Urs Bona hält nicht viel von Routinejobs. «Eigentlich wollen wir kein Projekt zweimal realisieren», sagt der 39-Jährige. Es sei zwar einfacher, immer dasselbe zu tun, aber auch langweiliger. Dass Projekte von Urs Bona einander ähneln, ist naturgemäss selten. Seine Kerntätigkeit lässt sich kaum mit einem einzigen Begriff festmachen. Ist er Architekt? Event-Manager? Kommunikationsfachmann? Urs Bona spricht von «Event-Architektur» und davon, «Architektur mit Emotionen zu verbinden». Damit meint er multifunktionale Projekte wie den Pavillon Vaudois, den er für die Expo.02 kreiert hat.
Damals wurde Urs Bona von der Gemeinde Yverdon-les-Bains angefragt, ob er jemanden kenne, der Markttische für die lokalen Käsehersteller habe. Bona präsentierte daraufhin einen eigenen Vorschlag: den Pavillon, eine offene Struktur aus Holz und Grasverkleidung in Zylinderform. Auf einer leicht geneigten Rampe um den Zylinder herum hatte jede der 360 waadtländischen Gemeinden einen Stuhl. Die Fassade bestand aus einem englischen Rasen, der mit der Zeit wucherte und verwilderte.
Solche Metamorphosen faszinieren Urs Bona. Alles, was sich verändert, gefällt ihm. Wie aber definiert er seinen Stil, wenn sich die Aufgaben laufend ändern? «Eigentlich haben wir keinen Stil, sondern allenfalls eine Kultur.» Und worin besteht diese Kultur? Es sei ihm wichtig, persönliche Kontakte zu seinen Kunden zu haben, ihre Wünsche zu verstehen und daraus Projekte zu kreieren.
Nach seiner Lehre als Stahlbauzeichner in Winterthur arbeitete Urs Bona in Yverdon. Dann liess er sich in Lausanne zum Architekten umschulen. Nach dieser Ausbildung entwickelte er Design-Innovationen. Er war mit seiner Küche auf Rädern Finalist in einem japanischen Wettbewerb für mobiles Wohnen. Seine Stühle liessen sich in Paravents verwandeln. Er wollte weg vom Schweren und Definitiven.
1994 war er Finalist für den Design-Preis Schweiz. Er hatte einen multifunktionalen Tisch entworfen, der sich in eine Säule verwandeln liess. Mehrere Design-Fachzeitungen berichteten darüber. Daraufhin stellte ein spanischer Möbelhersteller einen ähnlichen Tisch her. Bona stört dies nicht – «das gehört zu unserem Geschäft». Patentieren lassen sich Design-Innovationen kaum, ansonsten würde der Tisch halt einfach zehn Zentimeter länger.
Bona ist Präsident der jungen Handelskammer Nord Vaudois. Er ist Mitbegründer eines Vereins, der sich für den Erhalt alter Mühlen einsetzt – er lebt mit seiner Frau und seinen zwei Kindern in einer alten Mühle, die er selbst renoviert hat und die inzwischen als historisches Denkmal geschützt ist. Er hat den Verein Art de Vivre, Pays de Vaud mitbegründet, bei dem Winzer und Tourismusfachleute gemeinsame Promotionen organisieren. Ebenfalls ist er Mitbegründer des Vereins Maisons des terroirs.
Dieser von der Wirtschaftsförderung unterstützte Verein erstellt so genannte «maisons des terroirs», in denen Touristen über kulinarische und kulturelle Eigenheiten der Region informiert werden. Gleichzeitig können Touristen lokale Spezialitäten degustieren und kaufen. Bona und die Wirtschaftsförderung gehen zu Gemeinden und stellen das Projekt vor, das eigentlich die herkömmlichen Tourismusbüros konkurrenziert. Falls Interesse besteht, wird ein Verein gegründet, der von Gemeinden, Sponsoren und Mitgliedern finanziert wird. Das Haus in der Gemeinde Grandson ist im Bau. Orbe, Aigle und L’Isle sind in der Vorstudiumsphase.
Urs Bona spricht seine Muttersprache mit französischem Akzent. Trotz seinen Wurzeln in Pfungen bei Winterthur hat er wenige Projekte in der Deutschschweiz realisiert. Bern ist geografisch nahe, aber ökonomisch weit weg. Im Designbereich erweist sich die Zweisprachigkeit insofern von Vorteil, als in Frankreich und Deutschland andere Entwicklungen stattfinden. Bona beobachtet beide Sprachräume.
In Yverdon könne er innert kurzer Zeit die Leute persönlich sprechen, die Einfluss haben, sagt Bona. Und hier, in Yverdon, könne man noch etwas bewegen. Andererseits exponiert man sich, wenn man sich in einem kleineren Ort engagiert, und hat dann oftmals alle gegen sich, die nichts unternehmen. Doch grundsätzlich habe man in Yverdon viel Handlungsspielraum, was Bona sehr schätzt. Und die Lebensqualität sei hoch, sagt der Freizeit-Surfer Bona; Yverdon habe einen See, eine zentrale Lage, ein Schloss und den grössten natürlichen Sandstrand der Schweiz.
