Der starke Schweizer Franken und die Interventionen zu seiner Schwächung sind seit Wochen das dominierende Wirtschaftsthema in der Schweiz. Und sowohl in Politik wie Wirtschaft gibt es plötzlich massenhaft Experten, die uns sagen, was die Schweizerische Nationalbank (SNB) kann, darf, soll oder muss. Und dies, obwohl alles andere als klar ist, wie sich eine solche Schwächung konkret erreichen lässt.
Vordergründig sieht es so aus, als hätte die Nationalbank mit ihren Interventionen bisher schon Erfolg gehabt. Der Schweizer Franken hat sich seit den Tiefstständen wieder etwas abgeschwächt. Doch dies ist kaum direkt auf die Massnahmen der Nationalbank zurückzuführen. Diese hat nur indirekt den Kurs beeinflusst, indem sie den Marktteilnehmern signalisierte, dass sie einem weiteren Anstieg nicht mehr tatenlos zusehen würde.
Demzufolge wurden Schweizer Franken zunehmend wieder abgestossen, da sich gleichzeitig auch ein Umschwung an den Börsen der Euroländer abzeichnete. So sehen wir, dass der Franken genau an den Tagen an Wert verlor, als die Börsen zulegten. Daraus können wir schliessen, dass die Schwächung des Schweizer Frankens zu einem grossen Teil dadurch zustande kam, dass Anleger ihr Geld aus der Schweiz abzogen und wieder an den Börsen in den Euroländern investierten.
Die bisherige Wirkung der Interventionen der SNB war also in erster Linie psychologisch bedingt und kaum auf die tatsächlichen Massnahmen zurückzuführen. Denn was versteckt sich wirklich hinter dem Begriff «Intervention der SNB»? Im Wesentlichen bedeutet dies einfach eine Erhöhung der Sichtguthaben (Giroguthaben) der Geschäftsbanken.
Das heisst, die SNB kauft der UBS, der Credit Suisse und anderen Banken selbst emittierte Wertpapiere (SNB Bills) oder Devisen ab (über sogenannte Devisen-Swaps) und sorgt auf diese Weise dafür, dass sich deren Sichtguthaben erhöhen. Diese Transaktionen haben zunächst jedoch gar keinen (Kauf von SNB Bills) oder nur einen minimen (Kauf von Devisen) Einfluss auf den Wechselkurs. Denn solange die Banken ihre zusätzlichen Guthaben nicht weiter verwenden, wird der Kurs des Schweizer Frankens nicht beeinflusst.
Damit die Banken aber die ihnen von der Zentralbank zur Verfügung gestellten Guthaben auch einsetzen, braucht es profitable Investitions- bzw. Kreditvergabemöglichkeiten. Wenn diese nicht vorhanden sind, kann man zwar die Bankkonten der Geschäftsbanken immer mehr füllen, aber die für eine Schwächung notwendige Geldmengenerhöhung beim Schweizer Franken bleibt trotzdem aus.
Wohlweislich hat sich die SNB deshalb bis jetzt davor gehütet, tatsächlich ein Wechselkursziel anzugeben, denn es ist keineswegs sicher, ob sie dieses verteidigen könnte, sofern es auf einem relevanten Niveau läge. Und falls es dann nicht klappen würde, stände sie tatsächlich mit abgesägten Hosen da und hätte an Glaubwürdigkeit eingebüsst. So kann man nur hoffen, dass die Psychologie auch in Zukunft funktioniert und sich die Marktteilnehmer durch reine Ankündigungen der SNB beeinflussen lassen.
Mathias Binswanger ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Fachhochschule Nordwestschweiz.