BILANZ: Firmen fordern lauthals mehr Frauen in Führungspositionen. Geschieht das aus PR-Gründen oder aus der Einsicht, dass es ohne nicht mehr geht?

Die drohenden Quotenregelungen haben einiges in Bewegung gebracht. Das Frauenthema füllt nun nicht mehr die Gesellschaftsseiten in der Zeitung, sondern die Wirtschaftsspalten. Das ist positiv. Leider läuft die Debatte nach den alten Mustern ab.

Wie meinen Sie das?

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Wir diskutieren bereits wieder über den sogenannt weiblichen Führungsstil. Alte Geschlechterstereotype werden hervorgekramt. Das kann es nicht sein. Es geht nicht einfach darum, möglichst rasch viele Frauen zu rekrutieren, sondern darum, ein nachhaltiges Talentmanagement auf die Beine zu stellen.

Aber Ihre Organisation hat doch jahrelang für eine bessere Vertretung der Frauen in den Topetagen gekämpft.

Natürlich. Die kritische Masse, die es braucht, um Einfluss zu haben, liegt bei 30 Prozent, wie unsere Untersuchungen zeigen.

Davon sind wir aber in vielen Ländern noch weit entfernt.

Eben. Und das hat mit der Art zu tun, wie das Frauenthema angegangen wird. Nach wie vor scheitern weibliche Talente an den alten Barrieren: Sie kämpfen gegen Klischees. Ihnen fehlt der Zugang zu den informellen Netzwerken in den Firmen. Und das Kinderbetreuungsproblem steht weiterhin im Raum.

Man finde schlicht nicht genug fähige Frauen, heisst es vielerorts.

Falsch. Das Problem ist nicht, sie zu finden, sondern sie zu halten. Frauen haben schnell genug, wenn sie sich in einer Organisation nicht wohlfühlen. Ihre durchschnittliche Verweildauer in einer Führungsposition ist deshalb viel kürzer als jene von Männern.

Was muss passieren?

Die Geschlechterdebatte muss aufhören. Talente zu fördern, ist eine ökonomische Notwendigkeit. Frauen stellen 50 Prozent dieses Talentpools. Also müssen sie wie selbstverständlich in die Personalstrategie einbezogen und nicht nur für die Galerie rekrutiert werden.

Wie geht das?

Indem man zum Beispiel eine vernünftige Diversity-Politik in die Leistungskriterien für die Kader integriert. Und indem man sich transparente Kriterien und Ziele im Talentmanagement setzt.

Eleanor Tabi Haller-Jorden ist Senior Vice President von Catalyst Europe, einer weltweit tätigen, auf Diversity-Fragen spezialisierten Beratungsorganisation.