Griechenland und die Euro-Länder haben sich geeinigt, die Verhandlungen für ein drittes Hilfspaket anzugehen. Premier Alexis Tsipras versprüht Optimismus, er sieht den Grexis als abgewendet. Dabei muss er bis Mittwoch harte Sparvorgaben durch das Parlament bringen.
Obwohl die Nachricht vom Morgen viele erleichtert haben mag, überwiegt bei bedeutenden Beobachtern doch die Skepsis, ob die Einigung trägt. Die Eurozone habe «zu Recht» auf den Selbstmord verzichtet, sagt der renommierte US-Ökonom Jeffrey Sachs per Twitter und klingt damit erstmals positiv.
Sachs sieht jedoch drei Hürden, die es noch zu überwinden gelte: Erstens müssten die griechischen Banken wieder öffnen. Der zweiter Knackpunkt sei, ob die Griechen die Reformen auch umsetzten. Und schliesslich steht für Sachs immer noch der Schuldenschnitt im Raum.
Eurozone was right to avoid suicide but the real tests are: (1) opening the banks; (2) implementing reform measures; and (3) debt relief.
— Jeffrey D. Sachs (@JeffDSachs) 13. Juli 2015
US-Ökonom Tyler Cowen zieht eine Parallele zur möglichen Vereinbarung im Atomstreit mit Iran: «Zwei Deals an einem Tag – und keiner der beiden wird Bestand haben.»
Two deals in a day: In my opinion, neither will stick, and from surface indications neither arrangement sounds... http://t.co/l2oRKiEJ4M
— Marginal Revolution (@MargRev) 13. Juli 2015
Nobelpreisträger Joseph Stiglitz sprach noch gestern Abend von einem Disaster – und schob den Deutschen die Schuld zu.
Stiglitz: It s been a disaster. Clearly Germany has done a serious blow, undermining Europe http://t.co/1s4V7yNL4B #Greece #LackOfSolidarity
— Joseph Stiglitz (@stiglitzian) 12. Juli 2015
Auch der bekannte Reuters-Kommentator Hugo Dixon sieht Deutschlands Rolle kritisch – die Deutschen riskierten, Europas Vertrauen zu verlieren.
Merkel absolutely right that Greece lost Europe's trust; now Germany risks losing Europe's trust too. Big job to rebuild it even with deal.
— Hugo Dixon (@Hugodixon) 13. Juli 2015
«Schritt vorwärts»
Auch von deutschen Ökonomen ist die erste Einordnung skeptisch. «Es wäre verfrüht, die Einigung als einen Erfolg anzusehen», sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, am Montag in Berlin. «Es ist lediglich ein erster Schritt, die wirtschaftliche Abwärtsspirale Griechenlands aufzuhalten.»
Während Wirtschaftsanalysten also recht schwarz malen, äussern sich Politiker optimistisch. Für Frankreichs Präsident François Hollande ist nun der Platz für Griechenland in der Euro-Zone gesichert. Für ihn ist auch klar, wer den Deal ermöglicht hat: Frankreich.
Un accord a été trouvé. La France le cherchait, le voulait. La Grèce reste dans la zone euro. L'Europe a gagné.
— François Hollande (@fhollande) 13. Juli 2015
Selbst von der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel kommen positive Signale. «Die Vorteile einer Einigung überwiegen die Nachteile», so Merkel nach dem Verhandlungsmarathon am Morgen. Allerdings schränkt Bundesaussenminister Frank-Walter Steinmeier ein. Er geht davon aus, dass Griechenland noch einige Anstrengungen vor sich hat, bis das neue Rettungspaket besiegelt ist. «Bis zu einem neuen Hilfspaket ist noch mancher schwieriger Schritt zu gehen, allen voran in Athen, wo dringend an neuem Vertrauen gearbeitet werden muss.»
Der britische Premierminister David Cameron, der durch das von ihm angekündigte Referendum selbst mit dem Risiko eines Brexits spielt, begrüsst seiner Sprecherin zufolge die Einigung der Euro-Zone mit Griechenland. Die Schwierigkeiten bei der Umsetzung dürften aber nicht unterschätzt werden, sagte sie.
Mut hat dagegen der maltesische Finanzminister Edward Scicluna geschöpft. Er nennt die Vereinbarung einen kleinen, aber wichtigen Schritt vorwärts für Griechenland und die Euro-Zone.
Deal on Greece is one small but very significant step forward for Greece and the Eurozone.
— Prof Edward Scicluna (@edward_scicluna) 13. Juli 2015
(Mit Material von Reuters)