Man sucht nach der herausragenden Leaderpersönlichkeit. Tatsächlich sind echte Leader von ihrer Persönlichkeit her aber so verschieden, wie Menschen nur sein können.
Zuverlässig erkennt man echte Leader daher nicht an ihrem Sein, dafür aber an ihrem Tun. In der Persönlichkeit wird man kaum fündig, aber im Handeln gibt es zuverlässige Muster, die man bei allen Leadern findet, so verschieden diese sonst sind. Damit lassen sich echte von unechten Leadern schnell und sicher unterscheiden. Aus dem runden Dutzend wichtiger Beobachtungen sind drei für die Alltagspraxis besonders bedeutend.
Echte Führer sind auf die Aufgabe konzentriert. Die persönlichen Bedürfnisse sind für echte Leader nachrangig. Ihre Schlüsselfrage lautet nicht: Was will ich? Was passt mir? Sondern: Was muss in dieser Situation getan werden? Der unmittelbare Return interessiert wenig. Daher orientieren sie sich nicht an der Belohnung, schon gar nicht an einer solchen in Geld. Ihr Streben ist auf die Sache gerichtet, und dieser fühlen sie sich verpflichtet.
Unter Umständen kann das bis zur Besessenheit gehen. Die treibende Kraft ist die Aufgabe und nicht die persönlichen Bedürfnisse. Im Dienst an der Aufgabe stellen echte Leader ihre Bedürfnisse zurück und nehmen oft erhebliche Nachteile auf sich – was häufig in ihrer Umgebung wenig Verständnis findet.
An den üblichen Motivationen sind sie nicht interessiert, denn ihre Kraft resultiert aus der Aufgabe und den mit dieser zusammenhängenden Erfolgen. Eine gut gelöste Aufgabe ist ihnen bereits Befriedigung genug. Das gibt ihnen hohe Unabhängigkeit.
Echte Führer stehlen ihren Leuten nicht den Erfolg.Bei allen Erfolgen, die sie selbst haben mögen, und bei aller Überzeugtheit, vieles besser machen zu können als andere, schmücken sie sich nicht mit fremden Federn. Sie denken «wir» statt «ich», auch wenn es ihnen oftmals schwer fällt, doch sie wissen, was ihre Mitarbeiter und die Organisation leisten, und sie anerkennen das. Der Erfolg in der Sache ist ihnen wichtig, nicht ihr Erfolg als Person. Erfolge sind Erfolge der Mitarbeiter.
Echte Führer haben keine Angst vor starken Leuten. Das gilt in beide Richtungen, gegenüber Mitarbeitern und Vorgesetzten. Echte Leader wissen, dass nur die besten Kräfte genügen, um die grossen Aufgaben der Organisation zu erfüllen. Daher tun sie alles, um beste Kräfte anzuziehen, diese zu fördern und zum Einsatz zu bringen. Sie werden möglicherweise hart gegen Versuche vorgehen, ihre Autorität in Frage zu stellen, aber sie eliminieren nicht die starken Leute aus Angst um ihre eigene Stellung.
Das Versammeln von Schwächlingen, Günstlingen und Ja-Sagern ist ein sicheres Anzeichen für schwache Führung, das sich meistens schon früh im Leben zeigt. Echte und starke Führer sind beinahe allergisch gegen Ja-Sager. Sie wollen die ehrlichen und kontroversen Meinungen, wobei sie diese häufig mit Unmut und Barschheit entgegennehmen, denn es ist nicht so, dass Führer Kritik gerne hören, im Gegenteil.
Man muss also damit rechnen, dass ein Führer unwirsch auf Kritik reagiert. Wesentlich ist aber, dass ein unechter Führer Kritik ignoriert und diese meistens unterdrückt, indem er den Kritiker mundtot macht oder entfernt. Der echte Führer – unabhängig von seiner emotionalen Reaktion – sorgt hingegen dafür, dass Kritik geäussert wird, und er nimmt sie zur Kenntnis, was wiederum nicht bedeutet, dass er sie auch akzeptiert.
Fredmund Malik, Management-Experte, ist Unternehmer, habilitierter Professor, Gründer und Chef von Malik Management sowie Autor mehrerer Fachbücher-Bestseller.