Die letzte grosse Hypothekarkrise in den USA ist am Schweizer Immobilienmarkt spurlos vorbeigegangen. Seit 2000 sind die Immobilienpreise in der Schweiz stetig gestiegen. Einfamilienhäuser haben sich seither um rund 30 Prozent verteuert, Eigentumswohnungen sogar um 40 Prozent. Ihre Preise sind mittlerweile wieder auf dem Rekordniveau von 1990, als die damalige Immobilienblase ihren Höchststand erreichte und kurz darauf platzte. In Zürich, einer der neuralgischen Hochpreisgegenden für Wohneigentum, liegen die Preise heute sogar einiges über dem Niveau von 1990.
Verständlich deshalb, dass man sich verstärkt die Frage stellt, ob sich inzwischen eine neue Immobilienblase gebildet hat. Der frühere Präsident der Schweizerischen Nationalbank, Philipp Hildebrand, bezeichnete bereits im Juni letzten Jahres einen Anstieg der Immobilienpreise als eine der grössten Gefahren für die Wirtschaft des Landes. Und öfters wurde die Befürchtung geäussert, dass die Schweiz in einer Subprime-Krise wie in den USA ende.
Tatsächlich sind die Bedingungen für eine Blase ideal. Die Hypothekarzinsen sind seit Jahren auf einem historischen Tiefstand. Diese niedrigen Zinsen verdanken wir paradoxerweise gerade der Subprime-Krise in den USA, welche die Zentralbanken dazu veranlasste, den Banken praktisch gratis unbeschränkt Reserven zur Verfügung zu stellen. Die Immobilienmarktkrise in den USA hat den Boom auf dem hiesigen Immobilienmarkt über die tiefen Zinsen noch einmal richtig angeheizt. Seit 2001 sind die Hypothekarforderungen der Banken um rund 70 Prozent gestiegen.
Doch nicht nur die Zahl der Hypothekarkredite ist beträchtlich gestiegen. Es gibt auch Anzeichen dafür, dass die Eigenmittelanforderungen der Banken bei der Vergabe der Hypothekarkredite zunehmend geringer werden. Denn die Konkurrenz unter den Banken ist gross. Traditionellerweise mussten in der Schweiz mindestens 20 Prozent Eigenmittel aufgebracht werden, um einen Hypothekarkredit zu erhalten. Doch die Finanzmarktaufsicht (Finma) beobachtet schon seit längerer Zeit, dass es immer mehr Ausnahmen gibt. So berichtete die «SonntagsZeitung», dass die französische Crédit Agricole nur noch zehn Prozent Eigenmittel von Schweizern verlange. Oder es wird auf Amortisationszahlungen verzichtet, und Kunden müssen über längere Zeit nur Zinszahlungen leisten. Klammheimlich versuchen einige Banken also auch bei uns, Kredite auf Subprime-Niveau zu vergeben.
Und noch einen weiteren Punkt gilt es zu berücksichtigen. In den neuesten Berechnungen des Swiss Real Estate Bubble Index stellt die UBS fest, dass der Anteil der Bautätigkeit am Bruttoinlandprodukt zurzeit auf einem relativ tiefen Niveau von 9,6 Prozent liegt, während er 1990 bei 14 Prozent lag. Doch wenn wir das Verhältnis der Eigenheimpreise zu den Jahresmieten anschauen, dann ist das Niveau wieder fast so hoch wie im Jahr 1990. Dies bedeutet, dass zurzeit kein aussergewöhnlich hohes Niveau bei der Bautätigkeit vorliegt. Hypothekarkredite werden vor allem zum Kauf von bereits bestehenden Liegenschaften verwendet, was deren Preise in die Höhe treibt.
Als Fazit lässt sich somit Folgendes festhalten: Es gibt deutliche Anzeichen für eine Blase auf dem Schweizer Immobilienmarkt. Statt nun aber an den Eigenkapitalanforderungen der Banken selbst herumzuschrauben, sollte die Finma dafür sorgen, dass bestimmte Mindeststandards bei der Vergabe von Hypotheken eingehalten werden, die sowohl die Eigenmittelanforderungen der Kreditnehmer als auch die Zahlungsmodalitäten betreffen.
Mathias Binswanger ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Fachhochschule Nordwestschweiz.