Der Wettbewerb um die neue Nationalhymne nähert sich der Zielgeraden. Die besten sechs der anfänglich 208 Vorschläge gehen bis am 15. Mai in eine öffentliche Onlinewahl. So sollen drei Finalisten ausgewählt werden.
Auch wenn der Siegerbeitrag erst im September gekürt wird und die endgültige Einführung der neuen Hymne noch in den Sternen steht, ist eines schon heute sicher: Ruhm und Ehre wäre den Erfindern einer neuen Nationalhymne zwar gewiss – reich werden sie dagegen mit ihrer Komposition nicht.
Rechte abgetreten
«Die Teilnehmer mussten ihre Rechte am Text und an der Musik an uns abtreten», bestätigt Lukas Niederberger von der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft (SGG). Damit sollte sichergestellt werden, dass die Beiträge und darunter auch die mögliche künftige Hymne nicht kommerziell ausgebeutet würden.
Denn die SGG werde niemals einen Rappen an Tantiemen für die Beiträge im Wettbewerb einziehen, so Niederberger. «Das Notariat, das als einziges die Identität der Urheber kennt, hat im Herbst zehn Vorschläge bei der Suisa gemeldet». Im Vertrag zwischen der SGG und der Schweizer Genossenschaft der Urheber und Verleger von Musik (Suisa) ist geregelt, dass keine Tantiemen auf die Verwendung dieser Wettbewerbsstücke eingezogen werden.
«Die Suisa ist bereit und verpflichtet sich – soweit Suisa-Mitglieder betroffen sind – , auf die Wahrnehmung der Urheberrechte an den maximal 10 besten Wettbewerbsbeiträgen bis zur Erklärung des Sieger [...] sowie darüber hinaus auf die Wahrnehmung der Rechte am Siegerbeitrag unbefristet und somit endgültig zu verzichten», steht in dieser Vereinbarung. Dies ist nötig, weil die Wettbewerbsbestimmungen ansonsten mit der Abtretung der Rechte an Suisa kollidieren würden.
Beiträge anonymisiert
Weil die Vorschläge für die neue Hymne bei einem Notariat eingereicht werden mussten, welches die Beiträge anonymisierte, weiss die SGG auch nicht, wer es jetzt in die Top-6 geschafft hat. Die SGG wollte so verhindern, dass die Fachjury oder das Projektteam durch allfällige Kenntnis über Teilnehmer beeinflusst würde. Die Suisa habe aber allfällige Mitglieder wegen der Abtretung der Rechte kontaktiert, so Niederberger.
Zwar ist noch längst nicht klar, ob der Siegerbeitrag die nötige Akzeptanz in Gesellschaft und Politik findet, um irgendwann zur offiziellen Hymne erklärt zu werden. Falls dies aber eines Tages tatsächlich geschehen sollte, soll kein Copyright darauf möglich sein. «Die Hymne hätte dann den gleichen Status wie ein Gesetzestext, worauf man ja auch keine Urheberrechte geltend machen kann», sagt Niederberger.
Copyright wäre lukrativ
Für den Sieger dürfte ohnehin die Verewigung des Namens in der Schweizer Geschichte Lohn genug sein. Andererseits wäre natürlich das Copyright auf der Landeshymne eine relativ lukrative Sache. Da viele Faktoren auf die Höhe der ausgeschütteten Beträge einwirken, kann man aber nicht einmal eine grobe Schätzung machen, was das in konkreten Zahlen bedeutet.
Für jede Nutzung eines registrierten Musikstücks oder von Teilen davon, wird von der Suisa Geld eingezogen. Die Stücke sind bis 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers geschützt. Da eine Hymne sehr häufig gespielt wird, läge damit Einiges drin.
7.50 Franken pro Ausstrahlung
Beispielsweise bezahlt die Suisa im Moment für ein Lied von drei Minuten, das im Schweizer Radio SRF1 gespielt wird, rund 7.50 Franken pro Ausstrahlung. Und weil die Nationalhymne nach wie vor jeden Abend kurz vor Mitternacht im Radio kommt, würde alleine diese Nutzung über 2700 Franken im Jahr einbringen.
Der Wettbewerb um die neue Hymne wurde von der SGG lanciert, um einen Ersatz für den veralteten «Schweizerpsalm» zu finden. Dessen Text sei «schwierig zu merken, sprachlich sperrig und nicht mehr der Realität entsprechend», so die Organisation.
Werte der modernen Schweiz
Als textliche Grundlage für die neue Hymne wurden deshalb Inhalt, Sinn und Geist der Präambel der Schweizerischen Bundesverfassung vorgegeben. Musikalisch setzen drei der sechs vorgestellten Beiträge auf die bisherige Melodie des Zisterziensermönchs Alberich Zwyssig. Die anderen drei Vorschläge sind adaptierte Versionen oder neu komponiert.
Durch den Wettbewerb hoffe er «auf eine landesweite Diskussion über Werte, die uns in der Schweiz wichtig sind», sagte SGG-Präsident Jean-Daniel Gerber am Montag. Die Schweiz solle auch in der Hymne in ihrer heutigen politischen und kulturellen Vielfalt abgebildet werden.