Knowledge-Management, kurz KM: Ein neues Schlagwort aus den PR-Küchen der Softwarehersteller und Consulter oder die Kurzformel für einen nachhaltigen Trend? Für Heinrich Christen, Leiter Knowledge Management Services von Ernst & Young Schweiz, hat sich diese Frage schon lange erledigt. Er befasst sich seit Anfang der Neunzigerjahre mit dem Thema und hat das globale Wissensmanagement des Beratungsunternehmens mit aufgebaut. Über 100 Millionen Dollar investierte Ernst & Young bereits in den Aufbau und Unterhalt eines so genannten K-Web for Knowledge, in dem die rund um den Erdball verstreuten Berater ihr Wissen in kurzen, beschlagworteten Artikeln ablegen und so auch anderen Mitarbeitern zur Verfügung stellen. «Seit wir ein geordnetes Wissensmanagement betreiben, ist der Pro-Kopf-Honorarertrag unserer Mitarbeiter markant gestiegen», bringt Christen seine Erfahrungen auf den Punkt.
Doppelt geleistete Arbeit, fehlender Zugriff auf innerbetrieblich bereits gefundene Lösungen und Zeitverschwendung bei der Informationssuche verursachen in der Wirtschaft, aber auch bei Behörden und Institutionen jährlich Milliardenverluste. «Deshalb hat die Mehrzahl der internationalen Konzerne KM-Projekte entweder in der Pipeline oder schon verwirklicht», so Rüdiger Reinhardt, Projektleiter im Kompetenzzentrum für Knowledge-Communication an der Uni St. Gallen. Viele dieser Unternehmen, vor allem amerikanischer Provenienz, führen bereits die Stelle eines Chief Knowledge Officers (CKO) in ihrem Organigramm. Managementgurus wie Lester Thurow, Professor für Wirtschaft und Management am Bostoner MIT, sehen voraus, dass der CKO mittelfristig den CFO als Nummer zwei in einer Firma ablösen wird.
Ein ähnliches Bild ergab eine auf die Schweiz beschränkte Umfrage unter Federführung des Instituts für Arbeitspsychologie der ETH Zürich. Die Untersuchung aus dem vergangenen Jahr fokussierte die mittleren und grossen Unternehmen und kommt zum Schluss, dass sich bereits rund 60 Prozent der befragten Gesellschaften mit Wissensmanagement-Projekten beschäftigen.
Anders sieht es hingegen bei den KMUs aus. Dort, so Reinhardt, sei das «Problembewusstsein noch nicht so weit entwickelt, dass den guten Absichten auch Taten folgen». Dabei sei das Thema durchaus auch für KMUs relevant, in erster Linie für schnell wachsende Unternehmen oder für Firmen mit einem grossen Anteil an hoch qualifizierten Mitarbeitern. Die haben zwar nicht mit Unübersichtlichkeit im eigenen Betrieb zu kämpfen, aber auch sie leiden darunter, wenn neues Wissen zu wenig schnell durch das Unternehmen fliesst oder bei der Kündigung von Kompetenzträgern verloren geht.
Eine mögliche Erklärung für die Zurückhaltung der KMUs liefert die Untersuchung der Zürcher Arbeitspsychologen: Sie hat gezeigt, dass der wichtigste Erfolgs- beziehungsweise Misserfolgsfaktor bei der Einführung des KM beim Engagement der Geschäftsleitung liegt. Und genau vor diesem Mehraufwand dürften viele KMU-Verantwortliche zurückschrecken. Umso mehr, als bereits die saubere Abklärung des eigenen Bedarfs sowie marktgängiger Lösungen mit viel Arbeit verbunden ist.
Ein erstes Hindernis ist die einschüchternde Breite des Themas. Der Begriff des Wissensmanagements ist ein Koloss. Er umfasst sämtliche Aspekte der betrieblichen Wissensbewirtschaftung von der Innovationsförderung über das Qualitätsmanagement bis hin zum Customer-Relationship-Management (CRM). Und je nach der Ausrichtung des KM sind andere Lösungen gefragt: So betrifft die Innovationsförderung oft nur einen Teil der Belegschaft, während bei der Qualitätssicherung alle Mitarbeiter involviert sein sollten.
Dazu kommt, dass jedes Wissensmanagement mit der Einführung von Softwaretools verbunden ist, bei deren Evaluation sich ein KMU-Verantwortlicher erneut in ein Labyrinth begibt. Denn seit das Wissensmanagement Hochkonjunktur hat, entdecken es viele Softwarehersteller und -dienstleister als Verkaufsargument. Laut einer aktuellen Untersuchung des britischen Marktanalyse- und Consulting-Unternehmens Ovum werden weltweit schon heute rund 15 Milliarden Dollar für Softwarelösungen ausgegeben, die unter dem Namen KM im Verkauf sind.
