Buch beschreibt unermesslichen Reichtum, wie er etwa durch den Börsengang von Glencore entstand – und unermessliches Elend, wie es sich in der Kinderarbeit auf usbekischen Baumwollplantagen manifestiert. Der riesige Kontrast führt zum Fazit, das sich im Untertitel ausdrückt: «Das gefährlichste Geschäft der Schweiz». Aus dem «Too big to fail»-Problem, das die Schweiz mit ihren Grossbanken hat, könnte dereinst ein «Too dirty to tolerate»-Problem mit den Handelsriesen entstehen.
Erklärung von Bern
Rohstoff
Salis Verlag, Zürich, 166 Seiten, Fr. 34.80
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