Um wirklich reich und einflussreich zu werden, braucht es so etwas wie MBA-Titel, Promotionen oder nur schon einen erstklassigen Universitätsabschluss nicht. Allein der Blick auf die führenden Köpfe der Technologiebranche ist aufschlussreich: Bill Gates (Microsoft-Gründer), Michael Dell (Dell-Gründer) oder Larry Ellison (Oracle-Gründer) brachen ihr Studium ab beziehungsweise beendeten es nicht. Und von den jetzigen Technologiestars sieht man die Chefs auch nie auf Fotos von Abschlussfeten. Facebook-Gründer Mark Zuckerberg gab sein Studium nach zwei Jahren auf. Google-Co-Gründer Sergei Brin studierte zwar, schloss aber bis heute nicht ab. Immerhin hat sein Kompagnon Larry Page einen Informatikabschluss, aber noch keine Promotion.
Auch in der Finanzbranche geht es oft ohne. Lloyd Blankfein, CEO von Goldman Sachs, kommt ohne MBA aus - er hat allerdings in Harvard Jura studiert. Oswald Grübel, CEO der UBS, stieg ohne MBA auf, und auch Josef Ackermann, CEO der Deutschen Bank, hat keinen. Dafür ist seine Promotion an der HSG in St. Gallen ein «Quasi-Ersatz», zumal bei einem Wirtschaftsstudium ein angehängter MBA «eigentlich überflüssig ist», wie sich ein Personalberater, der Spitzenkräfte im Bankenumfeld rekrutiert, ausdrückt.
Es gibt auch Chef-Banker mit MBA
In der US-Finanzbranche haben Spitzenkräfte oft MBA-Abschlüsse. James Dimon, CEO von JP Morgan, absolvierte seinen MBA in Harvard. Und James Gorman, CEO von Morgan Stanley, machte seinen MBA an der Columbia Business School. Und Brady Dougan, CEO der CS, hat einen MBA von der University of Chicago.
Auch bei weltweit arbeitenden Versicherungen sind etliche MBA-Absolventen in der Chefetage. Bei der AXA Winterthur beispielsweise hat die Mehrheit der Führungsriege einen entsprechenden Titel. «In einem Haus der vielen Berufe, wie es eine Versicherung von ihrer Natur her sein muss, ist ein MBA-Abschluss für Führungskräfte oft die ideale betriebs- oder finanzwirtschaftliche Ergänzung zu einem Mathematik-, Physik- oder anderen Studium, bei dem der Fokus allein auf der wissenschaftlichen Ebene liegt», erklärt Sprecher Olivier Michel. Ähnlich ist es bei Zurich Financial Services (ZFS).
Allerdings zeigen die Gespräche mit Personalverantwortlichen, dass die Nennung auf den Internetseiten der Unternehmen - oder die fehlende Nennung - allein wenig besagt: So gibt es einige Absolventen von Business Schools aus der zweiten oder dritten Liga, die gar nicht (mehr) darauf hinweisen. Oftmals liegt eine solche Weiterbildung schon lange zurück, die Curricula haben sich seither sehr stark verändert und auch die Schulen sind teilweise nicht mehr die gleichen. Einige wenige sind deutlich aufgestiegen, viele weitere, die es nicht nach ganz oben schaffen, verschwinden in der grossen Masse. Andere Top-Manager, die promoviert haben, gebrauchen lediglich diesen zeitlosen akademischen Titel.
Eine wertvolle Zusatzqualifikation
In den Niederungen von Regional- und Kantonalbanken sowie kleineren und mittleren Versicherungen sieht das Bild etwas anders aus. «Executive MBA existieren erst seit zehn, zwölf Jahren. In der Schweiz gab es bis vor Kurzem keinen bankspezifischen MBA. Eine Erklärung könnte sein, dass Mitarbeitende im obersten Bankkader eine betriebswirtschaftliche Ausbildung bereits im Laufe ihrer Ausbildung geniessen konnten und somit gar keinen MBA anstreben, heisst es etwa von einer grossen Kantonalbank zur spärlichen Vertretung von MBA-Absolventen im eigenen Top-Management. Hier sind etliche Titelträger inzwischen in Positionen von Managing Directors und Bereichsleitern aufgestiegen - es dürfte hier laut HR-Experten eine Frage der Zeit sein, bis sich auch hier die MBA-Quote dem internationalen Niveau annähert. «MBA bedeutet also nicht Endstation Middle Management», sagt dazu ein Firmensprecher.
Trotzdem genügt der MBA nicht für eine Karriere. Laut Personalverantwortlichen ist ein MBA eine wertvolle Zusatzqualifikation, aber daneben spielen viele weitere Faktoren eine grosse Rolle: Persönlichkeit, bisherige Erfolge auf der Karriereleiter, weitere (akademische) Aus- und Weiterbildung - und nicht zuletzt auch die zahlreichen «weichen» Job-Kriterien wie Teamfähigkeit, Führungsqualitäten, soziale Kompetenzen oder interkulturelle Fähigkeiten. Zwar fördern viele Arbeitgeber die externe und interne Weiterbildung, aber beim MBA hat sich die Schallgrenze bei 40 Jahren etabliert. Ältere Kandidaten sind laut HR-Experten auf ihren Gebieten oft schon zu Spezialisten geworden - eine entsprechend längere Weiterbildung wäre dann aus der Sicht eines Arbeitgebers nur noch mit beschränktem Zusatznutzen verbunden.