Nicht jede Software allerdings, die unter der Flagge Wissensmanagement segelt, dient dem KM im eigentlichen Sinne. «Da wird viel Missbrauch betrieben», weiss Heinrich Christen. Gefragt sind nicht einfach Suchmaschinen fürs Intranet oder Zusatztools zu einer betriebsübergreifenden Businesssoftware, sondern Programme, mit denen sich das persönliche Wissen der Mitarbeiter einfach erfassen, verwalten und verteilen lässt.
Die momentan am Markt erhältlichen spezifischen KM-Tools aus den USA und Deutschland sind vor allem auf den Einsatz in Grossunternehmen ausgerichtet. Kleinere Anbieter, unter ihnen auch Unternehmen aus der Schweiz, setzen indes mehr und mehr auf schlankere Lösungen und peilen damit die KMUs an. Der Knowledge-Manager der Urdorfer Jungfirma Myax zum Beispiel stellt den Mitarbeitern standardisierte Eingabemasken zur Verfügung, macht die Eingaben per Datenbankabfrage und Suchmaschine unternehmensweit verfügbar und bietet daneben auch die Möglichkeit, Mitarbeiter zu profilieren und sie per E-Mail automatisch mit den wichtigen Informationen zu versorgen.
Eckhart Rüss, CEO und Mitgründer der risikokapitalfinanzierten Myax, kann bereits auf zwölf Kunden zählen, die bereit waren, die Software im Wert von rund 700 Franken pro User bei sich zu installieren. Er spricht jedoch schon vom nächsten Schritt: «Jetzt müssen die Systeme noch intelligenter gemacht werden», meint Rüss. Zusammen mit der Uni Bern betreibt Myax derzeit ein Forschungsprojekt zum Thema «Autokatalogisierung der Inhalte». Die Software soll in die Lage versetzt werden, die erfassten Dokumente selbstständig einzuordnen und umzugruppieren.
Der Fokus der Myax-Lösung liegt auf der Kommunikation zwischen Profis, die wissen, was sie suchen und die Relevanz eines Suchresultats schnell zu erkennen vermögen. Aber was, falls dieses Vorwissen bei den Nutzern einer Knowledge-Datenbank fehlt, wenn der Nutzer keine Vorstellung davon hat, wie eine mögliche Antwort aussehen könnte, wenn er also auf seine Frage eine eindeutige Antwort braucht?
Mit solchen Fragen setzt sich die Münchensteiner E-Serve auseinander. Das 30-Personen-Unternehmen von CEO Dieter Wenger hat einen so genannten E-Worker entwickelt, der schriftliche Anfragen beantworten kann. Dank dem Einsatz von Forschungsergebnissen aus dem Gebiet der künstlichen Intelligenz (KI) erkennt ein E-Worker gewissermassen den Sinn einer Frage und liefert nur Dokumente aus, die präzise auf die Frage bezogen sind. Der Clou dabei: Der E-Worker ist kein fix programmiertes Expertensystem, sondern kann auch von IT-Laien laufend «geschult» werden – indem zum Beispiel der Synonymwortschatz ergänzt wird.
Zum Einsatz kommt der E-Worker bis jetzt vor allem im Rahmen der Kundenbetreuung. Zum Beispiel beim E-Banking der UBS oder beim Kundenservice von Coop. Charlotte Bühler leitet den Kundenservice des Detailhandelsriesen. Sie hält den E-Worker, für dessen «Weiterbildung» sie pro Monat einen Manntag einsetzt, für einen Volltreffer: «60 Prozent der monatlich eingehenden gut 2000 E-Mails beantwortet der E-Worker automatisch. Unseren Mitarbeitern werden nur noch Anfragen weitergeleitet, die den elektronischen Mitarbeiter überfordern.»
Für André-René Probst, Leiter der Knowledge-Management-Unit an der Uni Lausanne und Verwaltungsratspräsident bei E-Serve, sind Tools wie der E-Worker ein erster Schritt in die «Industrialisierung von wissensbasierten Dienstleistungen». Dass aber eines schönen Tages KM-Tools den Menschen ersetzen, glaubt auch Probst nicht. «E-Worker entlasten die Mitarbeiter nur von Routineaufträgen.»