Eigentlich sei er einfach in die Selbstständigkeit hineingeraten, sagt Bona. Prädestiniert dazu sei er, weil er Autoritäten nicht sehr mag. Als Angestellter sei er introvertiert gewesen. Er möge keine Befehle erhalten oder erteilen. Auch wenn Letzteres gerade bei Events durchwegs notwendig ist. Kürzlich liess Bona zum 25-Jahr-Jubiläum der Handelskammer viermal hundert Leute auf dem grössten Trottinet der Welt (55 Meter lang) auf der neuen Autobahn A5 zwischen Yverdon und Neuenburg fahren. Der Rummel war gross, 35 000 Personen kamen ans Fest. Bona kann dann sehr emotional und angespannt sein, dies seien «Extremzustände». Er muss dann Entscheidungen sehr schnell fällen. Dass er ein launischer Mensch sei, mache die Sache nicht einfacher.
Bei Hektik nimmt der Wunsch zu, sich in einer Denkkammer zu verschanzen und dort zu tüfteln. Bona befindet sich in der typischen Situation eines Kreativen, auf den zunehmend Koordinations- und Organisationsaufgaben zukommen. «Möglicherweise setzt genau diese Frustration jene Energien frei, die mir helfen, das alles zu bewältigen.»
Seine Lehre als Stahlbauzeichner betrachtet er mit ambivalenten Gefühlen. Die technische Basis hilft ihm einerseits, Probleme zu strukturieren. «Andererseits wäre ich vielleicht noch freier im Vorgehen geworden, wenn ich direkt an eine Kunstgewerbeschule gegangen wäre.»
Die Durststrecke am Anfang seiner Selbstständigkeit dauerte etwa vier Jahre. Vorteilhaft war, dass er schnell institutionalisierte Kunden wie den Tourismusverband hatte. Die Erfahrung der Selbstständigkeit täte allen gut, sagt Bona, ganz besonders jenen, die nicht dazu prädestiniert sind. «Du musst Entscheidungen treffen, du musst mit den Leute sprechen, daraus kann man viel lernen.» Zum Teil müsse man auch ein bisschen opportunistisch sein und auch reaktiv und sehr schnell. Personelles Wachstum muss langsam geschehen. «Unsere Ideen sollen wachsen und nicht unser personeller Bestand.»
Eigentlich konstruiere ein Architekt eine Identität, sagt Bona. Doch viele Architekten seien heute nur noch Häuserbauer. Einfach einen Häuerblock hinstellen, das interessiert ihn wenig. Ebenso wenig wie Aufträge für Standardbauten und normierte Einfamilienhäuser. Ein neues Wohnkonzept zu realisieren, das hingegen reizt ihn sehr, eines, in dem es darum geht, Energiekonzepte zu entwickeln oder soziale Schichten und Altersgruppen zu vermischen.
Die sozialen Biotope in den Dorfkernen seien verschwunden, sagt Bona, weil Menschen ab einem bestimmten Alter in Wohnsiedlungen gezogen seien, in denen homogene Bevölkerungsgruppen leben. «Das sind sozial tote Zonen», sagt Urs Bona, der solche Zonen gerne revitalisieren würde. Man könnte luxuriöse Lofts, Zweizimmerwohnungen für Junggesellen und Alterswohnungen in eine Siedlung integrieren. Und so dörfliche Strukturen schaffen. Bona spricht lieber über hypothetische und zukünftige Projekte als über jene, die er bereits realisiert hat. Das ist eine gute mentale Voraussetzung, um dieselben Projekte nicht mehrfach realisieren zu müssen.
Die Firma
Gegründet: Einzelfirma 1994 (GmbH 1997)
Umsatz: über 500 000 Franken
Anzahl Mitarbeitende: zwischen drei und vier (viele freie Mitarbeitende an Events)
Geschäftsleitung: Urs Bona
Finanzierung: GmbH
Geschäftsidee: emotionelle Analysen, konsequente Ausführungen, globale, weitfassende Studien und interprofessionelle Visionen
Firmenphilosophie: innovative Event-Architektur
Führungsgrundsätze: feste, aber feinfühlige Linie.
Junior Chamber
BILANZ präsentiert in jeder Ausgabe ein Beispiel von jungem Unternehmertum – in Zusammenarbeit mit der Junior Chamber Switzerland (JCS). Die Chamber ist das grösste Netzwerk von jungen Führungskräften und Unternehmern in der Schweiz. Weitere Infos und Angaben zu JCS-Veranstaltungen auf www.juniorchamber.ch.