Es ist die Zeit der Preise. Vergeben sind schon der Friedensnobelpreis, einige Literaturpreise und jene für die Schweizer Sportlerinnen und Sportler des Jahres. Nicht alle sind mit den Zuteilungen glücklich.

Bei den Sportpreisen geht es auf der Basis von zerschnittenen Sekunden noch ordentlich zu, bei der Kultur ist es schon schwieriger, da muss der Autor einfach lange genug leben. Oder wie der Alt-Wiener Billy Wilder, der geniale Verfilmer von «Some Like It Hot», es anlässlich der Annahme einer Auszeichnung formulierte: «Mit den Preisen ist es wie mit den Hämorrhoiden, mit der Zeit bekommt sie jedes A…»

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Der Mann hatte seine Ehrung verdient. Wer möchte nicht in seinem Film «The Seven Year Itch» der Wind aus dem Abluftschacht an der New Yorker Lexington Avenue sein, der Marilyns weiten weissen Rock aufbläst?

Häufig wurden Anführer geehrt, die am Tod Ungezählter schuld waren und denen nie ein Haar gekrümmt wurde: ob nach dem Vietnamgemetzel oder den zögerlichen Versuchen, Minen oder nukleare Sprengköpfe zu reduzieren. In der Forschung kamen Leute zu Ehren, die ihre Studenten in Abstellkammern Schimmelkulturen züchten liessen. So geschehen bei der Entdeckung des Streptomycins, des ersten wirksamen Mittels zur Behandlung von Tuberkulose. Der junge Albert Schatz entdeckte und isolierte den Wirkstoff, sein 32 Jahre älterer Chef Selman Abraham Waksman erhielt dafür den Nobelpreis.

Zu einer realistischen Lagebeurteilung sind die grossen, aber auch die kleineren Figuren der Menschheit nicht zwingend fähig. Sokrates forderte, nachdem ihn die Richter nach einer angemessenen Strafe für seine «Verführung der Jugend» gefragt hatten, eine Staatspension und tägliche Mahlzeiten im Prytaneum. Christoph Mörgeli bewirbt sich um das Amt des Rektors der Universität Zürich. Und der gescheiterte FMH-Präsident und nicht gewählte SP-Nationalratskandidat Jacques de Haller will eine «Abgangsentschädigung» von 800 000 Franken beziehen.

Preise für bergsteigerische Leistungen sind Risikoindikatoren. Wenn sie nicht an Greise vergeben werden, sind sie prognostisch ungünstig, viele der so Geehrten sind darauf in Steinhagel, Lawinen oder durch Seilriss umgekommen. Zudem wird bei Laudationes viel gelogen. Einmal bekam ich einen solchen Preis, der Festredner pries mein diszipliniertes, enthaltsames Leben. Das Auditorium, das mich besser kannte, gluckste unverhohlen.

Viel Häme provozierte auch die Verleihung des Friedensnobelpreises an die EU; ich hingegen war begeistert. Mein Vater diente Gott, dem Kaiser und dem Vaterland im Ersten und einem Wahnsinnigen im Zweiten Weltkrieg. Schwager, Bruder, zwei Onkel und Dutzende Millionen fielen auf dem Felde der Ehre. Bananennormierung und Brüsseler Wasserkopf sind ein verhältnismässig kleiner Preis für die künftige Verhinderung solcher Urkatastrophen.

Laut einer Studie des in New York tätigen Schweizers Franz Messerli korrelieren Schokoladeverbrauch und Nobelpreisdichte. Wir Schweizer haben in beidem Spitzenwerte. Glücklicherweise folgt die EU gleich hinterher. Das erklärt das gemeinsame innig süsse Lächeln von Angela Merkel und François Hollande in Oslo.

Prof. Dr. med. Oswald Oelz war bis Ende Juli 2006 Chefarzt für Innere Medizin am Triemli-Spital Zürich. Der Bergsteiger und Buchautor liess sich mit 63 Jahren pensionieren.