Mit Sparpolitik hat sich Saudi-Arabien in der Vergangenheit nicht so sehr beschäftigt. Im Gegenteil: Dank der grossen Ölreserven und eines florierenden Rohstoffexports investierte die Golfmonarchie über Jahre in milliardenschwere Grossprojekte. Die Hauptstadt Riad bekommt eine U-Bahn, der Ausbau des Flughafens in der Hafenstadt Jedda soll bald abgeschlossen sein.

Milliarden steckt das Land auch in das Gesundheitswesen. Erst im Frühjahr zeigte sich der neue König Salman Bin Abdulaziz spendabel, als er den Staatsbediensteten bei Amtsantritt zwei Extragehälter zukommen liess.

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Stark abhängig von den Öleinnahmen

Doch die Zeit des sorglosen Geldausgebens dürfte bald vorbei sein. Das Königreich leidet unter dem Verfall des Ölpreises, schliesslich speist sich der Staatshaushalt zu fast 90 Prozent aus Öleinnahmen. In diesem Jahr drohe dem Land ein massives Haushaltdefizit von mehr 21 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, im nächsten Jahr von rund 19 Prozent, warnte der Internationale Währungsfonds (IWF).

Grund zur Panik gibt es noch nicht. Saudi-Arabien besass bisher üppige Währungsreserven in Höhe von fast 730 Milliarden Dollar (723 Milliarden Franken). Sie versetzen das Land in die Lage, an seiner Ölpolitik festzuhalten. Riad weigert sich trotz des Ölpreisverfalls, den Export zu drosseln. Die Saudis setzen darauf, mit langem Atem Marktanteile vor allem gegen Schieferöl-Produzenten in den USA zu verteidigen.

Hohe Jugendarbeitslosigkeit

Doch wie lange kann Riad diesen Kurs durchhalten? Die Währungsreserven sollen in diesem Jahr laut Schätzungen bereits um etwa 70 Milliarden Dollar geschrumpft sein. Der IWF jedenfalls warnt die saudische Regierung: Sollte das Königreich seine bisherige Ausgabenpolitik fortsetzen, könnte es sein Finanzvermögen innerhalb von fünf Jahren aufgebraucht haben. Damit steht Saudi-Arabien schlechter da als andere Ölproduzenten vom Golf.

Schon jetzt leidet das Land trotz seines Ölreichtums unter sozialen Konflikten. Vor allem unter jungen Akademikern regt sich Unmut. Viele besitzen zwar Hochschulabschlüsse, finden aber keine Jobs, weil es für saudische Firmen einfacher und günstiger ist, Ausländer anzustellen. Bei rund 30 Prozent soll die Jugendarbeitslosigkeit in Saudi-Arabien liegen, schätzen Analysten.

IWF warnt

IWF-Chefin Christine Lagarde mahnte Anfang November bei ihrem Besuch in Riad, der Rückgang des Ölpreises habe die Notwendigkeit von Reformen im Königreich erhöht. Laut Medien denken die Saudis darüber nach, die üppigen Energiesubventionen von mehr als 35 Milliarden Dollar jährlich zu reduzieren. Auch so manches Infrastrukturprojekt könnte aufgeschoben werden. Zudem wollen die Staaten des Golfkooperationsrates (GCC) erstmals eine Mehrwertsteuer einführen.

Beschleunigen dürfte der Ölpreisverfall die Diversifizierung der saudischen Wirtschaft: weg vom Rohstoffexport, hin zu Industrie und anderen Sektoren. Denn spätestens seit dem Pariser Klimaabkommen dürfte auch den Monarchen am Golf bewusst sein, dass der Verkauf von Rohöl keine lange währendes Erfolgsmodell mehr sein wird.

(awp/sda/dpa/ccr)