In der Schweiz, aber auch in Österreich und Deutschland hat der Kuckuck in den letzten Jahren grosse Erfolge erzielt. In allen drei Ländern wurde der Kuckuck zum «Vogel des Jahres» gewählt.

Solche Ehre ist nicht erstaunlich. Kein anderer Vogel widerspiegelt den aktuellen Zeitgeist besser als der Kuckuck. Er ist egoistisch, dauernd unterwegs, triebhaft, schlau und primär an seiner Karriere, seinen wechselnden Freundinnen und an einem tollen Leben interessiert. Er ist also genau so, wie wir alle sein möchten.

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Aus dem Biologieunterricht können wir uns an eine Eigenheit des Kuckucks erinnern. Er hat keine Zeit für Kinder. Er hat keine Zeit, weil er als viel beschäftigter Zugvogel unablässig international unterwegs ist. Der Kuckuck gehört zu den sogenannten Langstreckenziehern. Das ist der Jetset unter den Vögeln.

Weil der Kuckuck dauernd unterwegs ist, ist er nicht an Kindern interessiert. An Sex hingegen schon.

Über Monogamie beim Kuckuck ist nichts bekannt. Wenn er wieder einmal eine seiner Freundinnen geschwängert hat, stellt sich also nur die Frage: wohin, zum Kuckuck, mit den Eiern?

Die Kuckucke schmuggeln ihre rund zehn Eier in Nester anderer Vogelarten. Sie warten, bis die fremden Nestbetreiber ausser Haus sind. Dann schlagen sie blitzschnell zu. Schlauerweise haben ihre Eier dieselbe Färbung wie jene der ausgewählten Wirte.

Damit wären wir bei Sängern, Schauspielern und Managern wie Elton John, Robert De Niro, Keith Urban, Nicole Kidman, Dennis Quaid, Michael Jackson, Rebekah Brooks, Ricky Martin und Sarah Jessica Parker. Sie sind die Kuckucke unserer Society, nicht nur, weil sie keine Zeit zur Brutpflege haben und zu den Langstreckenziehern gehören.

Die Elton Johns, Robert De Niros und Ricky Martins haben die Brutpflege ebenfalls ausgelagert. Sie haben dafür externe Leihmütter engagiert. Dazu braucht es heute keine farblich angepassten Eier mehr. Es genügt eine farblose Banküberweisung. Immerhin: Nachdem ihr Nachwuchs durch Dritte ausgetragen und aufgezogen worden war, haben sie die Brut wieder zu sich genommen.

Der echte Kuckuck ist hier noch eine Stufe konsequenter. Er überlässt den Nachwuchs für immer der Leihfamilie. Die Nachkommen sollen selber schauen, wie sie in der Fremde zu Rande kommen.

Und nun passiert etwas Interessantes: Die Kuckuckskinder sind überlebenstüchtiger als ihre Nestgenossen. Sie schlüpfen etwas früher als die andern, reissen dann den Schnabel am weitesten auf und schubsen ihre Mitbewohner erbarmungslos über den Nestrand, wenn sie ihnen den Wurm streitig machen.

Das Darwinsche Prinzip ist selten schöner abgebildet: Du kommst in eine fremde Welt, du musst dich durchsetzen, und du entwickelst dadurch aggressive Überlebensstrategien.

Die Schweizer Fussballnationalmannschaft zum Beispiel besteht fast nur noch aus Kuckucken. Sie wurden in einem fremdartigen Nest geboren und mussten lernen, sich durchzuboxen. Sie schafften es besser als die Söhne der Heimat. Auch in der Musikszene sind die Nachkommen einer kulturellen Leihmutterschaft durchsetzungsstärker. In Deutschland und Österreich ist es genauso wie bei uns.

Es ist also nur folgerichtig, dass der Kuckuck in allen drei Ländern der «Vogel des Jahres» wurde.

Kurt W. Zimmermann ist Verlagsunternehmer. Er ist Kolumnist und Buchautor zu den Themen Medien und Outdoor-Sport. Zudem studiert er Biologie.