Sinn ist der ultimative Motivator für mehr Leistung» – diese Schlagzeile prangt auf dem Einband von Nico Roses neuem Buch «Führen mit Sinn. Wie Sie die Führungskraft werden, die Sie sich früher immer gewünscht haben».

Der Autor ist Diplompsychologe, Ex-HR-Manager und wurde 2018 vom «Personalmagazin» unter die 25 Top-HR-Influencer im deutschsprachigen Raum gewählt, was vor allem seinem Ansatz der Positiv-Psychologie geschuldet ist. Als «Sinnput-Geber» will er Führungskräfte zum Umdenken anregen und «Unternehmen Impulse geben für das Beste, was sie sein können: Orte des sinnvollen und profitablen Wachstums für Mensch und Organisation». Sein Motto: «Better Leaders. Better Business. Better Living.» Und genau da setzt er mit seinen Büchern an.

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Psychologisches Einkommen berechnen

Nach «Lizenz zur Zufriedenheit» (Junfermann, Paderborn, 2012) und dem 649 Gramm schweren und 384 Seiten langen Nachschlageklotz «Arbeit besser machen – Positive Psychologie für Personalarbeit und Führung» (Haufe, Freiburg, 2019) ist das aktuelle Werk ein Taschenguide, der das Wichtigste zur Sinnstiftung auf nur 127 Seiten auf den Punkt bringen will. Der Grundtenor, mit einem kleinen erhobenen Zeigefinger an die Zielgruppe – Führungskräfte, HR-Manager, Chefs – gerichtet: Arbeit soll heute nicht mehr nur den Geldbeutel füllen, sondern Herz und Verstand beflügeln. «Wir wollen spüren, dass das, was wir tun, einen Unterschied macht: für die Menschen, mit denen wir arbeiten, für unsere Kunden – und auch für uns selbst», schreibt Rose. Sinnerleben nennt er kurz und prägnant «psychologisches Einkommen».

Wie das gelingen kann, und zwar egal, ob wir in unserem Job Leben retten oder Werbung für «Blubberbrause» machen? Dazu müssen laut Rose Selbstwirksamkeit und das Gefühl von Authentizität für die oder den einzelnen Mitarbeitenden ebenso stimmen, wie ein Zugehörigkeitsgefühl zum Unternehmen und das Gefühl, Mehrwert für die Gesellschaft, den Kunden oder Kollegen zu generieren. Zentral dabei: Die Führungskraft hat auf all diese Faktoren mehr Einfluss, als es auf den ersten Blick scheint.

Strukturiert gibt Nico Rose Führungskräften in diesem Guide Werkzeuge an die Hand, um «Sinnerleben» in all seinen psychologischen Facetten, zwischen dem Ich und der Verankerung des Ichs im Unternehmen und der Welt, zu begreifen.

Trockene Theorie in lebendige Praxis geholt

Er erfindet das Rad dabei nicht neu, sondern stützt sich auf bestehende Studien, Modelle und Theorien. Statt wissenschaftlicher Komplexität bietet dieser Taschenguide Lesespass. Mit Hollywood-Film-Anekdoten und Alltagsbeispielen holt Rose die trockene Theorie in die lebendige Praxis. Auch wenn die ausgewiesene Zielgruppe dem Titel nach Führungskräfte sind, kann eigentlich jeder mit diesem Buch lernen, was Sinn stiftet, und beim Lesen der Seiten eigene Unzufriedenheiten erkennen, hinterfragen und selbst aktiv angehen.

Klare Fragen, um die aktuelle Sinneswahrnehmung der Mitarbeitenden zu evaluieren, sind ebenso enthalten wie konkrete Praxistipps, Tests und Modelle. Mögliche K.o.-Kriterien für veränderungsfaule Chefs in steil hierarchisch organisierten Grosskonzernen thematisiert der Psychologe ebenfalls und nimmt den Aber und Geht-Nicht den Wind aus den Segeln – mit der klaren Anweisung, dass schon Kleinigkeiten einen Unterschied machen: Wöchentliche kurze Feedbackgespräche zwischen Kollegen, mit Kunden und dem Chef würden Anerkennung stiften und zugleich Ziele definieren. Kurzpraktika in anderen Abteilungen und der Austausch mit Kunden für Nicht-Vertriebler würden den Mitarbeitenden ein umfassenderes Bild der Unternehmenstätigkeiten bieten und dadurch die Sinnhaftigkeit der eigenen kleinteiligen Arbeit greifbarer machen.

Die Förderung sozialer Projekte (Corporate Social Responsibility) und – vor allem zwangloser – Kontakte zwischen Mitarbeitenden stifte zusätzlich Sinn und Identifikation.

Eingespielte Normalität hinterfragen

Und auch jenseits von Zielen rund um Teamgefühl und Unternehmensbindung gelte es schlicht, die Mitarbeitenden in ihrer Selbstwahrnehmung glücklicher zu machen: «Stärken stärken, statt Schwächen auszumerzen» und «Je mehr Selbstbestimmtheit wir verspüren, desto motivierter sind wir; je fremdbestimmter wir uns fühlen, desto mehr schwindet die Antriebskraft» sind in den Kapiteln, die sich um die Selbstentfaltung des einzelnen Mitarbeiters und der einzelnen Mitarbeiterin drehen, die Leitsätze. Mitarbeitende in Entscheidungsprozesse mit einzubeziehen, Vertrauensarbeit wie Homeoffice zuzulassen und einfach mal loszulassen und damit Vertrauen in die Mitarbeitenden zu beweisen, sind dabei die wichtigsten Werkzeuge.

Mit seinen 127 Seiten erschlägt das Buch den Leser nicht. Verständliche Grafiken und zusammenfassende Kästen bieten Orientierung. An der Aufmachung gibt es wenig zu bemängeln, ausser vielleicht die Bezeichnung «Taschenguide». Denn: Keiner schaut mal eben schnell in der Mittagspause, wie das nochmal mit der Sinnsuche war. Im Gegenteil: Das ist ein Buch, für das man sich Zeit nehmen muss, das Reflexion, Konzeption und Umsetzung nach sich zieht.

Die alte Schule der Psychologie kam dann zum Einsatz, wenn etwas kaputt, verkorkst oder krank erschien. Positiv-Psychologie will hingegen eingespielte Normalität hinterfragen und im Zweifelsfall besser machen. Übersetzt in die Businesswelt: «Das haben wir immer schon so gemacht» ist passé! Heute gilt – zunehmend auch in Schweizer Firmen: «Was können wir besser machen, damit sich unsere Mitarbeitende wohlfühlen und bleiben?»

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Nico Rose: «Führen mit Sinn. Wie Sie die Führungskraft werden, die Sie sich früher immer gewünscht haben». Haufe, Freiburg, 127 Seiten, 13,90 Franken.

Quelle: ZVG