Es ist Fasnacht, und wie üblich darf an Fasnacht alles und jedes mit Narrenfreiheit diskutiert werden. Dieses Jahr sind – wie könnte es anders sein? – die Banken das Thema, nachdem sie uns ja angeblich in die grösste Wirtschaftskrise aller Zeiten bugsiert haben. Vergessen wird dabei, dass die Verursacher hauptsächlich das total überschuldete Amerika und Grossbritannien waren und nicht allein die überbezahlten Banker.
Das Fatale an der Diskussion ist, dass sie ernst gemeint ist und sich Linke wie Rechte einig sind, dass der Staat die viel zu grossen Banken übernehmen, zurechtstutzen oder managen muss, damit sie der Grösse des Landes angepasst werden können, was auch immer das bedeuten mag. Das Beispiel unseres nördlichen Nachbarn, der Staatsbanken liebt, spielt in der Debatte keine Rolle, obwohl die Verluste dieser Staatsbanken seit Jahrzehnten so gross sind, dass sie nur Staatsbanken sein können.
Unsere beiden Grossbanken, die mit der Globalisierung der Schweizer Wirtschaft über die Jahrzehnte globale Banken geworden sind, haben einen unvergleichlich besseren Leistungsausweis als Staatsbanken. Natürlich war die unsinnige Ausweitung des Handelsgeschäftes der letzten Jahre unnötig, aber niemand hat gegen die Gewinne und Steuereinnahmen protestiert, weder die Linke noch die Rechte. Nachdem nun eine Grossbank vom Staat hat unterstützt werden müssen, weil der Kapitalmarkt global zurzeit nicht funktioniert, malt man den Teufel an die Wand und jammert, das Land sei zu klein, um Banken dieser Grösse zu haben. Man glaubt, wenn man die Bilanzen der beiden Grossbanken um die Handelsbestände reduziert, wird man wieder ruhiger schlafen können. Ich stimme mit Professor Niklaus Blattner überein, dass Korrekturen erfolgen müssen, wenn eine Bank «too big to fail» wird. Oder noch besser: Keine Bank sollte je «too big to fail» werden, dafür haben wir ja Aufsichtsbehörden und Gesetze. Aber wir haben auch gesehen, dass Kapitalvorschriften allein nicht genügen, wenn die Überwachung des gesamten Geschäftes nicht funktioniert.
Die Schweiz wird um ihre Banken beneidet. Sie haben uns Wohlstand und Ansehen gebracht; sie sind Millionen von Menschen in aller Welt gut genug, dass diese ihre Vermögen bei uns anlegen. Es ist gerade mal ein Menschenleben her, seit die Schweiz ihre Obligationen noch mit Gold unterlegen musste, weil ihr Kredit nicht gut genug war. Wenn wir uns jetzt vom globalen Bankgeschäft zurückziehen, wie heftig diskutiert wird, müssen wir uns der Konsequenzen bewusst sein. Unsere Wirtschaft, die vom globalen Markt abhängig ist, kann mit bloss lokalem Banken-Know-how nicht wachsen. Das Private-Banking-Geschäft, die Haupteinahmequelle unserer Banken, wird sich ohne globale Institute mit Expertise in Investment Banking und Asset Management erheblich reduzieren, und das Vertrauen in die vielen kleinen Privatbanken wird schnell schwinden. Wenn wir die Diskussionen über unsere Banken so weiterführen, unterminieren wir das Vertrauen in sie, das wir ja gerade aufbauen wollen.
Dies erinnert mich an eine Fabel: «Es war einmal ein armer Bauer. Eines Tages fand er im Nest seiner Lieblingsgans ein schweres, gelb glänzendes Ei. Erst dachte er, man habe ihm einen Streich gespielt. Als er es dann doch schätzen liess, stellte sich heraus, dass das Ei aus reinem Gold war. Der Bauer konnte sein Glück kaum fassen. Tag für Tag legte die Gans ihm ein neues goldenes Ei. Der Bauer verkaufte diese und wurde schnell sehr reich. Dabei wurde er immer gieriger und ungeduldiger. Schliesslich beschloss er, die Gans zu schlachten, um sofort an alle Eier heranzukommen. Doch da stellte er fest, dass der Bauch leer war. Jetzt hatte er eine tote Gans, die keine goldenen Eier mehr legte.»
Wir sollten die Gans am Leben erhalten, auch wenn sie zurzeit keine goldenen Eier legt.
Oswald J. Grübel arbeitete 40 Jahre für die Credit Suisse, zuletzt während fünf Jahren als Konzernchef. Anfang Mai 2007 trat er in den Ruhestand.