Mit anderen Worten: Je höher die intellektuellen Anforderungen an das Knowledge-Management sind, desto wichtiger wird die Ausrichtung der betrieblichen Prozesse. Das klassische Beispiel dafür ist die Motivation der Mitarbeiter: Ein Mitarbeiter, der all sein Wissen, seine Kniffe und Erfahrungen dem Netzwerk zur Verfügung stellt, macht sich tendenziell ersetzbar. Davor fürchtet er sich, und deshalb braucht er bestimmte Anreize, sein Wissen trotzdem zu teilen. Ernst & Young beispielsweise erkürt von Fall zu Fall so genannte «knowledge champions of the month» und behält sich gleichzeitig die Möglichkeit vor, Berater, die gar nichts zum Wissensaustausch beitragen, mit Bonusabzügen zu sanktionieren.
Noch wichtiger wird das Thema Motivation bei der gezielten Innovationsförderung. «Viele gute Ideen sind kaum quantifizierbar. Deshalb kann eine direkte Bewertung böses Blut schaffen», weiss Peter Rusch, Entwicklungsleiter bei der Schwarzenburger Kaba Gilgen; diese Tochter der Kaba-Gruppe produziert Tore, Schiebetüren und bewegliche Wände mit speziellen Sicherheitsanforderungen. Der 36-jährige ETH-Ingenieur führt drei sechsköpfige Teams, die jeweils die Weiterentwicklung einer Produktgruppe verantworten. Rusch suchte jahrlang nach Möglichkeiten, den Informationsfluss unter den Teams zu intensivieren. Schliesslich absolvierte er das berufsbegleitende KM-Nachdiplomstudium am Zentrum für Prozessgestaltung der Fachhochschule Aargau (ZPA) und entwickelte im Rahmen seiner praktischen Diplomarbeit ein durchaus originelles Anreizmodell. Ein Modell, das ganz nebenbei auch beweist, dass sich Knowledge-Management zumindest in kleinen Teams auch ohne kostspielige IT-Investitionen einführen lässt.
Rusch richtete teamübergreifende Gruppen ein, die sich einmal im Jahr mit der Geschäftsleitung und der Marketingabteilung an einen Tisch setzen und eine Liste von Wunschprodukten erstellen. Dann wird eruiert, welche technischen Probleme diesen Wunschprodukten im Wege stehen. Sobald ein Entwickler bei seiner Arbeit für eines dieser Probleme eine Lösung findet, hat er die Freiheit, zuhanden der Geschäftsleitung einen Bericht zu erstellen.
«Dann müssen sich die Ingenieure vor der Geschäftsleitung verkaufen», kommentiert Rusch. Direkt gehaltswirksam wird das nicht, aber wer das Management mit kommerzialisierbaren Vorschlägen zu beeindrucken versteht, hat beim nächsten Qualifikationsgespräch bessere Karten in der Hand. Rusch setzt die Präsentationen jeweils bewusst vor der Lohnrunde an; mit dem Resultat, dass die Lohnsumme seiner Abteilung laufend steigt.
Doppelt geleistete Arbeit, fehlender Zugriff auf innerbetrieblich bereits gefundene Lösungen und Zeitverschwendung bei der Informationssuche verursachen in der Wirtschaft, aber auch bei Behörden und Institutionen jährlich Milliardenverluste. «Deshalb hat die Mehrzahl der internationalen Konzerne KM-Projekte entweder in der Pipeline oder schon verwirklicht», so Rüdiger Reinhardt, Projektleiter im Kompetenzzentrum für Knowledge-Communication an der Uni St. Gallen. Viele dieser Unternehmen, vor allem amerikanischer Provenienz, führen bereits die Stelle eines Chief Knowledge Officers (CKO) in ihrem Organigramm. Managementgurus wie Lester Thurow, Professor für Wirtschaft und Management am Bostoner MIT, sehen voraus, dass der CKO mittelfristig den CFO als Nummer zwei in einer Firma ablösen wird.
Ein ähnliches Bild ergab eine auf die Schweiz beschränkte Umfrage unter Federführung des Instituts für Arbeitspsychologie der ETH Zürich. Die Untersuchung aus dem vergangenen Jahr fokussierte die mittleren und grossen Unternehmen und kommt zum Schluss, dass sich bereits rund 60 Prozent der befragten Gesellschaften mit Wissensmanagement-Projekten beschäftigen.
Anders sieht es hingegen bei den KMUs aus. Dort, so Reinhardt, sei das «Problembewusstsein noch nicht so weit entwickelt, dass den guten Absichten auch Taten folgen». Dabei sei das Thema durchaus auch für KMUs relevant, in erster Linie für schnell wachsende Unternehmen oder für Firmen mit einem grossen Anteil an hoch qualifizierten Mitarbeitern. Die haben zwar nicht mit Unübersichtlichkeit im eigenen Betrieb zu kämpfen, aber auch sie leiden darunter, wenn neues Wissen zu wenig schnell durch das Unternehmen fliesst oder bei der Kündigung von Kompetenzträgern verloren geht.
