Benetton steckt in einer Krise – und der Konzerngründer tritt an, dies zu ändern. Luciano Benetton ist in die Leitung des Modekonzerns zurückgekehrt. Letzten Monat gab er in einem grossen Interview seinen Wiedereinstieg bei Benetton bekannt. Der 82-Jährige wird offenbar ohne offizielle Rolle bei wichtigen Entscheiden mitwirken.

Die Rückkehr des Patrons in die Führung soll das Comeback des Modekonzerns einleiten. 2016 machte Benetton 81 Millionen Euro Verlust, der Umsatz – seit Jahren rückläufig – sank nochmals um 8,5 Prozent. Der Niedergang von Benetton bereite ihm «unerträgliche Schmerzen», sagte Luciano Benetton.

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Die grossen Zeiten von Benetton liegen in der Vergangenheit - und das gilt auch für die Schweiz. Vor rund dreissig Jahren gab es hierzulande bis zu 150 Benetton-Läden. Heute ist die italienische Modemarke aus vielen Einkaufsstrassen verschwunden. Vom dichten Ladennetz sind drei Dutzend – wenn auch grosse – Geschäfte übrig geblieben.

Goldene Zeiten für Benetton in den 1980er Jahren

Den Aufstieg und langsamen Abstieg von Benetton in der Schweiz hat Alexandre Marangoni miterlebt: Er war es, der Ende der 1970er-Jahre die ersten Benetton-Läden in der Schweiz eröffnete. Als Generalagent war er ab 1978 mit seiner Freiburger Firma Alexandre SA über dreissig Jahre lang die Vertretung des italienischen Modekonzerns in der Schweiz und gleichzeitig als Franchisenehmer zeitweise der grösste Ladenbesitzer.

«In den 1980er-Jahren liefen die Geschäfte hervorragend», erzählt der Unternehmer: Die farbigen Wollpullover und Blusen verkauften sich glänzend, rund 1,5 Millionen Stück setzte Benetton in der Schweiz jährlich davon ab. «Wir hatten den höchsten Umsatz pro Quadratmeter Ladenfläche in Europa.» Konzernchef Luciano Benetton reiste fast jeden Monat aus Italien an, um sich vom Erfolg zu überzeugen.

Druck durch Konkurrenten wie H&M oder Zara

Ab den 1990-Jahren geriet Benetton unter Druck von neuen Konkurrenten wie H&M. Der italienische Modekonzern hatte inzwischen sein Angebot von Pullovern und Blusen auf weitere Artikel ausgeweitet. «Die Kollektionen haben weniger den Geschmack der Kunden getroffen», sagt Marangoni. Um die Jahrtausendwende gab es noch gut rund 80 Geschäfte. 2014, als Marangoni die Generalvertretung abgeben musste, waren davon noch rund 50 übrig geblieben.

Marangonis Firma hatte den Auftrag verloren, weil Benetton mehr Ländergesellschaften in Eigenregie betreiben wollte. Der Unternehmer spricht kritisch über Benettons Entwicklung in den letzten Jahren. «Das Benetton-Prinzip ist verloren gegangen. Früher stand Benetton für farbige Pullover in guter Qualität. Diese Kernkompetenzen haben sie aufgegeben.» Stattdessen habe das Unternehmen versucht, Rivalen wie Zara oder H&M zu kopieren.

Auch Fotograf Toscani ist wieder dabei

Firmengründer Luciano sieht es offenbar ähnlich. «Während andere uns imitierten, schaltete ‹United Colors› die Farben ab», spielte er im Interview mit «La Repubblica» auf den Firmenslogan «United Colors of Benetton» an. Die Läden seien dunkel und schäbig geworden wie im «kommunistischen Polen».

«Wir müssen das Geschäft lichten», kündigte Benetton im Interview an. Das soll auch mithilfe einer anderen Benetton-Legende gelingen. Durch die Rückkehr von Luciano liess sich auch Oliviero Toscani für ein weiteres Engagement für den Modekonzern überzeugen. Der Starfotograf hat mit seinen meist skandalträchtigen Kampagnen die Marke weltberühmt gemacht. Toscani warb mit sterbenden Aids-Kranken, Todeskandidaten in den USA oder blutigen Kleidern von Soldaten des Kriegs in Ex-Jugoslawien.

Diesmal ist es keine Benetton-Schockkampagne

Toscanis neue Kampage für Benetton, die Anfang Dezember präsentiert wurde, wirkt im Vergleich dazu harmlos: Statt mit Schockbildern wirbt Toscani jetzt mit Fotos einer multikulturellen italienischen Schulklasse. Die Werbebotschaft wird nicht für Aufregung sorgen. Der Starfotograf will auf die Bedeutung der Integration aufmerksam machen (Betrachten Sie die Bilder der neuen Kampagne sowie die früheren Werke von Toscani in der Bildergallerie).
 

Der 78-jährige Toscani soll auch die neue Imagekampagne von Benetton verantworten, die für Anfang 2018 geplant ist. «Wir müssen uns an die Jungen richten, die Energie zurückgewinnen und uns wieder zum glänzen bringen», kündigte Toscani im Interview mit der Zeitung «La Libération» an. Benetton habe nicht die Magie verloren, aber die Leute. «Wir müssen verkaufen.»

Umfassende Restrukturierung auch in der Schweiz

Benetton will nicht nur sein Image auffrischen. Seit 2015 ist der Modekonzern im Begriff, sich neu aufzustellen. Benetton strafft sein Verteilnetz und investiert unter anderem stark in den Onlinehandel. Der Konzern versuche die Lücken zu schliessen, die sich über die Jahre gegenüber den grössten Konkurrenten geöffnet haben, heisst es im Jahresbericht 2016. «Es liegt noch ein weiter Weg von uns.»

Experten geben Benetton durchaus Chancen, wieder erfolgreich zu werden. Benetton müsse sich neu erfinden, sagt Marcel Stoffel, Präsident des Verbands der Schweizer Shoppingcenter. «Man muss sich überraschen lassen, was Luciano Benetton jetzt einfällt. Das Profil der Marke muss wieder schärfer werden.»

Benetton sei eine positiv besetzte Marke, sagt Jürgen Müller vom deutschen Fashionportal «profashionals». «Sie hat sich aber nicht weiterentwickelt. Man hat Benetton nicht mehr richtig wahrgenommen.» Benetton müsse das Kunststück gelingen, wieder zu einem jungen und frischen Label zu werden. Das sei ein sehr schwieriges Unterfangen, sagt Müller. «Jede Marke hat einen bestimmten Lebenszyklus.» Was Benetton in der Schweiz plant, ist unbekannt – der Konzern reagierte nicht auf entsprechende Anfragen.

Luciano ist kein Heilsbringer

Alexandre Marangoni, Benettons langjähriger Statthalter in der Schweiz, traut Benetton einen erfolgreichen Neustart zu. Er hofft, dass Gründer Luciano für den Modekonzern zu einem Art Steve Jobs wird – der legendäre Apple-Chef, der mit seiner Rückkehr den Aufstieg des Technologiekonzerns einleitete. Damit Luciano Benetton Erfolg habe, müsse er jedoch auf die richtigen Leute setzen. Der Gründer sei nicht der Heilsbringer, der Benetton im Alleingang wieder in Schwung bringen könne. «Luciano Benetton hat eine unglaubliche Ausstrahlung, er ist aber kein Zampano.»