Gerade noch vor Ende des schlechtesten Börsenjahres seit Menschengedenken kam die Nachricht, Fundmanager Madoff habe 50 Milliarden Dollar veruntreut. Ein neuer Rekord in Sachen Betrug – und wird es hoffentlich für einige Zeit bleiben. Madoff war sehr geschickt, das muss man ihm zugestehen. Damit er nicht auffiel, versprach er keine exorbitanten Renditen, sondern rapportierte Erträge um zehn Prozent, in guten wie in schlechten Jahren. Das ermöglichte ihm, Rückzahlungen stets mit Neugeldzuflüssen abzudecken.

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Wo aber war die Aufsicht? Wie kann es sein, dass der grösste Finanzplatz der Welt kläglich versagte? Ausgerechnet nachdem die US-Regierung nach Betrügereien Anfang des Jahrtausends eine neue Gesetzgebung, den Sarbanes-Oxley Act, eingeführt hatte, der durch bessere Überwachung und Selbstkontrolle der Unternehmen genau das verhindern sollte.

Das hat nichts mit Finanzkrise zu tun, ausser dass sie half, den Fall aufzudecken. Es hat vielmehr mit einer sich stetig verschlechternden Geschäftsmoral in den USA zu tun, und das ist gefährlich. Die Hintergründe könnten in einer falsch verstandenen Shareholder-Value-Optimierung liegen. Professor Malik hat seit Jahren darauf hingewiesen. Es geht dabei darum, kurzfristige Gewinne zu erzielen, die dem Aktienkurs Auftrieb geben und für hohe gewinnabhängige Vergütungen sorgen. Dass diese Art der Optimierung nur in Perioden starken Wirtschaftswachstums funktioniert, hat uns die Geschichte gezeigt. Der ungeheure Aufwand für die Umsetzung von Sarbanes-Oxley, den die USA allen in ihrem Land notierten Firmen aufzwangen, scheint nicht gerechtfertigt zu sein. Der Untergang der Investmentbanken 75 Jahre nach ihrer Separierung von den Geschäftsbanken ist ein Beispiel von kurzfristiger Optimierung und Gier.

Jetzt, da die USA am Ende der Kreditoptimierung des Konsumenten sind und weiter auflaufende Schulden nicht mehr verbrieft werden können, sieht es so aus, als würde der letzte Verschuldungskraftakt vom Staat inszeniert. Erst wurden alle Banken mit faulen Krediten durch Kapitalzuschüsse, Zusammenschlüsse oder Übernahme der Kredite durch die Fed saniert. Dann kamen Milliardenkredite für die Autoindustrie, die von Gewerkschaften und mangels Entwicklungsarbeit ruiniert wurde. Der neue Präsident hat ein Konjunkturpaket zusammengestellt, von dem noch offensteht, ob es über 1000 Milliarden kostet. All das wird einen kurzfristig positiven Effekt in den USA und ein bisschen im Rest der Welt haben, aber leider nicht mehr. Die USA müssen als grösste Wirtschaftsmacht zu einer nachhaltigeren Geschäftsethik zurückfinden, und zwar schnell, wenn sie eine Beschleunigung des Vertrauensverlusts vermeiden wollen.

Wie sollen sich Investoren im neuen Jahr verhalten? In der aktuellen Wirtschaftssituation, in der klar ist, dass eine Rezession stattfindet, aber unklar, wie lange sie anhält, sollte man sich dem Markt anpassen und kurzfristig investieren, mit einem Zeithorizont von drei bis sechs Monaten. Die Märkte werden mit grosser Wahrscheinlichkeit unterm Jahr mehrmals die Richtung ändern. Die Aktienmärkte haben das grösste Potenzial, in den nächsten Monaten zu steigen, und damit die Preise für Industrieanleihen, die zurzeit noch gute Renditen abgeben. Finanzwerte eignen sich nur für ganz harte Spekulanten, denn diese Industrie wird auch 2009 Schwierigkeiten haben, die erwartete Profitabilität zu erreichen.

Die Währung, in der man investiert, spielt eine grosse Rolle. Der Dollar wird aus den erwähnten Gründen grosse Schwankungen haben, aber auch der Euro wird unter der so viel schlechteren Wirtschaftslage der PIIGS-Staaten (Portugal, Italien, Irland, Griechenland, Spanien) leiden. Bis Mitte Jahr sollte der Euro Oberhand haben.

Ich wünsche Ihnen ein erfolgreiches Jahr.

Oswald J. Grübel arbeitete 40 Jahre für die Credit Suisse, zuletzt während fünf Jahren als Konzernchef. Anfang Mai 2007 trat er in den Ruhestand.