Eine mögliche Erklärung für die Zurückhaltung der KMUs liefert die Untersuchung der Zürcher Arbeitspsychologen: Sie hat gezeigt, dass der wichtigste Erfolgs- beziehungsweise Misserfolgsfaktor bei der Einführung des KM beim Engagement der Geschäftsleitung liegt. Und genau vor diesem Mehraufwand dürften viele KMU-Verantwortliche zurückschrecken. Umso mehr, als bereits die saubere Abklärung des eigenen Bedarfs sowie marktgängiger Lösungen mit viel Arbeit verbunden ist.
Ein erstes Hindernis ist die einschüchternde Breite des Themas. Der Begriff des Wissensmanagements ist ein Koloss. Er umfasst sämtliche Aspekte der betrieblichen Wissensbewirtschaftung von der Innovationsförderung über das Qualitätsmanagement bis hin zum Customer-Relationship-Management (CRM). Und je nach der Ausrichtung des KM sind andere Lösungen gefragt: So betrifft die Innovationsförderung oft nur einen Teil der Belegschaft, während bei der Qualitätssicherung alle Mitarbeiter involviert sein sollten.
Dazu kommt, dass jedes Wissensmanagement mit der Einführung von Softwaretools verbunden ist, bei deren Evaluation sich ein KMU-Verantwortlicher erneut in ein Labyrinth begibt. Denn seit das Wissensmanagement Hochkonjunktur hat, entdecken es viele Softwarehersteller und -dienstleister als Verkaufsargument. Laut einer aktuellen Untersuchung des britischen Marktanalyse- und Consulting-Unternehmens Ovum werden weltweit schon heute rund 15 Milliarden Dollar für Softwarelösungen ausgegeben, die unter dem Namen KM im Verkauf sind.
Nicht jede Software allerdings, die unter der Flagge Wissensmanagement segelt, dient dem KM im eigentlichen Sinne. «Da wird viel Missbrauch betrieben», weiss Heinrich Christen. Gefragt sind nicht einfach Suchmaschinen fürs Intranet oder Zusatztools zu einer betriebsübergreifenden Businesssoftware, sondern Programme, mit denen sich das persönliche Wissen der Mitarbeiter einfach erfassen, verwalten und verteilen lässt.
Die momentan am Markt erhältlichen spezifischen KM-Tools aus den USA und Deutschland sind vor allem auf den Einsatz in Grossunternehmen ausgerichtet. Kleinere Anbieter, unter ihnen auch Unternehmen aus der Schweiz, setzen indes mehr und mehr auf schlankere Lösungen und peilen damit die KMUs an. Der Knowledge-Manager der Urdorfer Jungfirma Myax zum Beispiel stellt den Mitarbeitern standardisierte Eingabemasken zur Verfügung, macht die Eingaben per Datenbankabfrage und Suchmaschine unternehmensweit verfügbar und bietet daneben auch die Möglichkeit, Mitarbeiter zu profilieren und sie per E-Mail automatisch mit den wichtigen Informationen zu versorgen.
Eckhart Rüss, CEO und Mitgründer der risikokapitalfinanzierten Myax, kann bereits auf zwölf Kunden zählen, die bereit waren, die Software im Wert von rund 700 Franken pro User bei sich zu installieren. Er spricht jedoch schon vom nächsten Schritt: «Jetzt müssen die Systeme noch intelligenter gemacht werden», meint Rüss. Zusammen mit der Uni Bern betreibt Myax derzeit ein Forschungsprojekt zum Thema «Autokatalogisierung der Inhalte». Die Software soll in die Lage versetzt werden, die erfassten Dokumente selbstständig einzuordnen und umzugruppieren.
Der Fokus der Myax-Lösung liegt auf der Kommunikation zwischen Profis, die wissen, was sie suchen und die Relevanz eines Suchresultats schnell zu erkennen vermögen. Aber was, falls dieses Vorwissen bei den Nutzern einer Knowledge-Datenbank fehlt, wenn der Nutzer keine Vorstellung davon hat, wie eine mögliche Antwort aussehen könnte, wenn er also auf seine Frage eine eindeutige Antwort braucht?
