Wie viele Betriebe rund um die Gastrobranche litt auch die grösste Brauerei und Getränkehändlerin der Schweiz mit Hauptsitz in Rheinfelden unter den Corona-Einschränkungen. «Am Anfang der Pandemie waren wir im Krisenmodus», erinnert sich HR-Leiterin Karine Finck.
Feldschlösschen machte aus der Not eine Tugend und lancierte das firmeneigene «Zäme stark»-Programm: Um einen Ausgleich zwischen den unterschiedlich ausgelasteten Geschäftsbereichen zu erzielen, halfen Mitarbeitende aus verschiedensten Abteilungen in anderen Bereichen aus. Leute aus der Eventabteilung kamen für ein paar Monate in die Füllerei oder in die Kommunikationsabteilung. Arbeitskräfte aus der Logistik fanden vorübergehend im Gebäudeunterhalt oder in der Verkaufsabteilung eine neue Aufgabe. Eines der Sonderprojekte ermöglichte es einer Gruppe, die Aufenthaltsräume neu zu gestalten.
58 Prozent der Stellen mit internen Leuten besetzt
«Unser Ziel war es, beweglich zu bleiben und uns an die neue Realität anzupassen», so Finck. Diese Bewegung im Unternehmen hatte mehrere positive Effekte: Es war für die Mitarbeitenden eine Chance, neue Aufgaben zu übernehmen und das firmeneigene Netzwerk zu erweitern. Karine Finck: «Auch das Verständnis füreinander ist gewachsen und der Zusammenhalt unter der Belegschaft ist noch stärker geworden.» Die Mitarbeitenden hätten sich nicht nur gegenseitig unterstützt, sondern auch einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, dass Feldschlösschen gut durch die schwierige Zeit gekommen sei.
«Wir fördern die interne Mobilität, denn sie gibt unseren Mitarbeitenden die Möglichkeit, ihre Talente einzusetzen, und zwar nicht immer nur im Zusammenhang mit ihrer derzeitigen Tätigkeit», betont die HR-Verantwortliche. Wo immer möglich, nutzt das Unternehmen die Gelegenheit, bei Vakanzen intern zu suchen und auf diese Weise die Mitarbeitenden weiterzuentwickeln.
Mit Erfolg: Feldschlösschen besetzte im letzten Jahr 58 Prozent der offenen Stellen mit Mitarbeitenden, die bereits im Unternehmen gearbeitet hatten. Dieses Vorgehen hat Vorteile: Die Leute kennen die Unternehmenskultur bereits und bringen doch neuen Schwung und Perspektiven in die Abteilung.
«Bei uns herrscht Vorwärtsdrang, die Mitarbeitenden können ihren Fussabdruck hinterlassen und Ideen einbringen»
Karine Finck, Feldschlösschen
Es gibt gemäss Karine Finck eine ganz andere Dynamik, wenn man die Leute selbst aufbaut und ihre Entwicklung fördert. Bei über siebzig verschiedenen Berufen bei Feldschlösschen sind die Möglichkeiten auch besonders gross. Neben gängigen Berufen wie Lastwagenchauffeuren, Elektrikerinnen oder Verkäufern gibt es auch Kolonnenführer und Fuhrleute. Letztere sind verantwortlich für die Kaltblüter-Pferde des bekannten Sechsspänners, mit dem in der Stadt Rheinfelden heute noch Bier ausgeliefert wird – aus Tradition, aber auch um die Pferde in Bewegung zu halten.
Zu den Positionen, die aktuell schwieriger zu besetzen sind, gehören zum Beispiel Techniker, Elektriker, Chauffeure sowie Personal im Bereich Verkauf. Auch Lernende im Bereich Bierbrauerei sind nicht leicht zu finden. Deshalb macht Feldschlösschen seit vier Jahren mit dem Lernenden-Bier auf die Möglichkeit der Brauerlehre aufmerksam. Im Rahmen des Projekts entwickeln angehende Bierbrauer und -brauerinnen ihr eigenes Bier. Der Erlös des Projektes fliesst zu 100 Prozent in Ausbildungsprojekte für Bierbrauer.
Feldschlösschen in Zahlen
Feldschlösschen beschäftigt 20 Prozent Frauen und 80 Prozent Männer. Das Ziel, möglich gleich viele Männer wie Frauen einzustellen, ist in den Bereichen Brauerei und Logistik eine besondere Herausforderung. In der Geschäftsleitung sitzen jedoch drei Frauen und eine interne Lohngleichheitsanalyse stellte zwischen den Gehältern der Männer und der Frauen keine Abweichung fest.
Die Fluktuationsrate bei Feldschlösschen liegt bei eher tiefen 7 Prozent und im Durchschnitt sind die Mitarbeitenden bereits seit 13 Jahren für das Unternehmen tätig.
Ansprechpersonen bei Schwierigkeiten von Mitarbeitenden sind die Vorgesetzten auf den verschiedenen Stufen oder die HR-Abteilung. Karine Finck betont, es sei wichtig zu verstehen, um welche Schwierigkeit es sich handelt und wie man die Situation verbessern könnte. Die jährliche Mitarbeiterumfrage ergibt jeweils eine sehr hohe Zufriedenheit der Mitarbeiter.
Startup-Feeling vermischt mit Tradition
Wie motiviert man die Mitarbeitenden, ihren Job gut zu machen? «Indem man ihnen ein gutes Arbeitsumfeld, eine attraktive Umgebung, Autonomie und Vertrauen bietet», sagt Karine Finck. Zur Unternehmenskultur gehört bei Feldschlösschen, dass die Belegschaft aus einem Mix aus verschiedenen Generationen besteht – darunter 20 Lernende.
Karin Fink geht noch einen Schritt weiter und spricht von einem Startup-Geist, der Feldschlösschen beseelt. Doch wie soll das möglich sein, bei einem altehrwürdigen Unternehmen, das auf stolze 146 Jahre zurückblicken kann?
Die Agilität zeige sich weniger in der Form von sehr flachen Hierarchien als vielmehr in der ursprünglichen Bedeutung des Wortes. «Bei uns herrscht Vorwärtsdrang, die Mitarbeitenden können ihren Fussabdruck hinterlassen und Ideen einbringen», hält Karine Finck fest.
Ein Digitalhub für Verbesserungsvorschläge und Ideen
Im Digitalhub in Dietikon werden alle Apps für das Unternehmen selbst entwickelt – etwa für Bestellungen, Warenerfassungen oder den Online-Shop. Auch Nachhaltigkeit wird grossgeschrieben: Feldschlösschen unterhält derzeit die grösste Elektro-LKW-Flotte der Schweiz.
«Auch hier haben wir Impulse von Mitarbeitenden mitgenommen», erklärt Karine Finck und spricht unter anderem die Gemba-Initiative an. Einmal im Monat besucht ein Team die Produktion, wo die Mitarbeitenden ihre Verbesserungsvorschläge einbringen können – ganz im Sinne der kontinuierlichen Verbesserung der japanischen Kaizen-Philosophie.
Aufgrund solcher Inputs sind schon viele Verbesserungen umgesetzt worden, zum Beispiel um Wasser zu sparen oder die Sicherheit zu erhöhen. Die Realisierung solcher Ideen ist eine grosse Wertschätzung für die betreffenden Mitarbeitenden. Auch das ganze Unternehmen erfährt davon, wie die Kommunikationsverantwortliche Gabriela Gerber erklärt: «Von der Idee und der Umsetzung im Team machen wir einen Film und teilen ihn auf dem Intranet und für die mobile Anwendung. Das kommt sehr gut an.»