Auch dieses Jahr wurde, wie man es gewohnt ist, souverän über die Euro-Krise, die Bedeutung der Schwellenländer und die globale Nachhaltigkeit diskutiert. Und auch das diesjährige Teilnehmerbild zeigte, geprägt von der Exklusivität des Zirkels, den Sicherheitsbemühungen sowie der Medienaufmerksamkeit, ungebrochenen Idolcharakter. Doch was gegen aussen wie ein Idol wirkt, ist innen immer zunächst Mensch. Für Könige und Staatschefs sind es Mätressen, für Vertreter der Medien- und Unterhaltungsbranche Twitter und Facebook: Beides sind Formen des neuzeitlichen Whistleblowings, und beides hat in der Vergangenheit gewollt oder ungewollt zur Demaskierung gesellschaftlicher Idole beigetragen und urmenschliche Bedürfnisse, aber auch ganz einfach alltägliche Eigenheiten von öffentlichen Personen ans Licht gebracht. Wie steht es eigentlich mit den Wirtschaftsidolen am WEF? Wenn auch selten öffentlich demaskiert, sind auch diese Wirtschaftskapitäne nur Menschen. Sei es ein Fleck auf der Krawatte vor dem Treffen mit Angela Merkel, sei es ein ernüchterndes Telefonat mit der entnervten Ehefrau vor dem Gang aufs Podium – auch die Leaders of today können sich Alltagsproblemen und Gefühlsregungen nur schwer entziehen und leben so einen (fast) menschlichen Alltag etwas abseits ihres stets souveränen und teilweise unantastbaren Auftritts. So erstaunt es auch nicht, dass am WEF für einmal ein Referat des Helden vom Hudson River, des Piloten Chesley Sullenberg, mehr Aufmerksamkeit fand als dasjenige über die Gleichstellung von Mann und Frau in den Schwellenländern. Oder in den Worten der «Financial Times»: Auch Wirtschaftsführer brauchen Helden. Denn das WEF ist nebst seiner wirtschaftlich unbestrittenen Bedeutung für unsere Wirtschaftskapitäne auch ein Ort der Menschlichkeit. Ein Ort der Freude, zum exklusiven Kreis der globalen Elite zu gehören, ein Ort des Austauschs, um mit seinesgleichen die damit verbundenen Probleme zu diskutieren – und vielleicht auch ein Ort der Angst, schon bald vom Publikum aus dem «alpinen Dschungelcamp» abgewählt zu werden.

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