Sie treten als Delegierte des Verwaltungsrats des Zurich Film Festival (ZFF) zurück - und das eine Woche vor Festivalstart.
Das Timing ist reiner Zufall. Wir stellen mit diesem Schritt sicher, dass die operative Führung nicht mehr mit der strategischen verbunden ist. Deshalb treten Karl Spoerri und ich als Co-Direktoren aus dem Verwaltungsrat zurück. Selbstverständlich bilden wir weiter das Leitungsteam des ZFF. 

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Weshalb also der Abschied aus dem Verwaltungsrat?
Die klare Trennung ist eine der Voraussetzung, damit das ZFF weiterhin Kulturgeldern der Stadt Zürich und vom Bundesamt für Kultur erhält. 

Die Stadt Zürich und der Bund haben früher 350’000 Franken respektive 250’000 Franken an Kulturförderung gesprochen. Diese blieb 2018 aus. Offenbar war die Transparenz ungenügend.
2016 hat die Neue Zürcher Zeitung die Mehrheit an der ZFF AG übernommen. Anfänglich wollten die neuen Eigner nicht Zahlen aus Tochterfirmen zeigen, welche mit der damaligen Struktur erforderlich gewesen wäre. Erst mit dem Umbau der Firma war es nun möglich, die notwendige Transparenz zu liefern. So steht nun eigentlich nichts mehr im Weg für die Weiterführung der Leistungsvereinbarung der öffentlichen Hand. 

«Das ZFF ist ein Unternehmen, das über 7 Millionen Franken erwirtschaften muss.»

Das ZFF ist schnell gewachsen, hat das Organisatorische darunter gelitten?
Das Unternehmen ist in der Tat schnell gewachsen und wir haben am Anfang zu wenig Aufmerksamkeit in die Struktur und Kontrolle gesetzt, sodass sind wir in rote Zahlen rutschten. Im Jahr 2008 haben wir die Firma neu aufgestellt – ich agierte ab diesem Zeitpunkt als Managing Director und Karl Spoerri als Artistic Director. Wir ergänzen uns nun bestens und mittlerweile ist das Unternehmen stets gewachsen und konnte sich in diesen zehn Jahren kontinuierlich weiterentwickeln. 

Also schrieben Sie den ersten drei Jahren rot?
Nein, das schon nicht, denn wir haben in den ersten drei Jahren noch unsere Ersparnisse mit eingesetzt. Jetzt ist es längst ein Unternehmen, welches über 7 Millionen Franken erwirtschaften muss – es arbeiten 20 Fest- und mehr als 30 Teilzeitangestellte mit. Am Festival kommen weitere 400 Personen dazu. Wir zeigen 160 Filme aus aller Welt, über 500 Gäste reisen nach Zürich, um ihren Film zu präsentieren, 120 Events werden durchgeführt. Diese Firma ist somit längst professionell aufgestellt, sonst würde dies alles gar nicht gehen.

Wie viele Stunden arbeiten Sie als Managing Director?
Alle hier im Team arbeiten mit Elan und viel. Vor dem Festival kann es auch mal vorkommen, dass ich bereits um drei oder vier Uhr morgens mit der Arbeit beginne, dies aber vor allem, weil ich in dieser Zeit vor dem ZFF schlecht schlafe.

Nadja Schildknecht und Karl Spoerri

Nadja Schildknecht und Karl Spoerri: Als Co-Direktoren aus dem Verwaltungsrat zurückgetreten.

Quelle: © KEYSTONE / WALTER BIERI

Nun haben Sie einen Verwaltungsrat, der Sie kontrolliert. Wie hart ist es das für eine Firmengründerin?
Ich sehe das nicht als Nachteil, denn wir selbst und unsere Meinung sind nach wie vor geschätzt und werden gehört.  

Der neue Verwaltungsratspräsident war früher Chefredaktor der NZZ am Sonntag. Ein Filmkenner ist er nicht.
Felix E. Müller verfügt über eine sehr grosse publizistische Erfahrung und hat sich immer auch mit kulturellen Themen beschäftigt. So ist er früh mit dem damals noch jungen ZFF eine Kooperation eingegangen, die später mit der Lancierung des Filmmagazins Frame noch vertieft wurde. 

Sie halten noch 16 Prozent am ZFF. Wie lange noch?
Ich bin weiterhin Mitaktionärin.

Sind Sie auch 2019 noch als Aktionärin und Managing Director dabei?
Ja. Die NZZ hat ja bereits im Sommer 2016 die Mehrheit der Aktien der ZFF AG übernommen, seither sind wir – wie früher – immer voll motiviert. Dies werde ich bleiben, bis ich beschliesse, dass ich noch andere Aktivitäten umsetzen möchte. Was dies sein wird, werde ich sehen. Step by step. 

Sie mussten sich in den letzten Monaten mit Kultur-Beamten der Stadt Zürich und vom Bund herumschlagen. Wie wars?
Konkret sind wir mit dem Bund daran, eine neue Leistungsvereinbarung auszuarbeiten, welche im Dezember 2018 unterschrieben werden soll. Dies klingt einfach, war es aber nicht. Gut ist, dass beide Parteien nun nach dieser langen Strecke das Ziel vor Augen haben.

Jetzt müssen das Bundesamt für Kultur und die Stadt Zürich die Gelder noch definitiv bewilligen. Schaffen Sie es?
Alle Parteien wissen, dass die Zusammenarbeit wichtig ist und nach der Umstrukturierung sollte dies wieder möglich sein. In der Stadt Zürich entscheidet dies der Gemeinderat. Vom Bund habe ich Signale, dass die Leistungsvereinbarung von 2019 bis 2020 zum Tragen kommt.

Das Filmfestival Locarno erhält 1,5 Millionen Franken vom Bund, Sie vermutlich nur 250’000 Franken. Neidisch?
Grundsätzlich sieht man, wenn man die Subventionsverteilung durchleuchtet, dass politische Komponenten stark mitspielen. Ich lasse nie etwas unversucht und ich werde mich immer dafür einsetzen, dass wir die bestmögliche Unterstützung erhalten. Ich bin stolz, dass wir uns etabliert haben und zur Strahlkraft von Zürich beitragen können, auch mit weniger Subvention. 

Jake Gyllenhaal am Zurich Film Festival

ZFF entwickelt internationale Strahlkraft: US-Schauspieler Jake Gyllenhaal zu Besuch am ZFF 2017.

Quelle: © KEYSTONE / ENNIO LEANZA

Was machen Sie besser als das Filmfestival Locarno?
Dieses Urteil überlasse ich anderen. Wir stehen nicht in Konkurrenz zu Locarno, beide Festivals haben mittlerweile ihre Berechtigung und tragen viel für die Filmkultur in der Schweiz bei.

Locarno hat ein Budget von 14 Millionen Franken, und Sie?
Unser Budget beträgt 7,3 Millionen Franken plus Gegenleistungen der Sponsoren oder Partner wie ich sie nenne, denn das Wort Sponsoring ist nicht mehr zeitgerecht, wo es um «Return on Investment» geht. 

Die Nespresso-Maschinen, die Dyson-Ventilatoren?
Natürlich sind dies alles Gegenleistungen. USM Haller-Möbel, upc Simkarten, Samsung Handys, die Stühle, die Computer, alles. Wir haben seit unserem Startup gelernt, sehr haushälterisch und kreativ mit unseren Ressourcen umzugehen und das ist auch gut so.