Mehr Transparenz beim Thema Frauen in Führungsgremien von Firmen. Das war die erklärte Forderung von Bundesrätin Simonetta Sommaruga bei der Debatte um eine verpflichtende 30-Prozent-Frauenquote in Schweizer Verwaltungsräten. Eine Auswertung des Executive-Search-Spezialisten Guido Schilling für die «Handelszeitung» macht die Lage von Frauen in Schweizer Verwaltungsräten transparenter. Und zeigt, welche Firmen noch starken Nachholbedarf bei der Berufung von Frauen in VR-Gremien haben, weil es bei ihnen immer noch keine einzige Frau im Aufsichtsorgan gibt. Darunter sind bekannte Namen wie Franke, Leonteq, OC Oerlikon, PwC, Stadler und die VZ Holding.
Der Blick auf die 279 Verwaltungsrätinnen der 180 untersuchten Firmen (die 150 grössten börsenkotierten Firmen nach Börsenkapitalisierung und die 30 grössten nicht kotierten Arbeitgeber) belegt, dass ihre Zahl langsam, aber stetig wächst. Inzwischen sind ein Fünftel der Verwaltungsräte Frauen. Besonders wichtig: Der Anteil der Frauen unter neuen Verwaltungsräten steigerte sich deutlich von 28 Prozent im Jahr 2017 auf 37 Prozent 2018.
Zehn Jahre im Amt
«Mittlerweile lassen sich für jedes Verwaltungsratsmandat qualifizierte Frauen finden», ist Guido Schilling sicher. Es sei aber wichtig, schon bei der Suche genügend Frauen zu berücksichtigen. «Ein Mitglied des Verwaltungsrats ist durchschnittlich zehn Jahre im Amt, bevor es abtritt», so Schilling. «Jede Erneuerung muss deshalb darauf abzielen, vor allem Frauen ins Nominationsverfahren einzuladen.»
Es passiere inzwischen sogar, dass seine Kunden in einem ersten Schritt dezidiert nur Frauen prüfen möchten, bevor sie den Prozess allenfalls auch für Männer öffnen. Schilling gibt ebenfalls zu bedenken, dass sich die Gremienarbeit verändert, wenn Frauen dazustossen. «Dies weil Frauen einen anderen Anspruch an die Zusammenarbeit haben. Zudem ist es für die erste Frau in einem VR-Gremium anspruchsvoll, ihren Platz zu finden. Mit zunehmder Anzahl Frauen im Gremium wird dies einfacher.»
Wichtige Kompetenzen
Gefragt nach den wichtigsten Fähigkeiten für einen Verwaltungsrat, ganz unabhängig vom Geschlecht, nennt Schilling Integrität, Unabhängigkeit und eine gute Dialogfähigkeit. Fachliche Kompetenzen richten sich dann nach dem gesuchten Kompetenzprofil: «So kann es beispielsweise bei einer strategischen anorganischen Wachstumsstrategie denkbar sein, dass M&A-Kompetenz gefordert ist; oder in einer Turnaround-Phase sind Changemanagement und Restrukturierungs-Know-how gesucht.
Und will man Kunden auf einem neuen Kontinent angehen und eine Verkaufsorganisation aufbauen, so macht es Sinn, dass auch im VR-Gremium derartige geografische Erfahrung vorhanden ist.»
Damit die Geschlechtergerechtigkeit langfristig erhöht wird, ist es wichtig, auf eine gute Gender-Diversity-Pipeline zu achten. Das heisst, dass genügend Frauen auch in unteren Ebenen nach oben kommen. Hier könnten die 2018 neu ernannten Verwaltungsrätinnen einen Impuls in ihren Firmen geben und Geschlechtergerechtigkeit zum Anliegen des gesamten VR machen.