Mit solchen Fragen setzt sich die Münchensteiner E-Serve auseinander. Das 30-Personen-Unternehmen von CEO Dieter Wenger hat einen so genannten E-Worker entwickelt, der schriftliche Anfragen beantworten kann. Dank dem Einsatz von Forschungsergebnissen aus dem Gebiet der künstlichen Intelligenz (KI) erkennt ein E-Worker gewissermassen den Sinn einer Frage und liefert nur Dokumente aus, die präzise auf die Frage bezogen sind. Der Clou dabei: Der E-Worker ist kein fix programmiertes Expertensystem, sondern kann auch von IT-Laien laufend «geschult» werden – indem zum Beispiel der Synonymwortschatz ergänzt wird.
Zum Einsatz kommt der E-Worker bis jetzt vor allem im Rahmen der Kundenbetreuung. Zum Beispiel beim E-Banking der UBS oder beim Kundenservice von Coop. Charlotte Bühler leitet den Kundenservice des Detailhandelsriesen. Sie hält den E-Worker, für dessen «Weiterbildung» sie pro Monat einen Manntag einsetzt, für einen Volltreffer: «60 Prozent der monatlich eingehenden gut 2000 E-Mails beantwortet der E-Worker automatisch. Unseren Mitarbeitern werden nur noch Anfragen weitergeleitet, die den elektronischen Mitarbeiter überfordern.»
Für André-René Probst, Leiter der Knowledge-Management-Unit an der Uni Lausanne und Verwaltungsratspräsident bei E-Serve, sind Tools wie der E-Worker ein erster Schritt in die «Industrialisierung von wissensbasierten Dienstleistungen». Dass aber eines schönen Tages KM-Tools den Menschen ersetzen, glaubt auch Probst nicht. «E-Worker entlasten die Mitarbeiter nur von Routineaufträgen.»
Mit anderen Worten: Je höher die intellektuellen Anforderungen an das Knowledge-Management sind, desto wichtiger wird die Ausrichtung der betrieblichen Prozesse. Das klassische Beispiel dafür ist die Motivation der Mitarbeiter: Ein Mitarbeiter, der all sein Wissen, seine Kniffe und Erfahrungen dem Netzwerk zur Verfügung stellt, macht sich tendenziell ersetzbar. Davor fürchtet er sich, und deshalb braucht er bestimmte Anreize, sein Wissen trotzdem zu teilen. Ernst & Young beispielsweise erkürt von Fall zu Fall so genannte «knowledge champions of the month» und behält sich gleichzeitig die Möglichkeit vor, Berater, die gar nichts zum Wissensaustausch beitragen, mit Bonusabzügen zu sanktionieren.
Noch wichtiger wird das Thema Motivation bei der gezielten Innovationsförderung. «Viele gute Ideen sind kaum quantifizierbar. Deshalb kann eine direkte Bewertung böses Blut schaffen», weiss Peter Rusch, Entwicklungsleiter bei der Schwarzenburger Kaba Gilgen; diese Tochter der Kaba-Gruppe produziert Tore, Schiebetüren und bewegliche Wände mit speziellen Sicherheitsanforderungen. Der 36-jährige ETH-Ingenieur führt drei sechsköpfige Teams, die jeweils die Weiterentwicklung einer Produktgruppe verantworten. Rusch suchte jahrlang nach Möglichkeiten, den Informationsfluss unter den Teams zu intensivieren. Schliesslich absolvierte er das berufsbegleitende KM-Nachdiplomstudium am Zentrum für Prozessgestaltung der Fachhochschule Aargau (ZPA) und entwickelte im Rahmen seiner praktischen Diplomarbeit ein durchaus originelles Anreizmodell. Ein Modell, das ganz nebenbei auch beweist, dass sich Knowledge-Management zumindest in kleinen Teams auch ohne kostspielige IT-Investitionen einführen lässt.
Rusch richtete teamübergreifende Gruppen ein, die sich einmal im Jahr mit der Geschäftsleitung und der Marketingabteilung an einen Tisch setzen und eine Liste von Wunschprodukten erstellen. Dann wird eruiert, welche technischen Probleme diesen Wunschprodukten im Wege stehen. Sobald ein Entwickler bei seiner Arbeit für eines dieser Probleme eine Lösung findet, hat er die Freiheit, zuhanden der Geschäftsleitung einen Bericht zu erstellen.
«Dann müssen sich die Ingenieure vor der Geschäftsleitung verkaufen», kommentiert Rusch. Direkt gehaltswirksam wird das nicht, aber wer das Management mit kommerzialisierbaren Vorschlägen zu beeindrucken versteht, hat beim nächsten Qualifikationsgespräch bessere Karten in der Hand. Rusch setzt die Präsentationen jeweils bewusst vor der Lohnrunde an; mit dem Resultat, dass die Lohnsumme seiner Abteilung laufend steigt.
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