Sie haben insgeheim den Wunsch, sich auf eine Stelle mit Führungsverantwortung zu bewerben, aber fürchten sich, dass Sie dieser Aufgabe nicht gewachsen sind? Dann sind Sie in guter Gesellschaft. Die Diplompsychologin Svenja Haus sagt, die Scheu vor einer Führungsrolle entstehe oft aus der Überzeugung, dass man zur Führungskraft geboren werde. Aber das sei falsch. Haus ist Head of Coaching bei Coachhub.io, einem Anbieter für digitales Coaching. Gegenüber Business Insider erklärt sie: «Zur Führungskraft wird man nicht geboren. Was eine Führungskraft ausmacht, sind stattdessen Haltungen und Fähigkeiten, die sich entwickeln müssen.»
So finden Sie ihren Führungsstil
Denn es gebe weder das perfekte Skillset, das jede Führungskraft haben müsse, noch ein festes Set an Führungsstilen. Dazu seien die Menschen zu unterschiedlich. Jeder müsse seinen eigenen Führungsstil mithilfe seiner individuellen Mischung aus Fähigkeiten und Stärken entwickeln.
Um ihren Klienten zu helfen, die eigenen Stärken zu entdecken, wendet Svenja Haus gerne eine Technik aus der positiven Psychologie an. Das ist eine Lehre, die sich nicht mit den Defiziten, sondern den positiven Eigenschaften des Menschen beschäftigt. Sie können die Technik auch leicht als Selbsttest nutzen.
Dazu schreiben Sie 30 Erfolgsgeschichten aus Ihrer Vergangenheit auf. «Das können kleine oder grosse Erfolge sein. Zum Beispiel der Moment, in dem man es zum ersten Mal geschafft hat, seine Schuhe allein zuzuschnüren, oder ein Ausbildungs- oder Studienabschluss», sagt Haus.
Menschen relativieren oft ihre eigenen Erfolge
Doch Vorsicht: Menschen neigen dazu, ihre Erfolge zu relativieren, indem sie die Unterstützung anderer hervorheben. Zum Beispiel denken sie: «Na gut, ich habe die Prüfung bestanden, aber der Professor war mir auch sehr wohlgesonnen.»
Der Kern der Übung besteht darin, den eigenen Anteil am Erfolg herauszuarbeiten. Wenn man den eigenen Leistungsanteil an 30 Erfolgen aufliste, werde man feststellen, dass sich im Laufe des Lebens Muster immer wiederholen. Dahinter stünden die individuellen Stärken. «Die spannende Frage ist dann, wie man diese Stärken für die eigene Zukunft nutzen kann, zum Beispiel in einer Rolle als Führungskraft», sagt Svenja Haus.
Hat jemand beispielsweise Ausdauer als seine grösste Stärke erkannt, ist er der perfekte Kandidat, um ein Team zu leiten, das gerade einen Wandel durchmacht. «Eine sehr ausdauernde Person hat die Kraft, andere Leute wieder aufzumuntern, wenn es Rückschläge gibt und sie frustriert sind», erklärt die Psychologin. Wer Enthusiasmus als seine Stärke herausgearbeitet hat, verströmt wohl viel positive Energie und kann so die Stimmung seines Teams entscheidend verbessern.
Introvertierte eignen sich bestens als Führungskraft
Auch wenn es dem Stereotyp entspricht, müssen Führungskräfte nicht zwingend dominant auftreten. Introvertierte Charaktere eignen sich bestens für Führungspositionen. Svenja Haus schlägt vor, ein eher introvertierter Mensch könne sein Team sogar offen darauf hinweisen, dass er oder sie kein Draufgänger ist.
Eine Führungsrolle erfordere vor allem, die eigenen Mitarbeiter zu unterstützen. Dabei helfen Stärken wie Feingefühl, hohe analytische Fähigkeiten oder Entscheidungsstärke. Eine Präsentation vor Publikum könne ja bei Bedarf auch ein anderes, dominanteres Teammitglied halten.
- Dieser Artikel erschien zuerst in «Business Insider Deutschland» unter dem Titel: «Psychologin: Man wird nicht zur Führungskraft geboren — aber mit dieser Technik könnt ihr es lernen».
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