Wie ist es, als Frau im Finanzbereich zu arbeiten?
Barbara A. Heller: Ich komme aus dem Bereich Corporate Finance, wo es um grosse und komplexe Projekte geht. Anfangs war es für mich normal, die einzige Frau unter Männern zu sein. Da muss man manchmal Haare auf den Zähnen haben, es ist ein toughes Business.
Also keine Nachteile?
Ich finde nicht. Aber natürlich habe ich von männlichen Kollegen den einen oder anderen Spruch zu hören bekommen, doch damit musste man umgehen können. Zumindest das hat sich sicher geändert.
Nicht geändert hat sich die Zahl weiblicher CFOs in börsenkotierten Firmen. Warum ist das so?
Der gesamte Finanzbereich ist immer noch eher männlich geprägt. Und ein CFO hat es mit verschiedenen Stakeholdern aus diesem Umfeld zu tun: mit Geschäftspartnern, Investoren, Behörden, Banken, Analysten sowie mit überwiegend männlichen Kollegen in Verwaltungsrat und Geschäftsleitung. Diese Interaktionen können auch mit Konflikten belastet sein. Ich kann mir vorstellen, dass dies nicht alle Frauen mögen.
Und sonst?
Der CFO ist so etwas wie das Gewissen eines Unternehmens. Er muss unter anderem die Kosten verantworten, auf akkurates Reporting pochen oder auch mal sagen, was tendenziell nicht geht oder zu hohe Risiken birgt. So steht man den Kollegen gelegentlich auf den Füssen. Nicht alle wollen oder können das.
Woran mangelt es weiblichen Kadern?
Frauen sollten sich mehr zutrauen. Bei Gesprächen unter Kolleginnen fällt mir oft auf, dass sie sich zu sehr selbst hinterfragen. Das finde ich schade. Viele sind hoch professionell und wären einer Geschäftsleitungsfunktion ganz sicher gewachsen. Mentoring könnte viel dazu beitragen, das Selbstvertrauen der Frauen zu stärken und sie in solche Positionen zu bringen. Außerdem sollten Frauen noch mehr Networking betreiben, auch wenn dies zeitintensiv ist.
Die studierte Volkswirtin Barbara A. Heller stieg nach dem Studium Anfang der 1990er Jahre ins Investment Banking ein. Zwischen 2005 und 2012 war sie CFO bei Santhera Pharmaceuticals und ist heute geschäftsführende Partnerin des Beratungsunternehmens Swipra Services in Zürich. Ausserdem ist Heller als Verwaltungsrätin bei der Bank Cler sowie in weiteren Mandaten tätig. Sie amtiert als Vizepräsidentin des CFO Forums Schweiz und als Vorsitzende der Jury des Swiss CFO Awards.
Ist der Beruf eines CFO bei einer börsenkotierten Firma mit einer Familie kompatibel?
Das Thema Work-Life-Balance ist auf dem Executive Level generell schwierig. Alles ist sehr getaktet, man ist stark operativ eingebunden. Gerade wenn strategische Projekte anstehen wie ein Börsengang oder eine Übernahme, steht der CFO im Zentrum und muss an Deck sein. Die nötige Präsenz lässt sich nicht immer vorhersehen. Deshalb ist es wichtig, dass man sich bewusst für den Job entscheidet und sagt: Jawohl, das will ich machen.
Wie haben Sie den Stress als CFO erlebt?
Mir selbst ist es auch nicht immer gelungen, eine gute Work-Life-Balance zu finden. Das akzeptiert man oder halt eben nicht. Wenn man nicht flexibel ist und die nötige Zeit nicht immer aufbringen kann, wird es schwierig.
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Was halten Sie von Quoten für weibliche Führungskräfte?
Ich bin keine Verfechterin von Quoten. Mittlerweile setzt sich die Erkenntnis durch, dass Diversity, und damit meine ich nicht nur Gender-Diversity, den langfristigen Unternehmenserfolg positiv beeinflusst. Auf Stufe Verwaltungsrat sind wir bei den SMI-Unternehmen im Schnitt bereits bei gegen 30 Prozent Frauenanteil. Eine Quote im Executive Bereich finde ich wenig zielführend, zumal Frauen gewisse Studien- und Ausbildungsrichtungen im mathematisch-naturwissenschaftlichen oder technischen Bereich eher meiden. Da kann es bei Unternehmen in gewissen Branchen tatsächlich schwierig werden. Grundsätzlich finde ich aber, wenn eine Frau eine Leitungsfunktion wirklich will, kann sie das erreichen.
Was raten Sie weiter?
Es ist wichtig, bereits in der frühen Ausbildung ein anderes Denken und das Selbstbewusstsein zu fördern sowie besonders diese Fachgebiete zu stärken – besonders für Mädchen.